Skulptur Schiff zur Rettung der Unschuld der Kunst, Quelle: WikiCommons, siehe Ende des ArtikelsDieses Fragment fand ich heute auf meinem Rechner:

Warum ich parteilos bin:

Ich bin parteilos und ich glaube, das wird auch so bleiben. Es gibt gute Gründe, anzunehmen, dass es Parteien am Ende dieses Jahrhunderts so nicht mehr geben wird, sondern viele vielfältig vernetzte Menschen, die in unterschiedlichen Assoziationen, Netzen, Syndikaten, Genossenschaften, Infolisten, Webrealitäten usw. miteinander verbunden sind auf den unterschiedlichsten Ebenen, Räumen und Dimensionen. Es wird hoffentlich auch keine Staaten mehr geben und keine Waffen, aber das ist vielleicht ein Traum.

Ich schreibe das, um deutlich zu machen, dass meines Erachtens Parteien und Parteiarbeit nicht zu sehr wichtig zu nehmen sind.

Diesen Text habe ich geschrieben irgendwann im Zeitraum zwischen 2006 und 2011, als ich für Bündnis 90 Die Grünen Bezirksverodneter in Pankow war. Der Partei gehörte ich nie an, wurde gelegentlich aber gefragt, ob ich nicht eintreten wolle. Ich nahm auch an etlichen Parteiversammlungen teil, na klar, ich wollte schließlich ja auch gewählt werden. Aber der Einsatz für den Krieg im Kosovo und vor allem auch die Mitwirkung an der Hartz-Gesetzgebung waren Punkte, die immer ein Hinderungsgrund waren, kurzum, ich war von Bündnis 90 Die Grünen nie restlos überzeugt. Und im nachhineinen glaube ich, dass diese Entscheidung auch richtig war.

Dennoch war Bündnis 90 Die Grünen die beste Partei, die es in Pankow gab, jedenfalls zu jeder Zeit, davon bin ich genau so überzeugt. Als ich 1999 nach Prenzlauer Berg kam, lernte ich sehr schnell viele engagierte Menschen kennen, die nützliche Projekte machten, die mir gut gefielen. Menschen, die persönlich integer waren und bis heute sind, jedenfalls die meisten. Nicht alle.

Und dann bekam ich bald eine Anfrage, ob ich als stellvertretender Bürgerdeputierter im Sozialausschuss mitwirken wolle. Das ehrte mich sehr und ich machte das auch gerne und so lernte ich viel über bezirkliche Verwaltung und kommunale Sozialpolitik. Zur nächsten Wahl war es für mich naheliegend, dann auch als Bezirksverordneter mit dem Themenprofil Sozialpolitik zu kandidieren. Und das gelang mir auch mit Erfolg trotz dem ich parteilos war.

Mir schien, dass der Gentrifizierungsprozess auch vor den BündnisGrünen in Pankow nicht halt machte. Während zu meiner Anfangszeit kurz nach der Jahrtausendwende noch viele überzeugte Persönlichkeiten, die für Bürgerrechte und gegen Umweltzerstörung kämpften, den Kreisverband prägten, kamen im folgenden Jahrzehnt viele vorwiegend junge Spießer dazu, die allem lediglich einen grünen Anstrich geben wollten und ansonsten reine Sachzwangpolitik vertraten. Die scheinbar alternative Sachzwangslogik war auch in der Bezirksverordnetenversammlung einer der größten Frustpunkte. Auf jeden Fall wurde mir immer mehr klar, das ist nicht mehr meine Partei.

Heute, mit mehr als drei Jahren kann ich sagen: Ich verstehe mich mehr denn je als undogmatischer Anarchist und Parteimitgliedschaften kommen für mich nicht mehr in Frage. Lediglich strategische oder pragmatische Bündnisse, wenn ich das für erforderlich halte. Aber das ist schon wieder eine andere Debatte. Dennoch waren diese Jahre kommunalpolitischen Engagements keine verlorene Zeit. Im Gegenteil. Die meisten Kolleg_innen waren vollkomen okay und sehr engagiert, und ich meine auch, einiges bewegt und erreicht zu haben in meinem Themenbereich mit Ausnahme des Politikbereiches JobCenter. Das war nun mehr als nur frustrierend, das war demoralisierend. Aber eine Bilanz aus einer Perspektive mit etwas mehr zeitlichem Abstand steht noch aus. 

Auf jeden Fall bin ich dankbar für die sehr vielen Erfahrungen, die ich in dieser Zeit habe sammeln können.

Berlin, 29.04.2014

Stefan Schneider

 [Abbildung] Das Schiff zur Rettung der Unschuld der Kunst von 1988 89 Thomas J Richter Martin Wilke, Quelle: WikiCommons, Fotograf: OTFW

 

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