Stefan Schneider

Profitieren von den Obdachlosen (Skizze, 1. Entwurf, noch unvollständig)

Oktober 1996  

Die wissenschaftliche Analyse des Unternehmens Wohnungslosenzeitungen ist denkbar einfach: Sie ergibt sich aus der allseits propagierten Formel. "Die Zeitung kostet 2 Mark, davon 1 Mark für das Projekt, 1 Mark für den Verkäufer" (auch wenn die Gesamtverkaufskosten für die Zeitung regional häher oder niedriger sein mägen, auch wenn die jeweiligen Anteile für Verkäufer und Projekt schwanken mägen). In der Präsentation dieser Tatsache des Einnahmesplittings wird dann in der Regel weder von Seiten des Verkäufers noch von Seiten des Projekts versäumt, darauf hinzuweisen, daß mit dieser einen Mark (- ich rede hier in Hinblick auf den Modellfall -) für das Projekt oder von dem Projekt oder wie auch immer angeblich von dieser anderen "Mark" finanziert - natürlich auch Notübernachtungen, die Redaktion, Kleiderkammern, medizinische Versorgung, Verpflegung, Beratung, Wohnprojekte, Wohngemeinschaften, betreute Wohnungen und beliebiges weiteres mehr - hier ist tatsächlich die Phantasie des Verkäufers bzw. des Projektes maßgeblich - finanziert werden.

Die Frage ist, wie sieht die Wirklichkeit aus?

Ich möchte das idealtypisch an einem Modellfall verdeutlichen: In der deutschen Landeshauptstadt Klappdoof existiert ein Obdachlosenzeitungsprojekt namens "Penntüte", diese erscheint monatlich, wird in einer Auflage von 12.000 Stück gedruckt und im durchschnitt pro Monat 10.000 mal verkauft. Das ganze kostet 2 Mark, 1 Mark an den Verkäufer, 1 Mark an das Projekt.

10.000 Mark an das Projekt pro Monat. Doch bitte, was ist das "Projekt" namens "Penntüte e.V." oder Penntüte GbR" oder Penntüte gGmbH" oder "Wie-auch-immer-Penntüte-Projekt". Was ist mit den 10.000 Mark? Wo und wie kommen sie Obdachlosen zugute bzw. was passiert überhaupt mit diesem Geld?

Hier wären ebenfalls verschiedene Modelle denkbar. Nehmen wir ein naheliegendes.

Billy Brutal und Karl Kotze haben aus irgendeiner anderen Stadt diese Idee aufgegabelt, das ganze für sich durchgerechnet und nun beschlossen, in Aktion zu treten. Es war ein einfaches, dann irgendwelche Zeitungsausschnitte zusammen zu sammeln, ihr Kumpel Larry Lotter stoppelt dies am Computer zusammen, scannt ein paar Fotos ein (über die Presserechte hat man sich erstmal keine Gedanken gemacht, sollen die sich doch melden, wenn sie irgendwas wollen, im übrigen können die Leute doch froh sein, wenn man ihr Zeug verwendet), mal so als Versuchsballon, nebst ihren eigenen Ergüssen, sie belichten den Kram und schleppen ihn zur Druckerei und lassen es erst einmal drucken, 12.000 mal, bezahlt wird später, es geht ja darum, ein Projekt aufzubauen, langfristig versteht sich. Für 200 Mark ist ein alter Bus organisiert, Kumpel Franz Fertig setzt sich da rein und vertickt den Kram an irgendwelche Obdachlosen Verkäufer (Kontakte hat er ja genug aus früheren Zeiten auf der Straße und im Knast und auf der Drogenszene) und zahlt sich pro Tag 10 Mark die Stunde aus, nach Absprache von Billy Brutal und Karl Kotze. Okay, viel Lauferei und Telefoniererei, aber erst mal wenig kostenintensiv. Das Ganze läuft langsam an, die erste Auflage geht gut weg, die zweite mäßig, dann stabilisiert sich das langsam im Verlauf der Wintermonate, man kann die ersten Rechnungen bezahlen, alles hat einen seriäsen Anschein, in den Medien wird positiv darüber berichtet, es läuft gut an.

Das geht dann so einige Monate. Man weiß ja, es ist letztlich egal, was in dieser Zeitung steht, sie verkauft sich ja sowieso. "Penntüte", von Obdachlosen für Obdachlose und andere Bürger, für einen guten Zweck.

