Offener Brief
der BewohnerInnen und Projekte der Brunnenstrasse 183 an

den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit
den Innensenator Ehrhart Körting
den Polizeipräsidenten Dieter Glitsch

August 2007
Sehr geehrte Herren!
In der vergangenen Woche ist es in der Brunnenstrasse 183 zu einem Polizeieinsatz gegen die BewohnerInnen und Projekte des dort ansässigen Hausprojektes gekommen.

Sage und schreibe 600 Polizisten nahmen an dem Einsatz teil, bei dem die Beamten in sämtliche Räume des Projektes eindrangen, die Personalien aller Anwesenden feststellten und umfangreiche Video-Dokumentationen der Räume erstellten.

Das Projekt ist stadtweit als soziokultureller Ort bekannt, nicht zuletzt durch den es beheimatenden "Umsonstladen". Herr Wowereit, Sie haben dem Laden während des Wahlkampfes im vergangenen Spätsommer einen Besuch abgestattet und viel Glück im Kampf um den Erhalt des Projektes gewünscht. Der Bezirk Mitte mit den Fraktionen von SPD, Grünen und Die Linke hat dem Projekt die volle Unterstützung zugesagt. Was ist aus dieser Unterstützung geworden?

 Sie wissen, dass Herr Kronawitter das Haus gekauft hat, um das dort ansässige Hausprojekt zu zerstören. Kein Zufall, sondern geplantes Kalkül. Sie wissen, dass wir ein umfangreiches Konzept für Selbsthilfe und Selbstverwaltung hatten und kurz davor standen, Eigentümer des Hauses zu werden, als Kronawitter auf den Plan trat.
Nun sehen wir uns einer Flut von Klagen des Passauer Arztes ausgesetzt. In derzeit zwölf Verfahren wird festgestellt werden, dass wir gültige Mietverträge haben. Dass dies nicht unproblematisch verläuft, haben wir in mehreren Pressemitteilungen dargestellt. Die Gerichte streiten sich, wer zuständig ist. Kronawitter freilich kann es nicht schnell genug gehen. Wir haben ihm jedoch bereits im letzten Sommer die Identitäten der BewohnerInnen preisgegeben - damit es eben nicht zu einer solch entwürdigenden Aktion, wie sie am 1. August geschah, kommen sollte.

Dass die Berliner Polizei sich nun in absolut unverhältnismässiger Weise zum Handlanger der Interessen des Eigentümers macht, ist ein Skandal. Sie treibt damit offensiv die Kriminalisierung weiterer Personen, schlimmer noch die Stigmatisierung vieler ohnehin sozial schwacher BewohnerInnen voran. Ein noch größerer Skandal - das haben die Medien in der vergangenen Woche deutlich aufgezeigt - ist die martialische Art in der das alles geschah: ein harter Eingriff in die Privatsphäre der BewohnerInnen.

Wir fordern eine Aufklärung, wie es zu diesem Polizeieinsatz kommen konnte und wer dafür verantwortlich war. Der Einsatz muss Konsequenzen für die Verantwortlichen haben.

Eine solche Politik ist in hohem Maße unverantwortlich, unsozial und eskaliert den Konflikt.

Weiterhin fordern wir die Senats- und Bezirkspolitik auf, sich konstruktiv für den Erhalt des Hausprojektes 'Brunnenstrasse 183' und eine Lösung des Konfliktes einzusetzen.

(Erst-)UnterstützerInnen:

Komitee für Grundrechte und Demokratie, Frank Bertermann (BVV/Grüne
Berlin-Mitte), Stephan v. Dassel (BVV/Grüne Berlin-Mitte), Michael
Greiner, Cornelia Merz, Benedikt Lux (MdA, Grüne), Thor Alexander Dahn
(Grüne Berlin-Mitte), solar e.V.
 
Auch ich unterstütze diesen Offenen Brief!
Stefan Schneider, Berlin 28.08.2007 

Solidarische Hinweise

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