Guten Tag!

Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass auf einer öffentlichen Sitzung eines Ausschusses der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin so etwas passiert. Ich habe auch lange damit gerungen, weil ich mache mir damit sicher nicht nur Freunde, aber eines ist klar: Ich komme nicht darum herum, dass eine Straftat eine Straftat ist. Und deshalb habe ich gleich heute den Bezirksverordnetenvorsteher darum gebeten, auf Grundlage meiner email hier eine Strafanzeige zu stellen.

Gruss

stefan schneider, 09.05.2007 


Sehr geehrter Herr Vorsteher der Bezirksverordentenversammlung Pankow von Berlin,

ich möchte Sie darüber informieren, dass gestern, am Dienstag, dem 08.05.2007 während der Sitzung des Ausschusses für Gleichstellung und Integration gegen 21:40 Uhr in Raum 227 in Haus 6 des Bezirksamtes in der Fröbelstraße 17 in 10405 Berlin während der Debatte über den Entwurf der Geschäftsordnung des zu gründenden Integrationsbeirates der an der Sitzung teilnehmende Gast Herr Mauro V. im Zuge seines Wortbeitrages den Hitlergruß zeigte.

Dies geschah im Kontext einer intensiv geführten Debatte um eben diesen Geschäftsordnungsentwurf. Ich bat die Kollegin Schriftführerin um Aufnahme dieses Sachverhaltes in das Protokoll.

In einem darauf folgenden Beitrag hat Herr Mauro V. zu verstehen gegeben, dass er damit zu weit gegangen sei.

Völlig unabhängig von dem Kontext und der darauf folgenden Erklärung bleibt für mich die Feststellung, dass es sich bei dem Zeigen des Hitlergrußes um eine Straftat nach § 86a Absatz 2 Strafgesetzbuch - Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen - handelt.

Ich sehe es in meiner Aufgabe als Bezirksverordneter, Ihnen dieses unverzüglich mitzuteilen.

Ich verbinde damit die Bitte und Aufforderung an Sie, diese Straftat in Ihrer Eigenschaft als Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung - und auf einer Ausschusssitzung der Bezirksverordnetenversammlung ist das passiert - unverzüglich zur Anzeige zu bringen. Als Zeuge stehe ich selbstverständlich zur Verfügung. Die weiteren als Zeugen in Frage kommenden Personen entnehmen Sie bitte dem Protokoll bzw. der Teilnehmerliste der Sitzung.

Mit freundlichen Grüssen

Dr. Stefan Schneider, Bezirksverordneter

Kopien zur Kenntnisnahme an
- den Bezirksbürgermeister,
- die Vorsitzende des Ausschusses für Gleichstellung und Integration,
- die Schriftführerin des Auschusses für Gleichstellung und Integration,
- alle in der Bezirksverordentenversammlung Pankow von Berlin vertretenen Fraktionen und Gruppen


Der Bezirksverordnetenvorsteher teilte am selben Tag mit, dass er nicht in der Lage sei, eine Anzeige zu stellen, da er nicht dabei gewesen sei. Ein Argument. Ich fühlte mich veranlasst, selbst aktiv zu werden und konnte wenige Stunden später mitteilen: 


Berlin, 10.05.2007, 02:01 Uhr 

Sehr geehrter Herr Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin,

ich möchte - im Nachgang zu meiner gestrigen Nachricht mit dem selben Betreff - mitteilen, dass das Landeskriminalamt Berlin die Straftat des Herrn Mauro V. unter der Vorgangsnummer 070510 - 0010 - 025382 ermittelt.

(§ 86a Absatz 2 Strafgesetzbuch - Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen - Hitlergruß am Dienstag, dem 08.05.2007 während der Sitzung des Ausschusses für Gleichstellung und Integration gegen 21:40 Uhr in Raum 227 in Haus 6 des Bezirksamtes in der Fröbelstraße 17 in 10405 Berlin, Zeugen gemäß Teilnehmerliste und Protokoll)

Mit freundlichen Grüssen

Dr. Stefan Schneider, Bezirksverordneter

Kopien zur Kenntnisnahme an
- den Bezirksbürgermeister,
- die Vorsitzende des Ausschusses für Gleichstellung und Integration,
- die Schriftführerin des Auschusses für Gleichstellung und Integration,  
- die in der Bezirksverordentenversammlung Pankow von Berlin vertretenen Fraktionen und Gruppen