Franz Fertig vom Vertrieb zieht so im Monat 1.500 DM raus, Kaffee und Tee und Tabak für die Verkäufer schlagen ebenfalls nochmal mit 300 Mark pro Monat zu Buche, Larry Lotter will 800 Mark pro Produktion, 650 kostet das Belichten, eigene Räume gibt es (noch) nicht, naja, die Verkäufer haben eine Reihe nicht bezahlter Kommissionen (im Durchschnitt 270 pro Ausgabe, die eigentlich abzuschreiben sind); der Druck kostet - weil die Druckerei überzeugt wurde hinsichtlich des sozialen Engagements nur 2.400 statt der normalerweise 4.100 Mark. Sonstige Kosten veranschlagen Billy Brutal und Karl Kotze mit weiteren 700 Mark, aber da ist dann schon das eine oder andere Bier zu ihren Gunsten mitgerechnet.

Summa summarum:

1.5000
300
800
650
270
2.400
700 
Summe: 6.620

Bei angenommen 10.000 verkauften Exemplaren verbleibt eine Einnahme von DM 3.380.

Natürlich kann es sein, daß es Projekte gibt, die wesentlich teuer wirtschaften als Billy Brutal und Karl Kotze mit ihrer "Penntüte". Aber auf der anderen Seite wäre es auch denkbar, die Kosten für das Projekt auf 0 zu reduzieren. Sponsoring der Druck und Belichtungskosten, Vertrieb kostenfrei über irgendwelche Wärmestuben oder Notübernachtungen,  

Damit will gesagt sein, Zeitungen, insbesondere Obdachlosenzeitungen sind einfach, mit einfachsten Mitteln und billig organisierbar. Wer kenne zu hohe Anforderungen (etwa an das Lay-Out und die Druckqualität und den Umgang mit den Verkäufern) stellt, kann dies schnell und einfach erreichen. Es gehärt kein besonderes (oder jedenfalls kein umständlich zu erlernendes) Know-How dazu. Obdachlosenzeitungen produzieren und damit Profit erwirtschaften kann jeder, falls er sich nicht zu dumm dazu anstellt.

Einige tausend Mark Kapital reichen dazu aus, wer über das entsprechende Verhandlungsgeschick und die notwendige Überzeugungskraft verfügt, kann zur Not auch ohne Geld ein solches Unternehmen auf die Beine stellen, die damit verbundene und durchaus nicht unrealistisch zu nennende Gewinnerwartung - und diese sollte wirklich für alle nun offensichtlich sein - sind Motiv und Antriebskraft genug - jedenfalls immerhin so reizvoll, dieses Unternehmen nicht unversucht zu lassen - aus dem Staub machen kann man sich immer noch.

*** Konkurrenz ***

Aber auch vergleichsweise "seriöse" Obdachlosenzeitungsmacher sind immer wieder Versuchungen unterlegen, welche die (vorgegebene oder auch einfach nur 'vorgeschobene') Intention immer wieder in Frage zu stellen in der Lage sind:

***

Der Sinn dieser Argumentation besteht lediglich darin, plausibel zu machen, daß von den (durch den Straßenverkauf der Zeitungen erwirtschafteten) Einnahmen für das Projekt der jeweiligen Obdachlosenstraßenzeitung je nach Cleverness der Geschäftigen nach Abzug aller Kosten zwischen 0% und 100% der Einnahmen übrigbleiben kännen - als Überschuß bzw Gewinn. Diese erzielbare Gewinnspanne stellt das eigentlich Faszinosum der Straßenzeitungsprojekte dar und ist gleichzeitig die Ursache dafür, daß sich in diesen Projekten soviele nichtobdachlose Tummeln, was wiederum den Verdacht nährt, es ginge in diesen Zeitungen gar nicht um Obdachlose, sie werden vielmehr nur benutzt.  

Die sogenannten Obdachlosenzeitungen haben eigentlich fast gar nichts mit den Obdachlosen zu tun, diese verkaufen sie nur. Profitieren tun davon andere. Hier einige Belege aus knapp drei Jahren Geschichte und Rangelei der Obdachlosenzeitungen in Berlin.  

