Das Blau der Notre-Dame-de-Chartres - Chartres ist eine kleine Stadt südwestlich von Paris - sei ein ganz besonderes Blau. Nirgendwoanders auf der Welt gäbe es dieses Blau, so heisst es. In diesem Jahr 2009 hatte ich die Gelegenheit, die Kathedrale mit ihren legendären Glasmalereien zu besichtigen und war zunächst masslos enttäuscht. Warum? Nun, ich hatte - gerade  an diesem wolkenfreien, sonnigen Tag - eine Kathedrale aus Licht erwartet, flutende Strahlen, ein Kaleidoskop farbiger Sinnlichkeit. Statt dessen empfing mich ein mehr oder weniger dunkles Gebäude. Und auch die wenigen lichteren, vor kurzem im Rahmen eines UNESCO-Programms gereinigten Scheiben aus dem 12. und 13. Jahrhundert waren lange nicht so hell und strahlend., dass sie mich spontan beeindrucken konnten. Enttäuscht drehte ich ab, beschäftigte mich ausserhalb der Kirche mit den Prinzipien ihrer Architektur und nahm an einer Führung der Krypta teil und erfuhr einiges über die Geschichte dieses Ortes. Aber ehrlich gesagt fühlte ich mich betrogen. Wo war es, dieses sagenhafte Blau von Chartres?

Zurück in der Kirche studierte ich die Literatur im Museumsladen und wurde aufmerksam auf einige Details. Nochmals machte ich mich auf den Weg durch die Kirche, diesmal suchend nach einigen prägnanten Motiven, die ich  nun noch unbedingt im Original sehen wollte. Und das war ein mühseliges Unterfangen, denn plötzlich schien es mir, als sei die Kirche nur gebaut worden, um möglichst viele Fenster mit unendlich vielen Szenen präsentieren zu können. Und dann begriff ich, dass dieses Blau der Notre-Dame-de-Chartres ein ikonographisches Programm war. Eine öffentliche Enzyklopädie des Glaubenswissens der damaligen Zeit. Ein Bildungsprojekt für die damals mehrheitlich analphabetische Gesellschaft. Eine Volksbibliothek der Geschichte und Gegenwart. Ein Blick in das Wesen und Selbstverständnis des damaligen Mittelalters.

Genau dieses Bildsegment aus der Notre-Dame-de-Chartres, welches die Geburt Jesu zu Bethlehem zeigt, habe ich diesmal als Weihnachtsgruss ausgewählt, weil damit für mich die Botschaft verbunden ist, dass es wichtig ist, Spuren zu folgen, aber auch, diese kritisch zu lesen und geduldig zu sein, wenn sich deren Bedeutung nicht sofort erschliesst.

Nicht umsonst ist Blau, das wissen wir seit der französischen Revolution, die Farbe der Brüderlich-, heute sagen wir: Geschwisterlichkeit. Und in diesem Sinne ist das Blau der Notre-Dame-de-Chartres ein frühes Projekt der Aufklärung: Was wir über uns und unsere Geschichte wissen, ist und wird öffentlich und für alle sichtbar gemacht. Die Architektur hat die Aufgabe, dieses zu ermöglichen. Vor diesen Motiven sind wir - im Bemühen um eine Ausdeutung - gleich. Es gibt potentiell kein oben, kein unten mehr, sondern die Möglichkeit, sich als Gleiche um ein Verstehen und Erörtern zu bemühen.

In diesem Sinne wünsche ich allen BesucherInnen meiner Seiten ein Frohes Weihnachtsfest 2009 und einen guten Start in das Jahr 2010.

Berlin, am 24.12.2009,
Stefan Schneider

 

I'D Miilad Said ous Sana Saida
Shenoraavor Nor Dari yev Pari Gaghand
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