Am Donnerstag, den 24.05.2007 tagte erneut in öffentlicher Sitzung der Ausschuss für Gleichstellung und Integration der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin. Der Ausschuss hat auf Antrag der Fraktionen Bündnis 90/ Die Grünen, SPD, CDU und Linkspartei nachfolgende Erklärung einstimmig beschlossen:

Undemokratisches Verhalten

Der Ausschuss für Gleichstellung und Integration der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin verurteilt das Zeigen des Hitlergrußes durch Herrn Mauro V. während seiner Sitzung am 8. Mai 2007 im Zuge der Debatte über den Entwurf einer Geschäftsordnung für den zu bildenden Integrationsbeirat auf schärfste. Insbesondere jeden Vergleich der Arbeit von demokratischen Parteien und Gremien mit dem NS-Regime weist der Ausschuss entschieden zurück. Weder Grußformen der Nationalsozialisten noch solche Äußerungen sind Beiträge zur demokratischen Meinungsbildung. Sie richten sich gegen die Grundwerte unseres Staatswesens und unserer Gesellschaft und werden nicht geduldet.
Der Ausschuss nimmt zur Kenntnis, dass sich Herr V. für sein Verhalten entschuldigt hat, erwartet aber, dass er dies auch vor dem Gremium tut, das er in die Nähe rechtsextremistischer Gruppierungen gerückt hat.

Ein Protokoll zu dieser Sitzung liegt bislang noch nicht vor. 


Auch auf der Homepage der Oase Pankow e.V. gibt es inzwischen eine Stellungname der Vorsitzenden zum Vorfall. Dort heisst es:

Gleichstellung und Integration mit Hitlergruß?

Als Vorstandsvorsitzende der OASE Pankow e.V. wurde ich ausgerechnet am historischen 08. Mai, dem Tag der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands und des Endes des II. Weltkrieges, Zeugin eines unvorstellbaren Vorganges. Er fand nicht irgendwo, sondern im Ausschuss für Gleichstellung und Integration der BVV Pankow von Berlin statt. Diskutiert wurde die Geschäftsordnung eines zu gründenden Integrationsbeirates für den Bezirk Pankow. Während der zum Teil intensiv geführten Debatte um diesen Entwurf zeigte Herr M. V., der (..) an dieser Sitzung teilnahm, während seines Wortbeitrages den Hitlergruß. Obwohl Herr V. noch in der Sitzung einräumte, damit zu weit gegangen zu sein, kann das „Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ (ein Straftatbestand nach § 86a Absatz. 2 StGB) nicht ohne Konsequenzen bleiben.
Der stellvertretende Ausschussvorsitzende und Verordnete der Pankower Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Dr. Stefan Schneider, hat bereits Anzeige erstattet.

Ich als Vorsitzende des Vereins OASE Pankow e.V., für die der tolerante und gleichberechtigte Umgang von einheimischen und ausländischen BürgerInnen selbstverständlich ist, wende mich ganz entschieden gegen ein derart unbedachtes, verfassungswidriges Verhalten.
Es berührt mich zutiefst auch in meiner Funktion als Pankower Koordinatorin gegen Rechts, in der ich solchen und ähnlichen Entgleisungen vehement entgegen trete.
Für die haupt- und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen der OASE Pankow e.V. hat Herr V. mit seiner eindeutigen Geste zugleich gegen die Grundsätze des Zusammenlebens nicht nur in unserem InterKULTURellen Haus Pankow verstoßen, dessen Nutzer auch der Rat für MigrantInnen ist.

Umso entschiedener distanzieren wir alle uns von seinem Verhalten!

Editha Kindzorra
Vorstandsvorsitzende OASE Pankow e.V.

 


Nach mehreren Monaten erreichte mich ein Schreiben von der Staatsanwaltschaft, in der mir ein (Zwischen-)Ergebnis mitgeteilt wird, mit dem ich leben kann, wenn die angekündigten Ansagen auch so erfüllt werden. Mir ist mit Datum von heute (15.03.2008) auch nichts gegenteiliges bekannt. Insofern möchte ich das Schreiben der Staatsanwaltschaft an dieser Stelle dokumentieren und mitteilen, dass für mich damit der formale Teil dieses Vorgangs abgeschlossen ist. Die inhaltliche Auseinandersetzung bleibt nach wie vor aktuell.

 

 Staatswanwaltschaft zur Strafanzeige.pdf

Berlin, 15.03.2008, Stefan Schneider 


Solidarische Hinweise

Countdown

Joomla template by a4joomla