  1. Für meine obdachlosen Verkäufer kaufe ich im Großhandel Getränkedosen für 40 Pfennig ein und verkaufe sie für 1 Mark an die obdachlosen Verkäufer weiter. Die sind froh, daß sie nicht am Kiosk 1,50 DM bezahlen müssen und freuen sich. Den Rest stecke ich in meine eigene Tasche.  
  2. Ich habe 100.000 DM, um ein Obdachlosenprojekt zu starten. Ich stelle 3 Hauptamtliche, nichtobdachlose Leute an und überlasse ihnen die Geschäftsführung. Das Projekt geht innerhalb von 6 Monaten den Bach runter und kommt in Zahlungsschwierigkeiten. Die Lähne der Hauptamtlichen einschließlich der Sozialabgaben haben diese sich allerdings immer pünktlich selbst ausgezahlt, einschließlich des Urlaubsgeldes. Irgendwann ist das Geld weg, und die hauptamtlichen Leute machen sich mehr oder weniger schnell aus dem Staub. Was mit den Projekt und den Obdachlosen passiert, ist uns doch scheißegal.
    Und ich, der ich 100.000 DM zur Verfügung hatte für ein Obdachlosenprojekt, ich stelle einfach mit Bedauern fest: "Scheiße gelaufen irgendwie". Daß ich selbst Fehler gemacht habe, das werde ich doch selbstverständlich nicht zugeben. Und übrigens geht das auch keinen was an. Das sind interna.  
  3. Ich bin alleiniger Gesellschafter einer Obdachlosenzeitung. Alle †berschüsse wandern in meine Tasche. Zum Schluß kassiere ich alle Einnahmen hächstpersänlich, und produziere aber weiter die Zeitung. Als dann nach einigen Monaten eine Reihe von Rechnungen auflaufen von der Druckerei, den Lay-Outern und meinen Angestellten, und die ganze Sache unbequem wird, setze ich mich einfach ab. Natürlich nehme ich vorher noch alles verfüglbare Geld und die ganzen Wertgegenstände mit. Was mit dem Projekt und den Obdachlosen passiert, ist mir doch schnurzpiepegal, hauptsache, ich habe meine Knete.  
  4. Ich lasse mich als Obdachloser in die Vereinsleitung eines Zeitungsprojektes wählen. Als Verantwortlicher habe ich Schlüsselgewalt. Ich kann in den Projekträumen nach herzenslust wohnen, telefonieren, mich aus der Tageskasse bedienen und habe unbegrenzten Zugriff auf die Zeitungsvorräte. Ich entnehme nach Belieben Zeitungen und verkaufe jede Zeitung für 2 Mark. Davon wandern 2 Mark in meine eigene Tasche. Auch meine Kumpels profitieren davon. Daß das Projekt dabei den Bach runtergeht, ist mir doch scheißegal, schließlich profitiere ich doch als Obdachloser (haha) und meine obdachlosen Kumpels davon. Ist das nicht im Sinne der Satzung? Und sollte es deswegen Ärger geben, mache ich mich einfach aus dem Staub.  
  5. Ich werde Gesellschafter in einem Zeitungsprojekt und finanziere damit meinem Lebensunterhalt, indem ich den Vertrieb leite und organisiere und damit Geld verdiene. Daß die Kosten für das Zeitungsprojekt und für meinen Stelle unsere Einnahmen übersteigen, interessiert mich nicht. Hauptsache, ich verdiene mein Geld. Lieber mache ich von dem vorhandenen Geld auf dem Konto meinen wohlverdienten Urlaub in Portugal, als daß ich die Druckkosten für die nächst Ausgabe davon bezahle. Natürlich protestiere ich, wenn der andere Gesellschafter, der in diese Firma auch noch Geld investiert hat, mich aus der Gesellschaft ausschließt. Schließlich habe ich noch Geld zu erhalten aufgrund der geleisteten Arbeit der letzten Monate. Und genaugenommen habe ich mir ja schließlich auch den Arsch aufgerissen für dieses Projekt und werde ohnehin viel zu schlecht dafür bezahlt. Ist ja auch egal: Eigentlich hatte ich die Vorstellung, daß damit ein guter Job für mich rausspringen sollte.  
