Hoffnung
ist nicht die Überzeugung,
dass etwas gut ausgeht,
sondern die Gewissheit,
dass etwas Sinn hat,
egal wie es ausgeht.

Vaclav Havel

Ich weiss gar nicht mal, wenn Wolf Schulz das erste Mal in meinem Leben aufgetaucht ist. Es ging um den Helmholtzplatz und das Platzhaus und den Förderverein, und irgend eines Tages war er da und fortan begegneten wir uns ziemlich regelmässig. Wolf war Hausmeister in der Evangelischen Kirchengemeinde am Göhrener Ei. Er versuchte, im Rahmen seiner Möglichkeiten, die Gemeinde für eine Mitarbeit auf dem Helmholtzplatz und im Föderverein zu interessieren. Vorwiegend war es aber sein ganz persönliches Interesse, nach Feierabend sich mit Menschen zu treffen und über sinnvolle Projekte zu sprechen. Irgendwann ist mir aufgefallen, dass Wolf ziemlich regelmässig ein Hemd trug mit der Aufschrift Pöbel & Gesocks. Das gefiel uns, denn es gehörte zu dem Anspruch unseres Engagements, auch offen zu sein für unangepasste Menschen in Prenzlauer Berg, auch wenn die manchmal durchaus etwas anstregend sein konnten. Aber ein bisschen Pöbel & Gesocks waren wir ja selber auch. Mir ist aufgefallen, dass er öfter mal, oder genau genommen, mit ziemlicher Regelmässigkeit mit einer Schnapsfahne am nachmittag und frühen Abend zu unseren Treffen kam. Dabei habe ich ihn immer nur Bier oder Wein trinken sehen. Manchmal nervte es mich, wenn Wolf immer wieder nicht auf dem neuesten Stand der Diskussion war und alles nochmal erklärt bekommen wollte. Aber ansonsten war er ein sehr friedlicher und freundlicher Zeitgenosse. Als die Kirchengemeinde ihn seinen Job  kündigte, ging es mit ihm rasant bergab. Aber so richtig gekümmert habe ich mich darum nicht. Ilona war oft bei ihm gewesen in dieser Zeit.

Übrigens war Wolf auch mein Dealer. Er vorsorgte mich mit Stoff, weißem Stoff: Lesestoff. So kam ich zu dem Vergnügen, das Buch Perfum lesen zu können und eine Erzählung, in dem es um ein Haus aus Büchern ging. Ich habe Wolf eigentlich sehr gemocht, und irgendwie gehörte er einfach dazu zu den Leuten auf dem Helmholtzpaltz. Er ist gestorben, ich glaube im Jahr 2007. Auf seiner Beerdigung war ich, aber richtig verabschiedet habe ich mich von ihm nicht. Das hätte ich mal vorher machen sollen. Pöbel & Gesocks ist übrigens eine Band auf Offenbach, da kam er wohl her. Der Sänger der Band hat mir dankenswerterweise ein paar CD's zum reinhören zur Verfügung gestellt. Und irgendwie lebt Wolf weiter, wenn sich auch heute noch Leute auf dem Helmhotzplatz treffen, zusammen sitzen, Wein und Bier trinken, selbstgedrehte Zigaretten rauchen und Pläne schmieden, was man auf diesem Dorfplatz so alles machen könnte und was der oder die unlängst wieder gesagt oder gemacht hat oder einfach, was die letzten Gerüchte sind. Ja Wolf, du fehlst mir.

Stefan 24.08.2010

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