Eine Industriewaschmaschine für die Notübernachtung. (Edito 27.03)

Liebe Leserin, lieber Leser,

nach langen Bemühungen und mit freundlichen Unterstützung der Senatsverwaltung für Soziales ist es dem Verein mob e.V. im Herbst diesen Jahres endlich gelungen eine professionelle IndustrieWaschmaschine anzuschaffen für die ganzjährig geöffnete selbstverwaltete Notübernachtung in der Prenzlauer Allee 87. Die Notübernatung bietet Platz für 8 Männer und 6 Frauen, auch das Mitbringen von Hunden ist erlaubt. Der Bedarf liegt auf der Hand: Das Waschen der Bettwäsche und Kleidung der Notübernachter, dazu Handtücher aus unserem Treffpunkt und der gespendeten Kleidung haben einen Umfang angenommen, das übliche und gebrauchte Haushaltswaschmaschinen einfach schlapp machen bei dem Dauerbetrieb. Endlich also konnte die Profi-Waschmaschine geliefert werden und dann stellte sich heraus, das sie nicht durch den kürzlich in Selbsthilfe fertiggestellten Türrahmen des Waschraums passte. Also musste der Rahmen nochmals aufgestemmt werden, und ausserdem stellte sich heraus, dass wir zusätzlich für die Waschmaschine eine Starkstromleitung verlegen müssen – ganz im Sinne von: „besondere Dinge erfordern besondere Maßnahmen!“

Diese Situation ist typisch für das gesamte vergangene Jahr, und wir könnten ohne Ende vergleichbare Beispiele aufführen und damit die Zeitung füllen. Fast jeder Fortschritt, den wir in diesem vergangenen Jahr 2003 erreichen konnten, war mühsam erkämpft und erfolgte nicht ohne zusätzliche Komplikationen und Schwierigkeiten. Ihnen wird es, wenn Sie auf das Jahr zurückblicken, womöglich nicht anders ergangen sein. Viele Preiserhöhungen, Kürzungen in nahezu allen Bereichen, und eine gesamtwirtschaftliche Situation, die sich im Grunde nicht verbessert hat. Dass Sie uns trotzdem als Leserin und Leser die Treue gehalten haben, dafür möchten wir Ihnen an dieser Stelle ausdrücklich Dankeschön sagen. Danken möchten wir auch allen Leserinnen, die durch eine Patenschaft obdachlosen Menschen ermöglichen, in unserer Notübernachtung ein Bett im Warmen zu haben. Dankbar sind wir auch für die zahlreichen Sach- und Möbelspenden für unseren Trödelpoint, wir haben dem einen oder anderen Obdachlosen damit die Möglichkeit geben können, wieder ein Wohnung einzurichten.

Das kommende Jahr wird für Sie und für uns sicherlich nicht einfacher werden, gerade mit Blick auf die im Bundestag und Bundesrat und im Vermittlungsausschuß beschlossenen umfangreichen sogenannten Reformen im Gesundheits- und Sozialbereich. Mit der zunehmenden Verarmung immer weiterer Kreise der Bevölkerung zurecht zu kommen, wird eine der Herausforderungen für die nächsten Jahre werden. Nach dem Motto: Wer aufgibt, hat schon verloren, wird uns nichts anderes übrig bleiben, als zuzusehen, wie wir unter immer schwieriger werdenden Rahmenbedingungen über die Runden kommen. Unser Ziel ist dabei, auch weiterhin unsere Angebote für obdachlose und arme Menschen, angefangen vom strassenfeger über unseren Tagestreffpunkt bis hin zur Notübernachtung für Männer und Frauen.

Stefan Schneider & Jutta Welle

für den Verein mob e.V./ strassenfeger

Unser Dank und unsere besten Wünsche für das Neue Jahr gilt natürlich auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die zum Teil ehrenamtlich, zum Teil auf gemeinnütziger Basis in unseren Projekten mitwirken: Die Verkäuferinnen und Verkäufer, die Teams in den Zeitungsausgabestelle am Bahnhof Zoo und am Ostbahnhof, der Vertriebsleitung, der Redaktionsgruppe und den Redakteurinnen und Redakteuren vom strassenfeger, dem Team vom Treffpunkt Kaffe Bankrott – Küche und Tresen, mit Mitarbeiterinnen im Vereinsbüro und in der Personalabteilung, den Kollegen in der Buchhaltung, den Webmastern, der Gruppe, die sich um die Notübernachtung kümmert, dem Team in den Lagerräumen in der Fröbelstraße, den Fahrern und Beifahrern von unserem Trödelprojekt, den Selbsthelfern und Bauarbeiterinnen auf unseren Baustellen in der Prenzlauer Allee und in der Oderberger Str., den Mitarbeiterinnen im Lager und im Büro von unserem Trödelpoint und allen Unterstützerinnen und Freunden, die an dieser Stelle nicht ausdrücklich genannt worden sind.

Editorische Notiz: In Wirklichkeit was alles ja noch viel schlimmer, als hier dargestellt. Nachdem wir im ersten Stock das Problem mit dem Türdurchbruch gelöst und eine Starkstromleitung gelegt hatten, stellte sich heraus, dass die Ziegeldecke im ersten Stock derart marode war, dass an einen ernsthaften Betrieb nicht zu denken war. Wir mussten also nachmal umplanen und völlig von vorne anfangen - unten im Bereich der Aufenthaltshalle. Da aber der Fördergeber einen Bericht brauchte, tat ich im Bericht so, als wäre die Maschine bereits seit eingien Tagen erfolgreich im Betrieb. Tatsächlich arbeiteten wir aber noch daran, das überhaupt zu realisieren. Insgeheim spekulierte ich darauf, dass der zuständige Bearbeiter Herr Brose nun nicht unangemeldet auftauchen und den Betrieb einer Waschmaschine kontrollieren würde. Drei oder vier Monate später konnten wir dann tatsächlich die Waschmaschine in Betrieb nehmen und ich war sichtlich erleichtet. Wenn ich später Besuchergruppen bei mob e.V. / strassenfeger herumführte, stellte ich meinen Besucher_innen diesen Raum als den W. Brose Gedächtnis - Raum vor und erzählte die Geschichte von dem aufwändigen Förderantrag und die noch umständlichere Installation dieses Teils. Wirklich ein Paradestück für die Serie Pleiten, Pech und Pannen. Brüssel, 12.12.2010 - Stefan Schneider

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