  6. Ich fusioniere mit einem anderen Zeitungsprojekt und stelle aber die Bedingung, daß ich eine Hauptamtlichenstelle erhalte, fürstlich dotiert mit DM 2.500 netto. Die Bruttokosten (insgesamt in Hähe von 4.600 DM) werden natürlich auch vom neuen Zeitungsprojekt übernommen, also von den Gelder,n die das Projekt durch die von den Obdachlosen verkauften Zeitungen einnimmt. Es ist mir doch scheißegal, wenn mich andere kritisieren, weil ich die Zeitung nicht rechtzeitig fertigstelle und damit das Projekt gefährde. Hauptsache, ich habe meinen Job. Daß andere Leute ehrenamtlich oder auf Honorarbasis meinen Job tun und dabei für weniger Geld sehr viel mehr leisten als ich, ist mir doch scheißegal. Im Gegenteil, ich bin der Meinung, daß man mir auch noch die Aufwendungen für mein Auto von den Projektmitteln erstatten muß, weil ich doch so viel für das Projekt unterwegs bin., um die ganzen Termine wahrzunehmen. Wie die obdachlosen Mitarbeiter ihre Fahrtkosten finanzieren, ist mir doch scheißegal, schließlich erhalten sie doch Zeilenhonorar.  
  7. Ich bin Mitarbeiter in einem Obdachlosenzeitungsprojekt und schaffe es einige Wochen oder Monate lang, meine Alkoholsucht bzw. Heroinsucht vor den Verantwortlichen zu kaschieren. Natürlich wandern die Fehlbeträge aus der Tageskasse in meine Tasche, natürlich verkloppe ich einige tausend Exemplare der Zeitung jeden Monat so ganz nebenbei und kassiere dafür nebenbei etliche hundert Mark. Und dann erfinde ich irgendwelche abstrusen Stories, damit der Betrug nicht so schnell auffliegt. Sobald wirklich jemand ernsthaft dahinterkommt, habe ich mich schon längst abgesetzt oder bin gerade in Therapie oder setze mir den goldenen Schuß. Daß damit das Projekt gefährdet wird, ist mir doch scheißegal, schließlich haben ich und meine Kumpels etwas davon. Und genaugenommen reiße ich mir ja schließlich auch den Arsch auf für dieses Projekt und werde ohnehin viel zu schlecht dafür bezahlt. Heutzutage muß eben jeder sehen, wo er bleibt.  
  8. Als es so aussah, daß es gut laufen würde in diesem Projekt, habe ich als Journalist mich sogar in den Vorstand wählen lassen. Ich habe ja auch wirklich was gemacht, wenn es darum ging, die Zeitung fertigzustellen. Man kann ja nie wissen, eines Tages kann sich das ja vielleicht auszahlen, in einer Obdachlosenzeitung mitgearbeitet zu haben, wenn mal ein richtig gutes Job-Angebot kommt. Als es dann wirklich schwierig wurde mit der Finanzierung und den Gewaltttätigkeiten unter den Obdachlosen im Projekt, bin ich schließlich zurückgetreten. Man kann seinen Kopf ja nicht für alles hinhalten und für alles und jedes Verantwortung übernehmen. Und dann aber, als die Leute einen Zusammenschluß mit dem anderen Projekt beschlossen haben, habe ich natürlich heftig protestiert: Das kann man doch nicht so einfach machen., und mit mir schon gar nicht. Wozu haben wir den schließlich dieses Projekt?  
  9. Ich habe doch viele Kontakte zu den Obdachlosen. Als es mir selbst dreckig ging, habe ich sogar für die taz eine Sonderbeilage erarbeitet zum Thema Obdachlosigkeit. Und dann bin ich eingestellt worden bei einem Obdachlosenzeitungsprojekt als Hauptamtlicher. Man muß immer einen Draht zur Szene haben. Ist ja egal, wenn die Zeitung nicht immer ganz pünktlich erscheint, der Lebensnerv der Obdachlosen richtet sich ja auch nicht nach festen Terminen. Daß die anderen auf mich sauer sind, kann ich gar nicht verstehen. Wer ist denn derjenige, der den Kontakt zu den Verkäufern hält? Und daß man dabei mal ein paar Tage einfach mal abschalten muß, ist doch vällig klar. Meine Artikel sind doch im Computer gewesen. Daß ich bei der Produktion der Zeitung nicht da war, kann man mir also gar nicht vorwerfen. Das können die anderen doch ganz genauso. Also, daß ich gekündigt werde, das empfinde ich als glatte Unverschämtheit. Schließlich habe ich mir doch Tag für Tag für die Obdachlosen den Arsch aufgerissen und für jeden ein offenes Ohr gehabt und dies und jenes für sie getan.  
