Die gesamte "Landschaft" der Hilfen, Angebote, Einrichtungen, Projekte und Initiativen für wohnungslose, obdachlose und arme Menschen in Deutschland abzubilden ist nahezu unmöglich. Die nachstehende Auswahl kann deshalb nur die Funktion erfüllen, einen ersten Eindruck zu vermitteln.
Dass die meisten Angebote aus Berlin kommen, hat zwei Gründe. Zum einen ist Berlin nicht nur die Hauptstadt Deutschlands, sondern mit über 7.000 "registrierten" Wohnungslosen und mindestens weiteren 3.000 Wohnungslosen als "Dunkelziffer" auch die Hauptstadt der Wohnungslosen. Zum anderen war es dem Autor Stefan Schneider wichtig, hier Projekte und Einrichtungen vorzustellen, die er auch persönlich kennen gelernt hat.
Durchgehend wird hier der Begriff "wohnungslos" nach der Definition des Deutschen Städtetages aus dem Jahr 1987 verwendet. Wohnungslos ist demnach, wer nicht über einen eigenen, vertraglich gesicherten Wohnraum verfügt. "Wohnungslos" ist damit allgemeiner als der Begriff "obdachlos", der nur die unmittelbar auf der Straße lebenden Menschen meint. Zwar ist die Bezeichnung "obdachlos" immer noch sehr verbreitet und populär, aber zugleich ist zu konstatieren, dass eine Reihe von Einrichtungen der Hilfe zunehmend von Menschen genutzt wird, die wohnungslos, arbeitslos, arm oder anderweitig ausgegrenzt und gesellschaftlich benachteiligt sind.
Der "Warme Otto" ist eine "Wärmestube", ein Tagesaufenthaltsort für wohnungslose Menschen in Berlin - Mitte. Diese Einrichtung wurde 1984 auf Initiative eines evangelischen Pfarrers gegründet, um Menschen auf der Straße beim Überleben zu helfen, durch einen warmen Aufenthaltsort, warme Mahlzeiten, die Versorgung mit Kleidung, Decken sowie durch eine allgemeine Beratung. Der "Warme Otto" wird überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert. Einrichtungen wie diese finden sich in vielen Stadtteilen Berlins und in fast jeder deutschen Stadt.
Grundgedanke der Berliner Tafel ist die Idee, dass übrig gebliebene Lebensmittel nicht weggeworfen werden sollen, sondern noch für wohnungslose Menschen verwendet werden können. Das sind Lebensmittel aus Supermärkten, die kurz vor dem Verfallsdatum stehen, Backwaren vom Vortag, Obst- und Gemüse von Marktständen, aber auch die "Reste" von großen Buffets und Festen. Ehrenamtliche Mitarbeiter holen die Lebensmittel ab und verteilen sie an soziale Einrichtungen, wo sie weiter verarbeitet werden. In Deutschland geht diese private Initiative auf die Gründerin Sabine Werth zurück, die diese Idee aus New York mitbrachte. Inzwischen werden nicht nur Wohnungsloseneinrichtungen von der Tafel versorgt, sondern allgemein soziale Einrichtungen aller Art. Die neueste Entwicklung ist die Einrichtung von Essensausgabestellen. Hier können sich "bedürftige", also arme Menschen in der Stadt, gegen den symbolischen Preis von 1 EURO eine Tüte Lebensmittel abholen. Heute existieren über 400 Tafeln in ganz Deutschland.
Unter Druck ist aus einem Theaterprojekt entstanden. Schwerpunkt der Arbeit von Unter Druck aber ist ein offener Tagestreffpunkt, in dem wohnungslose Menschen die Möglichkeit haben, sich aufzuhalten, eine Mahlzeit zu sich zu nehmen, Wäsche zu waschen und zu duschen, im Internet zu surfen. Zusätzlich gibt es einmal in der Woche ein Notübernachtungsangebot. Dieses Notübernachtungsangebot richtet sich an Menschen, die auf der Straße leben und regelmäßig die Möglichkeit haben, in einem geschützten Raum etwas "aufzutanken". Die weitere Besonderheit dieses Tagestreffpunktes sind kulturelle Angebote wie eine Theatergruppe, eine Siebwerkstatt, eine Schreibgruppe. Diese Einrichtung – und das ist ungewöhnlich - wird gegenwärtig von Jan Markowski, einem wohnungslosen Bürger, geleitet.
Das Zentrum Lehrter Straße in Berlin ist ein Gebäudekomplex in Besitz der Berliner Stadtmission, einem großen Wohlfahrtskonzern unter dem Dach der Evangelischen Kirche in Deutschland. Das Zentrum ist nur wenige hundert Meter vom Bundeskanzleramt und vom Deutschen Bundestag entfernt gelegen und befindet sich damit in unmittelbarer Nähe des Zentrums deutscher Politik. Auf dem Gelände befindet sich neben einem Jugendgästehotel eine Krankenstation für wohnungslose Menschen mit 20 Plätzen und einem daran angeschlossenen Übergangshaus mit 24 Plätzen für entlassene wohnungslose Patienten. Auch der Kältebus, der in der Winterzeit von November bis April durch die Stadt fährt und wohnungslose Menschen zu einer Notübernachtung bringt, ist hier stationiert. Für viele, die diese Wege nicht mehr aus eigener Kraft bewältigen können, ist der Kältebus Hilfe und Rettung vor der Ungewissheit einer Winternacht. Kritisch zu betrachten ist die auf dem Gelände befindliche Massen-Notübernachtung, die mit mehr als 100 Plätzen die größte in Berlin ist. Kleinere und in der Innenstadt verteilte Angebote wären besser in der Lage, den Bedürfnissen wohnungsloser Menschen gerecht zu werden.