Guten Tag,
von meinem Urlaubsort in Kąty Rybackie am Frischen Haff an der Ostsee in Polen suchte ich für Mittwoch, den 18.07.2012 am Nachmittag nach einer passenden Verbindung, um nach Berlin zu gelangen.
Die Suchfunktion der Polnischen Bahn (www.pkp.pl) zeigte mir eine umständliche Verbindung mit mehrfachem Umsteigen vom nahegelegenen Elbląg an. Auch eine alternative Route über Gdánsk war sehr umständlich. Aber eine Recherche bei der Deutschen Bahn (www.bahn.de) zeigte eine Verbindung (D 40444) von Kaliningrad (ab 18:23) über Braniewo (ab 19:50), Elbląg (ab 20:40), Malbork (ab 21:07), Tczew (ab 22:26), Poznan (ab 03:50) nach Berlin (an Berlin Ostbahnhof 06:58, an Berlin Hbf 07:08, an Berlin Zoologischer Garten 07:20). Allerdings gab es keine Möglichkeit, online für diesen reservierungspflichtigen Zug ein Ticket zu erwerben. Ein Anruf bei der polnischen Bahn PKP brachte nur das Ergebnis, dass dies ein russischer Zug (www.rzd.ru) sei, und dass auf dem Bahnhof in Elbląg Fahrkarten dafür gekauft werden könnten. Weitere ganz pauschale Hinweise zu diesem Kurswagen fand ich auf einer Seite von Wikitravel über Kaliningrad sowie auf einer Internetseite über Zugverspätungen. Es war offensichtlich, dass es sich auch nicht um einen Zug, sondern lediglich um einen Kurswagen handelte, der im Sommer, aber auch nicht an allen Tagen, verkehrte.
Am Tag meiner Reise wurde mir auf dem Bahnhof in Elbląg am Schalter mitgeteilt, dass ich für diesen Zug keine Fahrkarte kaufen könne, da dieser Zug ein russischer Zug sei. Auch über die Höhe des Fahrpreises konnte mir keine Auskunft gegeben werden. Ich sollte, wenn der Zug um 20:39 Uhr auf den Bahnhof im Elbląg einfährt, den Schaffner im Zug fragen. Auf dem Bahnsteig erfuhr ich immerhin, dass der Kurswagen nach Berlin unmittelbar der Lokomotive folgt.
Der Zug fuhr pünktlich in Elbląg ein, aus dem vorderen, als Kurswagen nach Berlin erkennbaren Schlafwagen nach Berlin stiegen drei Personen aus, die mir aber signalisierten, ich solle weiter hinten einsteigen. Also stieg ich durch die hintere Tür des zweiten russischen Kurswagens mit Ziel Gdánsk ein (auch, weil ich befürchtete, dass es keinen Durchgang vom polnischen Zugteil zum russischen Kurswagen geben würde). Der Zug fuhr los und ich traf in einem offenen Abteil einen jungen Mann in zivil, der mir erklärte, dass dieser Zug mehr oder weniger ein Privatzug sei. Dann führte er mich in den vorderen Kurswagen Richtung Berlin, bat mich, in einem leeren Schlafwagenabteil Platz zu nehmen und sagte, ich könne hier nach Berlin mitfahren. Die Fahrt würde 70 Euro kosten und ob ich auf eine Quittung verzichten könnte. Ich akzeptierte den Preis, verzichtete aus Gründen auf einen Beleg, bekam Bettwäsche ausgehändigt sowie die Information, dass ich im vorderen Wagonteil Tee und Kaffee erhalten könne und dass ich am nächsten Morgen eine halbe Stunde vor Ankunft in Berlin durch Klopfen an meine Tür geweckt werden würde.
Den Rest der Reise verbrachte ich angenehm in einem Abteil für mich alleine, erhielt auf Nachfrage kostenfrei einen Tee und wurde auf dem Weg nach Berlin – Ostbahnhof in meinem Schlaf auch nicht weiter gestört.
So weit ist alles in Ordnung, nur eines nicht. Es kann nicht angehen, dass Züge mehr oder weniger eine nichtoffizielle, untransparente Privatangelegenheit sind ohne Darstellung im Internet und ohne die Möglichkeit, verbindlich Reservierungen vorzunehmen, Fahrkarten zu bestellen bzw. an Bahnhöfen, an denen dieser Zug hält, Fahrkarten am Schalter zu erwerben. Auch macht es keinen besonderen Spaß, sich auf eine Reise zu begeben ohne die Sicherheit, ob es tatsächlich möglich ist, in dem Zug mit zu reisen.
Deshalb fordere ich Sie auf, sich dafür einzusetzen
- dass diese Zugverbindung transparent auf dem Webseiten der Deutschen Bahn, der Polnischen Bahn und der Russischen Bahn dargestellt wird,
- dass es die Möglichkeit gibt, an jedem Bahnhof zuzusteigen,
- dass es verbindliche Auskünfte über die Fahrpreise gibt,
- dass es die Möglichkeit gibt, an allen Haltebahnhöfen Fahrkarten zu erwerben,
- dass es die Möglichkeit gibt, auf allen Portalen Reservierungen vornehmen und Online-Tickets erwerben zu können.
Ich schreibe dies nicht, um Sie zu schikanieren, sondern ich der Auffassung bin, dass es im Zuge der Europäischen Union noch sehr viel mehr transnationale Züge geben sollte, allerdings zu Bedingungen, die den heutigen Anforderungen von Transparenz und Zugänglichkeit entsprechen.