  10. Ich bin Redakteur bei einer Obdachlosenzeitung. Für 1.500 Mark im Monat Honorar produziere ich zusammen mit der Redaktion alle 14 Tage eine Ausgabe. Ich weiß ganz genau, daß in dem Projekt eine Menge Scheiße läuft. Man müßte die Einnahmen korrekt versteuern, was aber nicht getan wird, man kännte mit den Einnahmen mehr für die Obdachlosen tun, überhaupt ist in diesem Projekt in finanzieller und organisatorischer Hinsicht die Kacke am Dampfen. Aber das ist mir irgendwie scheißegal. Zum einen halte ich mich da fein raus, ich bin ja absichtlich nichteinmal Mitglied im Verein und auch noch nichteinmal Mitglied der Redaktion, sondern nur verantwortlicher Schlußredakteur. Außerdem studiere ich noch nebenbei und hoffe insgeheim, über mein Engagement bei dieser Zeitung irgendwannmal im Bereich Journalismus groß rauszukommen. Kann mir irgendjemand daraus einen Vorwurf machen? Ich denke, nein. Daß diese Zeitung ein Obdachlosenblatt ist, ist letztlich doch völlig egal. Aber das habe ich den Leuten auch ganz klar gesagt. Hauptsache, diese Zeitung verkauft sich und das läuft die nächste Zeit so weiter. Entweder, wir kommen mit dieser Zeitung groß raus, und wenn nicht, ich finde sowieso irgendwann einmal meinen Absprung. Und die Obdachlosen kännen sich bei mir sowieso nicht beklagen. Wer ist denn derjenige, der sei ungezählten Ausgaben sicherstellt und garantiert, daß sie immer pünktlich eine Zeitung zum Verkaufen haben, und darüber hinaus noch eine Zeitung, die sich sehen lassen kann. Also, journalistisch kann man uns so schnell nicht das Wasser reichen, . Insofern wird es uns auch noch in zwei Jahren geben. Und an den politischen Rahmenbedingen kann ich sowieso nichts ändern, aber ich will nicht sagen, diese sind mir scheißegal.  
  11. Eigentlich habe ich einen gesicherten Job. Aber der befriedigt mich nicht auf dauer und ganz so sicher ist das auch nicht. Durch mein Engagement in diesem Obdachlosenzeitungsprojekt kann ich viele Kontakte knüpfen und Erfahrungen sammeln. Na klar, und irgendwannmal wir sich daraus für mich eine konkrete Geschäftsidee ergeben. Entweder ich veröffentliche mein Buch über Obdachlosigkeit, und komme damit groß raus, oder aber ich schaffe es, mir langfristig in diesem Bereich einen Job zu sichern: Entweder als Experte für Obdachlosigkeit an der Uni, aber irgend ein Projekt in Sachen Vernetzung von Obdachlosen- und Armenprojekten. Ganz klar: Mein Engagement in diesem Projekt ist eine Investition in die Zukunft. Ich kann das ganz klar benennen: Ich engagiere mich für die Obdachlosen, und will, daß sich da etwas bewegt, zugleich muß ich mich aber auch um mich selbst kümmern, das ist doch wohl klar. Wenn für beide Teile dabei etwas rauskommt, ist das doch wohl das Optimum. Und wenn ich selbstkritisch bin, muß ich feststellen, ich profiliere mich auf Kosten der Obdachlosen. Aber irgendwo ist es doch ihr Ding, wenn sie in Sachen Lobbyarbeit selber nicht in die Pätte kommen. Also, ich finde es ehrenvoll, einen solchen Job zu übernehmen. Wie es den einzelnen Obdachlosen geht, ist mir doch letztlich scheißegal. Schließlich engagiere ich mich doch für die strukturelle Perspektive.  
