Straßenkunst - Straßenleben.

Keine Gnade auf der Straße - Fotos von Karin Powser

Ein paar Anmerkungen zu einer Ausstellung

Karin Powser war lange Jahre ihres Lebens wohnungslos und auf der Straße. Über ihr Leben berichtet das Buch "Das trostlose Leben der Karin P." von Christine Swientek (1985), einer Sozialarbeiterin, die Karin lange Zeit begleitet hat. Seit 1984 hat Karin wieder eine Wohnung in Hannover. Sie arbeitete als ehrenamtliche Mitarbeiterin im Kontaktladen "Mecki" seit dessen Gründung im April 1985. Der "Mecki" ist eine Anlaufstelle für Wohnungslose in der unterirdischen Fußgängerzone Passerelle unter dem Hauptbahnhof in Hannover, geöffnet für jeweils zwei Stunden zwischen 8:00 und 10:00 Uhr an einigen Vormittagen in der Woche. Karin besaß wie die Sozialarbeiter einen Schlüssel und öffnete den Laden oft genug schon eine Stunde oder früher vor den offiziellen Öffnungszeiten auf eigene Verantwortung - Gäste und Besucher fanden sich fast immer. Seit Februar 1986 begann sie wieder zu fotografieren. "Daß man mir die Aufgabe gestellt hat, Fotodokumentationen über die Problematiken der Obdachlosen zu erstellen, hat wohl den Grund, daß ich schon früher, auch während meiner Obdachlosigkeit und Sauferei, viel fotografiert habe und auch mit einer einfachen Pocketkamera einige gute Aufnahmen gemacht habe. (...) Die Obdachlosen haben zu mir Vertrauen, sie wissen, daß ich keine Sensationsbilder für die Presse mache und auch kein Bulle Fotos von mir zu sehen bekommt." Mit ihren Fotoarbeiten hat sie Erfolg. Das schlägt sich unter anderem nieder in zahlreichen Veröffentlichungen, z.B. in Foto- und Textheften der von Hannes Kiebel aus Bochum herausgegebenen Reihe "Texte Drinnen & Draußen" und in vielen kleineren und größeren Ausstellungen in der Bundesrepublik. Von Beginn an arbeitet sie mit bei der Hannoveraner Straßenzeitung Asphalt, für die Fotos macht und auch regelmäßig schreibt: in der Kolumne "Das muß mal gesagt werden". Auch eine Reihe von Titelbildern sind von ihr.

Im Rahmen einer Ausstellung erstmalig Fotos von Karin Powser in Berlin zu zeigen, war eine Herausforderung. Von der dezentralen Kulturförderung Schöneberg gab es Unterstützung, Markus von Münchhofen und sein Team von der Wohnungslosentagesstätte Schöneberg der Unionshilfswerk Sozialeinrichtungen gGmbH signalisierten gleichfalls Interesse. So wurde eine kurzerhand die "Wärmestube" von Strassenfeger-Leuten zu einer Galerie umgebaut, eine Fotogalerie in Friedrichshain lieh die Rahmen, das Team der Wohnungslosentagesstätte zauberte ein Buffet zur Eröffnung. Ein Eröffnungs-Programm wurde zusammengestellt, unter anderem mit Texten von Dieter G. und dem Marionettenspiel von Frank U. Die Eröffnung war gut besucht, eine bunte Mischung von Tagesstätten-Besuchern und interessiertem Publikum.

Zwei Dinge bleiben: Wer die Ausstellung sehen möchte, hat noch ein paar Tage Zeit. Die Fotos können auch käuflich erworben werden. Interessenten melden sich beim Team der Wohnunglosentagesstätte. Und zum anderen: Die Erfahrungen bei der Vorbereitung dieser Ausstellung waren für alle Beteiligten so positiv, daß es Pläne gibt, in des Tagesstätte Hohenstaufenstraße weitere Ausstellungen zu zeigen. Wir dürfen also gespannt sein...

Stefan Schneider

Die Ausstellung - insgesamt 38 Fotos - ist noch bis zum 13.11.1998 zu sehen in der Wohnungslosentagesstätte Schöneberg, Hohenstaufenstr. 22 in 10779 Berlin (Bus 185, 145, 204 - U-Bahn Victoria-Luise-Platz), Öffnungszeiten: Mi, Do, Fr 13:00 - 18:00, Sa 14:00 - 18:30, So 14:00 - 19:00, Mo, Di geschlossen, Eintritt frei.

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