Abgebranntes Autowrack - Quelle: Wikipedia 2.500 Euro für Fahrräder und Fahrkarten?

Eine Pankower Initiative für eine sozialgerechte und umweltfreundliche Abwrackprämie!

Der Bezirk Pankow setzt sich auf Initiative von Bündnis 90 Die Grünen jetzt dafür ein, dass die Abwrackprämie auch an Bezieher von Hartz IV-Leistungen gezahlt werden soll, und auch dann, wenn in andere Formen der Mobilität – und nicht nur in ein neues Auto - investiert wird.

Für die einen ist es ein Modell zum Ankurbeln der Wirtschaft, für die anderen eine Belohnung für ökologisches Verhalten: Die sogenannte Umwelt- oder Abwrack- bzw. Verschrottungsprämie in Höhe von 2.500 Euro. Dieser Betrag wird auf Antrag vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gezahlt, sofern ein alter Pkw mindestens neun Jahre vor der Verschrottung erstmals zugelassen worden ist, mindestens ein Jahr auf den Halter zugelassen war und gleichzeitig ein Neuwagen oder Jahreswagen erworben wird. Der Neuwagen muss zudem noch mindestens der Abgasnorm Euro 4 entsprechen. Diese Abwrackprämie ist kein zu versteuerndes Einkommen, wird allerdings auf Sozialleistungen des zweiten Sozialgesetzbuches (Hartz IV) als Einkommen angerechnet. Soweit die gegenwärtige Gesetzeslage.

Nun ist in der Tat richtig, dass kaum ein Hartz-IV-Bezieher Auto fährt, weil es sich schlichtweg kaum finanzieren lässt, aber gelegentlich kommt es doch vor. Erinnert sei an Menschen, die erst vor kurzer Zeit arbeitslos geworden sind, bereits nach einem halben Jahr Hartz IV beziehen und noch ein Auto fahren. Oder die sogenannten Aufstocker, die zwar einen Arbeitsvertrag haben, aber so wenig verdienen, dass sie auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind. Hierbei handelt es sich häufig um Berufsgruppen im Wach- und Sicherheitsdienst oder im Transportwesen, wo ein eigenes Automobil häufig erforderlich ist. Aber auch bei großen Bedarfsgemeinschaften ist es unter Umständen sinnvoll, ein eigenes Auto zu fahren. Zwar ist der Betrieb eines Autos bei einem Leistungssatz von 351 Euro letztlich ein Vabanquespiel, weil an anderer Stelle drastisch gespart werden muss, aber auf der anderen Seite ist es ein wichtiger Freiheitsgrundsatz, über die Verwendung seines Geldes selbst entscheiden zu dürfen.

Kann sich ein SGB II – Leistungsbezieher überhaupt einen (neuen) Pkw leisten? Auch die Antwort auf diese Frage ist eindeutig ja. Jedem Leistungsbezieher steht ein sogenanntes Schonvermögen zu, das je nach Lebensalter ansteigend ist. Die Verbindung der Abwrackprämie mit diesem Schonvermögen macht die Anschaffung eines Pkws also möglich.

Aber ist es wirklich sinnvoll, ein altes Auto durch ein neues zu ersetzen? Aus diesem Gründen ist es nahe liegend zu fordern, dass eine Abwrackprämie auch dann gezahlt wird, wenn das Auto durch andere Formen der Mobilität ersetzt wird. Statt eines neuen Autos könnten ein oder mehrere Fahrräder angeschafft werden. Weiterhin könnten auch Lastenfahrräder oder Fahrradanhänger für Transporte eingesetzt werden. Auch Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und der Bahn könnten genutzt werden. Und selbst die Beteiligung an Car-Sharing-Modellen wäre ein Beitrag zur Verbesserung der Umweltbilanz unserer Mobilität. Es gäbe also viele Möglichkeiten, die Abwrackprämie für eine umweltverträgliche Mobilität einzusetzen.

