Kriechgang. Im Sommer des Jahres 2011 habe ich insgesamt 7 Wochen auf deutlich weniger als 8 Quadratmetern gelebt. Wie ich auf diese Zahl komme? Nun, mein Segelboot ist 6,5 Meter lang und an der breitesten Stelle gerade 2,5 Meter breit. Doch lange nicht das gesamte Boot ist uneingeschränkt nutzbar. Vorne in der Bootspitze und nur mit Mühe erreichbar werden die Segel gelagert und ist die Batterie montiert. Und hinten im Achterschiff sind die Tanks für den Aussenbordmotor, der Werkzeugkasten, ein Eimer sowie Anker und Leine deponiert. Auch die Duchten unter Deck sind nicht wirklich Wohnraum – sondern Lagerstätte für Taue, Schwimmwesten, Kleidung, Lebensmittel. Die Kajüte hat gerade mal Sitzhöhe, und alle Arbeiten darin sind irgendwie liegend, hockend oder kriechend zu erledigen. Und dennoch ist genug Platz für zwei ausreichend breite und lange Schlafmöglichkeiten, einen kleinen Schrank, einer zweiflammigen Kochgelegenheit, dazu eine Musikanlage mit Radio und mp3-Player sowie Bordstrom für Laptop und LED-Beleuchtung – kurzum, der ganze Komfort. Mit diesem Boot kann ich hervorragend auf den Binnenrevieren unterwegs sein und mache von dieser Möglichkeit auch exzessiv Gebrauch. Wasserwandern heißt diese Sportart, und die Möglichkeiten, mit einem kompletten Haushalt mobil unterwegs zu sein, wiegt so manche Unannehmlichkeit auf.
Kompromisse. Mit einer Freundin habe ich mal überlegt, Urlaub in den USA zu machen. Weil es dort viele tolle Musikgruppen gibt, die nur selten nach Europa kommen, Die Idee wäre, dort einen Wohnwagen zu organisieren und von Stadt zu Stadt und Konzert zu Konzert zu fahren. Irgendwo in der Pampa in Ruhe zu übernachten, morgens nach einem starken Kaffee loszufahren, unterwegs einen Frühstücksstop einlegen, in der nächsten Stadt anzukommen, Einkaufen, Stadtbesichtigung, Essen gehen, Konzert, und dann in Ruhe nachts den nächsten Schlafplatz anzusteuern. Quasi eine Urlaubstournee. Noch haben wir das nicht gemacht, und meine Freunde schaute auch skeptisch, als ich ihr das Vorschlug. Wahrscheinlich ahnt sie, was auf sie zukommt und dass ich als Musikenthusiast jeden Tag hunderte von Meilen fahren würde, nur um in irgendeinem lausigem Nest in irgendeiner Spekunke irgendein Konzert irgendeiner Band zu erleben ... Ich rieche schon die Frage: Und was war daran jetzt so besonders?
Klar ist, das wir für so einen Plan mit Sicherheit eine gute Versicherung brauchen werden, denn wir werden an Orten unterwegs sein, an denen das Wohnmobil nicht immer sicher sein wird. Das Wohnmobil sollte gut versichert sein. Vor allem, wenn wir spät abend noch unterwegs sind. Um meine Freundin von diesem Plan zu überzeugen, werde ich das eine oder andere Zugeständnis machen müssen. Jeden dritten Tag Wellness, Strand, Sonnenstudio oder Kino. Oder einfach nur im Wohnmobil vor der Glotze hängen....
Komfort. Wie auch immer: Es ist dieses einzigartige Gefühl der Freiheit, der Unabhängigkeit und Flexbilität, das Menschen wie mich dazu motiviert, mit mobilen Vehikeln längere Zeit unterwegs zu sein. Und auf Wohnmobilen, habe ich mir sagen lassen, ist der Komfort deutlich höher als auf meinem kleinen Segelboot.
Berlin, 06.03.2011, Stefan Schneider
Abbildung: http://boondocking.files.wordpress.com/2011/06/camper-bike.jpg
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