In Erwartung einer zeitnahen Antwort
Mit freundlichen Grüßen
s.
Hallo s.,
wie schon kurz über unseren Twitter-Kanal erwähnt, konnten wir einige Details zu Ihrem geschilderten Erlebnis recherchieren.
Bei der genannten Zugverbindung handelt es sich zwar um eine, nun sagen wir mal, internationale Zugverbindung, der D 40444 wird allerdings ausschließlich durch die russische Staatsbahn (RZD) angeboten. Diese behält sich vor, für den Zug die Fahrkarten und Bettplätze zu verkaufen. Weder die PKP (Polnische Staatsbahn) noch wir als Deutsche Bahn können (dürfen) in diesem Zug Buchungen für unsere Kunden vornehmen. Als Anbieter der Verbindung pflegt die RZD die Reservierungsdaten in ihr eigenes Reservierungssystem ein, lässt aber keine Buchung durch andere Eisenbahnverkehrsunternehmen zu. Eine Situation, welche nicht nur für unsere Kunden unzufriedenstellend ist.
In den letzten Jahren wurde zwar in Zusammenarbeit mit den Partnerbahnen die Fahrplaninformationen und der Verkauf von Fahrkarten über das Internet stark verbessert, aber der Zusammenschluss von unterschiedlichen Buchungssystemen gestaltet sich u.a. auch aufgrund der Komplexität der verschiedenen Eisenbahnunternehmen als schwierig und teuer. Unabhängig davon arbeiten wir aber ständig an Verbesserungen in diesem Bereich. Z.B. ist der Zusammenschluss vieler europäischer Bahnen unter der Allianz Railteam ein wichtiger Schritt und schafft einen echten Mehrwert für die Kunden in Bezug auf optimierte Reisemöglichkeiten und dem transparenten Erwerb von Fahrkarten.
Auch im konkret von Ihnen angesprochenen Fall verfolgen wir den Ansatz einer durchgängigen Reisekette, da die Züge in Deutschland enden. Gerade aus Richtung der ehemaligen Ostblockstaaten wissen wir, dass noch viele weitere Anstrengungen nötig sind, um die von Ihnen gewünschte Transparenz und die Erwerbmöglichkeiten von Fahrkarten in allen Bahnen anzubieten.
Aus Ihrer Sicht sicher keine zufriedenstellende Antwort, aber unsere Kollegen werden auch weiterhin ihr Bestes tun.
Viele Grüße
Ihr Twitter-Team (http://twitter.com/DB_Bahn)
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Reiseportal der Deutschen Bahn AG >> http://www.bahn.de
DB Vertrieb GmbH
Sitz der Gesellschaft: Frankfurt am Main
Registergericht: Frankfurt am Main, HRB 79808
USt-IdNr.: DE 814160246
Geschäftsführer: Birgit Bohle (Vorsitzende), Ulrich Jäkel, Ottmar Netz
Vorsitzender des Aufsichtsrates: Ulrich Homburg
Inzwischen liegt, mit Datum vom 06.11.2012, auch eine Antwort des Polnischen Bahnunternehmens pkp vor. Sie lautet - in übersetzter Fassung - wie folgt:
Wir bedanken uns für Ihre Anregungen. Die Meinung unserer Kunden und der durch eingereichte Beschwerden ausgelöste Dialog ist uns viel wert - er gibt uns die Möglichkeit, den Service an unseren Kunden zu verbeseren.
Ihre Kritik an der Internet-Fahrplan der PKP haben wir an den Administrator der Seite - die Firma TK Telekom Spółka z.o.o - weitergeleitet.
Wir können Ihnen mitteilen, dass auf der Strecke Kaliningrad - Berlin Zoo in der Sommerzeit ein kommerzieller Wagen der russischen Bahn verkehrt. Die Datenbank des Reservierungssystems für diesen Wagen befindet sich in Russland. Internationale „PKP Intercity” Kassen haben aufgrund eines bestehenden Vertrags Fahrkarten für diesen Wagen verkauft. Die Ursache, daß Sie keinen Platz für Ihre Fahrt mit diesem Zug von Elbląg haben buchen können, kann unterschiedliche Ursachen haben: Keine freien Plätze, Computersystemstörungen; in einigen Fällen wird vor der Abfahrt des Zuges am Anfangsbahnhof der Verkauf der Tickets für Schlafwagen gesperrt, usw.)
Der Onlineverkauf der Fahrkarten für Transitzüge oder Transitwagen fällt nicht in den Geschäftsbereich der “PKP-Intercity“. Einen Onlineverkauf von Fahrkarten gibt es nur für den internationalen unmittelbaren Verkehr zwischen Polen und Deutschland bei den Zügen „Berlin-Warszawa-Ekspress“ und „Berlin-Gdynia-Ekspress“.
Für Ihre E-Mail bedanken wir uns bei Ihnen noch einmal herzlich. Bezüglich weiterer Bemerkungen und Fragen haben wir Ihre E-Mail an die entsprechende, für das Produkt zuständige Funktionsstelle, weitergeleitet.
Bereichsleiterin
Ewa Markiewicz
Natürlich ist diese Antwort unbefriedigend: Bla bla bla. Mal sehen, ob und wann ich die Angelegenheit aufgreife und darauf reagiere ....
Berlin, 12.08.2013,
Stefan Schneider