Die Linkspartei in Pankow hat zur 22. Tagung der Bezirksverordnetenversammlung in Pankow einen Antrag eingebracht, in der das Bezirksamt aufgefordert wird, sich beim Land Berlin dafür einzusetzen, eine Bundesratsinitiative auszulösen, demzufolge die Abwrackprämie auch an Bezieher von Transferleistungen ausgezahlt werden soll. Die Fraktion von Bündnis 90 Die Grünen hat diesen Antrag unterstützt und ergänzt um die Forderung, dass die Abwrackprämie auch dann ausgezahlt werden soll, wenn kein neues Auto angeschafft wird.

Obwohl nicht unbedingt damit zu rechnen war, hat die Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin auf der Fortsetzung ihrer 22. Tagung am 18.03.2009 diesen Antrag mit der laufenden Nummer VI-0676 mehrheitlich beschlossen. Jetzt ist es die Aufgabe des Bezirksamtes und allen voran des Bezirksbürgermeisters Matthias Köhne (SPD), sich für diese Initiative beim Land Berlin einzusetzen:

Das Bezirksamt wird beauftragt, sich unverzüglich beim Senat von Berlin dafür einzusetzen, dass das Land Berlin eine Bundesratsinitiative auslöst, die dazu beiträgt, die diskriminierende Regelung, die Abwrackprämie beim Bezug von Transferleistungen als Einkommen anzurechnen, abzuschaffen.
Die Abwrackprämie soll auch dann ausgezahlt werden, wenn kein neues Auto angeschafft wird.

Auch wenn nicht unbedingt zu erwarten ist, dass diese Initiative einen Erfolg hat, ist dieser Beschluss doch eine wichtige Beitrag in der Debatte um eine sozialgerechte und umweltfreundliche Mobilität.  

Stefan Schneider
Sozialpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90 Die Grünen in Pankow

PS: Siehe auch http://www.klima-der-gerechtigkeit.de/abwrackpraemie-fuer-fahrraeder/


Vorgeschichte

Guten Tag,

zur 22. ordentlichen Tagung der BVV Pankow am 04.03.2009 hat die Linksfraktion einen Antrag "Abwrackprämie auch für Bezieher von Transferleistungen" gestellt:

"Das BA wird beauftragt, sich unverzüglich beim Senat von Berlin dafür einzusetzen, dass das Land eine Bundesratsinitiative auslöst, die dazu beiträgt, die diskriminierende Regelung, die Abwrackprämie beim Bezug von Transferleistungen als Einkommen anzurechnen, abschafft.

Begründung: 

Es darf nicht zugelassen werden, dass Menschen, die Transferleistungen beziehen, im Zusammenhang mit der Nutzung der Abwrackprämie als Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Einer weiteren Entsolidarisierung der Gesellschaft ist entgegenzuwirken."

So sehr diese Initiative auch zu begrüßen ist, so sehr fehlt hier der Gedanke der Nachhaltigkeit. Deshalb haben wir einen Änderungsantrag gestellt, um den Antrag um folgenden Satz zu ergänzen:

Die Abwrackprämie soll auch dann ausgezahlt werden, wenn kein neues Auto angeschafft wird.
Berlin, den 04.03.2009
Einreicher: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
gez. BV Stefanie Remlinger, BV Peter Brenn, BV Dr. Stefan Schneider, BV Mathias Kraatz
Begründung:
Neben der Abschaffung der diskriminierenden Regelung gegenüber Beziehern von Transferleistungen sollte der ökologische Aspekt der Mobilität, der durch das Abwracken von alten Autos erreicht werden kann, deutlicher gefördert werden: Fahrten mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Bedauerlicherweise hat die BVV es nicht mehr geschafft, auf der Sitzung am 04.03.2009 diesen Antrag zu behandeln, sodaß ein Ergebnis erst auf der Fortsetzungstagung der BVV erzielt werden kann.

Berlin, 05.03.2009,

Stefan Schneider

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