  12. Ich bin Vertriebsleiter in einem Obdachlosenzeitungsprojekt. Ich erhalte Arbeitslosengeld und verdiene, wie auch die anderen Leute im Vertrieb, durch meine Arbeit im Vertrieb einen ganzen Haufen Geld schwarz dazu. Ich brauche das, um meine Schulden abzuzahlen. Auch meine Kollegen im Vertrieb werden ihre Gründe haben. Übrigens habe die Erfahrungen gezeigt, daß man den Vertrieb nicht den Obdachlosen überlassen kann, weil die Leute meistens sowies saufen oder an der Nadel hängen. Das ist eine ständige Gefahr. Deswegen können da nur Leute ran, die clean sind, wie eben die Leute, mit denen ich den Vertrieb schmeiße. Das ist ja auch eine Frage der Zuverlässigkeit, immer jeden Morgen um Neun am Bus zu sein, die Zeitungen zu liefern und hinterher korrekt abzurechnen. Das kännte ein Süchtiger ja gar nicht.
    Dann gibt es Leute, die sagen, wir müßten dem Finanzamt gegenüber korrekt unsere Ausgaben deklarieren, auch die Kosten vom Vertrieb. Aber offiziell versteuert würden die Leute gar nicht arbeiten. Also stelle ich mich quer. Ist doch nicht mein Problem. Einige Leute sagen zwar: Wie willst Du das dem Finanzamt erklären, daß es einen Vertrieb gibt, aber alle arbeiten ehrenamtlich, aber da wird es schon irgendeine Läsung geben. Ich persänlich gebe darauf nicht soviel. Und im Zweifelsfall verschwinden eben diese ganzen bläden Unterlagen. Soll mir doch irgendjemand irgendwas nachsagen. Bis das ganze irgendwie vielleicht doch brenzlich werden soll, bin ich längst saniert. Und außerdem, wer will mir was beweisen? Und selbst, wenn mir irgendjemand was nachweisen kännte, habe ich doch die entsprechenden Kontakte. Das ergibt sich doch einfach aus der Arbeit. Dann sind ebend mal ein paar Maulschellen nätig und wenn das nicht hilft, naja, dann kann doch immer noch mal der eine oder andere Unfall passieren? Wer will einem da was nachweisen? Und letztendlich kommt das doch sowieso den Obdachlosen zugute, auch wenn mir die Leut eigentlich scheißegal sind, hauptsache, sie verkaufen die Zeitng und machen keine €rgern. Den habe ich ohne hin Tag für Tag schon genug.  
  13. Ich war jahrelang Unternehmer und kenne mich aus mit Firmen und Geschäften. Meine derzeitige Geliebte war jahrelang arbeitslos und engagiert sich jetzt in Obdachlosenprojekten und hat gute Chancen, dort einen Job zu kriegen. Ohne Job liegt sie mir nur auf dem Geist und ich wäre doch bläd, mich da nicht reinzuhängen, vor allem dann , wenn mir die Leute vom Projekt auch noch den Posten des Vorsitzenden antragen. Meine Güte, wie oft habe ich es gerade biegen müssen, wenn meine Geliebte mal wieder besoffen unterm Tisch lag und nichts auf Reihe bekam. Oft genug bin ich selber zu den Lay-Outern gefahren und habe letzte Hand an die Texte gelegt. Als das Projekt noch ganz in ihrer Verantwortung war, ist das noch gar nicht so aufgefallen. Aber jetzt, wo da Leute bei sind, die was vom Zeitungsmachen verstehen, wird es echt schwer, ihre Stellung zu sichern.
    Scheiße, wenn sie ohne Arbeit rumhängt, paßt es mir überhaupt nicht in den Kram. Das mit den Obdachlosen ist ija rgendwie naiv. Naja, ein gutgehendes Geschäft kann man schon damit aufziehen, im kleinen Rahmen. Wenn sie nicht immer wieder zur Flasche greifen würde. Wenn ich ihr den Rücken frei halte, stabilisiert sie sich schon wieder und dann ficken wir auch wieder äfter. Im Bett ist sie ja große Klasse, wenn sie gut drauf ist. Und das mit den Obdachlosen und diesem Projekt, das kann man ja alles auf Reihe kriegen. Man muß das alles nur gut verkaufen den Leuten im Projekt. Und alle die, die da querschießen sollten, die werden wir schon über kurz oder lang rauskriegen.  
  14. Ich bin Unternehmer aus dem Ausland. Ich weiß wie das Geschäft läuft. ***  
  15. Ich weiß, wie das Geschäft läuft, schließlich habe ich ha lange genug mitgemacht. Wenn ich sehe, wie mein Chef die Einnahmen abzockt und ich seit Monaten auf das Geld für meine Arbeit warte, dann mache ich eben mein eigenes Zeitungsprojekt auf. ***

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