Mondkalb, so klärt ein kurzer Blick in Wkipedia auf, ist eine alte, historische Bezeichnung für fehlgebildete Kälber auf dem 16. Jahrhundert. Mißgeburten, um es noch deutlicher zu sagen. Und es spricht für eine ganze Menge von Selbstbewußtsein, wenn eine Zeitung von Behinderten, die Behinderung auch zum Thema hat und sich an alle richtet, diesen Namen trägt. Dass Behinderung aber kein rein geburtsmäßiges Schicksal ist, sondern vielfach gesellschaftlich hergestellt und zementiert wird, verrät der Untertitel. Zeitschrift für Organisiertes Gebrechen. Die Assoziation mit Al Capone, der Mafia, Yakuza und anderen Spielarten subversiven Handelns, das im Allgemeinen mit dem Begriff Verbreches stigmatisiert wird, soll suggerieren: Hier sind Täter am Werk, keine Opfer. Dabei ist “mondkalb” ist eigentlich gar keine richtige Behindertenzeitung. Die Redakteure und Autoren sind zwar in der Mehrzahl behindert, die Leserschaft aber nicht.
Die Idee entstand Ende 2006 bei einem Seminar der Naturfreundejugend Berlin zum Thema Behinderung. Mondkalb - Zeitschrift für das Organisierte Gebrechen wurde dann 2007 in Berlin gegründet und erscheint seitdem unregelmäßig. Thematisch geht es um Behinderung und Randständigkeit. Es wird jedoch kein Betroffenheitsjournalismus geliefert, sondern die Artikel kommen meist humorvoll und sarkastisch daher. Es sollte eine Zeitung sein, die in der Öffentlichkeit kostenlos ausliegt - in Kneipen und Cafés, in Bibliotheken und Volkshochschulen und so weiter. Und hier wird es für die Verkäufer_innen von Strassenzeitungen interessant. Im Impressum ist ausdrücklich festgehalten:
Die Zeitung liegt kostenlos zum Mitnehmen aus. Im Strassenverkauf kostet sie allerdings 1 Euro. Davon geht 1 Euro an den Verkäufer.
Exemplare können bei vorheriger telefonischer Absprache bei der Redaktion abgeholt werden. Das bedeutet, im Klartext dass im Gegensatz zu anderen Strassenzeitungen, bei denen ein großer Teil des Preises an die Redaktion bzw. an den Zeitungsverlag abgegeben werden muss, das Mondkalb hundertprozentigen Gewinn verspricht. Damit ist das Mondkalb eine echte Alternative für alle, die mit den bestehenden Strassenzeitungen unzufrieden sind und keine Gängelung was die Preisgestaltung und die Verkaufsregeln (Standplatzzwang, Drogenverbot, Kontrolle und Gängelung) anbetrifft, haben wollen. Das einzige, was investiert werden muss, ist der Kontakt zur Redaktion in Berlin. Die Daten sind hier zu finden.
bewegung.taz.de/organisationen/mondkalb
Mondkalb - A Journal for Organized Affliction
mondkalb isn’t really a magazine for people with disabilities. Although the majority of its editors and authors are disabled, most of its readers aren’t. The concept for the magazine came about in late 2006 during a Youth for Nature seminar on disability. The idea was to produce a free magazine that would be distributed for free to cafés and bars, libraries and adult education centers, clubs, social and political project groups, in areas for the disabled in public buildings, and so on. One important stipulation was that the articles wouldn’t be targeted at insiders only - in other words, only to readers with disabilities or their families. The aim was to catch the interest of regular club goers, who should fish it out of the magazine racks and have something enjoyable to read while sitting with their beer. The point was to highlight the entertainment value of disability – not only with sarcastic and bristly articles, which “mondkalb” of course offers, but also with some more serious and generally informative pieces. Disability is presented here in a cultural and political context and not as a marginalized interest group.