Auf der Fortsetzung der 17. Tagung der BVV Pankow am 10.09.2008 stand die Drucksache V-1287 - Fortschreibung zur Behindertenkonzeption auf der Tagesordnung. In Vertretung für die Kollegin Ute Schnur hielt ich zu diesem Tagesordnungspunkt folgende Rede:


Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren,

eigentlich hat die geschätzte Kollegin Ute Schnur zu diesem Tagesordnungspunkt sprechen wollen - und sie hätte es auch getan, wenn wir diesen Punkt noch auf der letzten, 17. Tagung der BVV am09. Juli 2008 behandelt hätten. Jetzt ist sie in Urlaub, und es ist mir eine Ehre, sie vertreten zu dürfen. Frau Schnur wollte auf folgende 5 Punkte aufmerksam machen, die nicht nur ich, sondern auch die Fraktion von Bündnis 90 Die Grünen inhaltlich voll teilen:

  1. Erfreulich ist, dass das Bezirksamt wieder unaufgefordert diese Fortschreibung jetzt vorlegt. Die vorliegende Fassung lehnt sich an die Leitlinien an und beantwortet jeden einzelnen Unterpunkt - das ist sehr erfreulich. Positiv an dieser Stelle ist auch zu erwähnen, daß das Thema der Behindertenpolitik in dieser Legislaturperiode einen höheren Stellenwert hat als noch in der Legislaturperiode zuvor, was beispielsweise daran zu erkennen ist, das der Bürgermeister, bei dem ja der Behindertenbeauftragte fachlich angesiedelt ist, bei den bisherigen Beratungen im Ausschuß für Gesundheit, Arbeit und Soziales bislang immer persönlich anwesend war, wenn dieses Thema auf der Tagesordnung stand. Dies ist durchaus keine Selbstverständlichkeit.
  2. Wieder ist es auffällig, dass Behinderung fast durchgängig nur aus dem Blickwinkel eines Rollstuhlfahrers gesehen wird. Bis auf wenige Ausnahmen werden alle anderen Einschränkungen und Sinnesbehinderungen vernachlässigt (z.B. Hör- und Sehbehinderte, geistig Behinderte, psychisch Kranke usw). Wir hatten bereits auf der letzten Sitzung des Ausschusses für Gesundheit, Arbeit und Soziales darüber gesprochen. Die Aufgabe, einen möglichst vollständigen Begriff von Behinderung zu entwickeln und in Bezug darauf Chancen für eine umfassenden Teilhabe zu eröffnen, sollte vom Bezirk in den nächsten Monaten und Jahren verstärkt in Angriff genommen werden. 
  3. Ein deutlicher Mangel dieser Fortschreibung der Behindertenkonzeption besteht darin, dass der Bereich Kultur in der Fortschreibung nicht vorkommt. Das ist vielleicht auch ein Mangel der Leitlinien des Behindertenbeirates. Auf jeden Fall regen wir an, uns mit dieser Dimension in Zukunft zu beschäftigen, denn Kultur ist ja ein sehr breiter  Themenbereich - vom Museumsverbund über die Musikhochschule bis hin zu den Bibliotheken. Ich möchte an dieser Stelle nicht darüber spekulieren, was konkret Frau Schnur in diesem Zusammengang für Vorstellungen hat, wenn sie das Thema Kultur anspricht,  ich möchte aber anregen, daß insbesondere der Kulturausschuß zu diesem Komplex das Gespräch mit dem Behindertenbeirat und mit dem Behindertenbeauftragen sucht.
  4. Eines jedoch sollte auf jeden Fall nicht geschehen: Dinge als barrierefrei zu deklarieren, die es nicht sind. Ein Beispiel dafür sind die Kassenautomaten auf dem Bezirksamtgelände. Sie wurden auf Initiative der Senatsverwaltung angeschafft und als barrierefrei deklariert, aber abgesehen davon sind sie es in der Praxis nicht. Sie sind weder für Sehbehinderte zu bedienen, noch von RollstuhlfahrerInnen zu unterfahren, also für diese beiden Personengruppen schon einmal völlig ungeeignet.  Auch nach Auffassung des Behindertenbeirates sollten diese Automaten deshalb schleunigst ausgetauscht werden.Auch das wurde bereits auf der letzten Sitzung des Ausschusses für Gesundheit, Arbeit und Soziales besprochen, ich habe den Bürgermeister so verstanden, daß er es als seine Aufgabe versteht, sich um diesen Sachverhalt zu kümmern.
  5. Und schließlich: An allen drei Standorten des Bezirkes (in der Breite Str. 24a-26 in Pankow, in der Fröbelstr. 17; in Prenzlauer Berg und in der Berliner Allee 252-260 in Weißensee) sollte mehr Barrierefreiheit im umfassenden Sinn geschaffen werden. In den  Standorten sollten auch endlich die schon lange geforderten Leitsysteme installiert werden. Die unvollkommenen Leitsysteme sind sicher auch eine Folge der anhaltenden Umzüge ganzer Abteilungen - auf der anderen Seite möchten wir ganz deutlich festhalten: Natürlich wissen wir, daß das Rathaus in den nächsten Jahren neu saniert wird in mehreren Bauabschnitten. Aber auch im Rathaus geht die Arbeit während der Bauarbeiten weiter und laufende Bauarbeiten können kein Grund sein, notwendige Maßnahmen zu Installation eines Barrierefreiheit verbessernden Leitsystems nunmehr endlich umzusetzen.

Dies sind aus unserer Sicht die zentralen Punkte. Weitere wichtige Aspekte sind ja auch in der Stellungnahme der Behindertenbeirates nachzulesen. Die Teilhabe von Behinderten in unserem Bezirk sollte weiter eine hohe Aufmerksamkeit genießen, es ist noch viel zu tun und es ist uns bewußt, daß wir es hier mit einer im Grunde nicht abschließbaren Aufgabe zu tun haben. Dennoch sollten wir zusehen, auch im kommenden Jahr bis zur nächsten Fortschreibung so viel als möglich zu erreichen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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