Ausflüge. Mein Übergang in eine wirtschaftlich unabhängige Existenz vollzog sich mehr oder weniger schleichend.Ich weiß noch, dass ich als 16jähriger Schüler in Erfahrung brachte, dass mir möglicherweise Schüler-BAföG zustehen könnte. Mein Vater verdiente als Schlosser zwar so viel, dass er uns alle gut über die Runden bringen konnte, aber doch nicht so viel, dass wir wohlhabend waren. Um in den Genuss der Leistungen zu bekommen, musste ich seine Verdienstbescheinigung einreichen und ein eigenes Konto bei der Postbank eröffnen. Ich meine, dass ich damals 160,00 DM monatlich an Ausbildungsförderung erhielt. Zusammen mit dem Taschengeld war ich für meine Begriffe von einen Tag auf den anderen unvorstellbar reich – was sich in zahlreichen Fahrten zu irgendwelchen Jugendtreffen und -tagungen ausdrückte. Ich war praktisch jedes Wochende unterwegs.
Nachtleben. Mit diesem Reichtum war es vorbei, als ich mit dem Studieren begann und auch von zu Hause auszog. Plötzlich kam die Miete dazu und die jährliche Umlage für Briketts und Eierkohlen, dazu die anteiligen Kosten für Strom, Gas und Telefon. Und auch in die Haushaltskasse, die alle Positionen außer Alkohol und Zigaretten einschloss, wollte wöchentlich aufgefüllt werden. Natürlich sahen wir uns um, wo wir Studentenrabatte bekommen konnten. Zwar konnte ich dann Studenten-BAföG (nun ja, als Darlehen) beziehen, aber der Betrag war eher knapp bemessen und es war schon sinnvoll, den einen oder anderen Studentenjob anzunehmen, um finanziell keinen Stress zu haben. Auch war ich dankbar über jeden Gutscheinrabatt.eu. Von meinen Eltern wollte ich zu dieser Zeit kein Geld und auch sonst keine Unterstützung annehmen, das war eine Frage der Ehre und mehr noch des Stolzes. Insbesondere mit meiner Mutter hatte ich damals schwerwiegende Differenzen: Dieses Leben in einer Wohngemeinschaft, das eher schlampige Outfit und vor allem das intensive Nachtleben beurteilte sie eher skeptisch und nicht förderlich für meine Entwicklung.
Erfolg. Es war im Grunde diese Abgrenzung, dass ich es allein schaffen würde, die mich auch disziplinierte: Natürlich brachte ich mein Studium zu Ende, in zahlreichen Studentenjobs im Bau, bei der Deutschen Post, bei einer Kunsttransportspedition, bei einer Gartenbaufirma, bei einer Konservendosenproduktionsfabrik usw. lernte ich die Arbeitswelt kennen, und weil ich einfach sparsam lebte, konnte ich mit meinen Reisen nach Spanien, Frankreich, England, Nicaragua, Norwegen, Polen, Italien und in die Sowjetunion sogar einiges von der Welt kennen lernen. Zwar wusste ich am Ende meines Studium immer noch nicht, was ich beruflich machen wollte – das ergab sich dann später im Verlauf der Jahre – immerhin hatte ich aber ein Diplom in der Tasche. Ich weiss noch genau, dass ich mit der Urkunde in der Tasche vor lauter Verwirrung Diesel statt Benzin tankte, aber das ist eine andere Geschichte.
Berlin, 24.02.2012
Stefan Schneider
Abbildung: http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Der_Fleissige_Student.jpg
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Karriere. Musik ist ein Transportmittel für Emotionen. Allein schon, was in Deutschen Schlagern besungen wird: Hoffnungen, Sehnsüchte, Träume, aber auch Verletzungen, Enttäuschungen. Meistens geht es um Liebe, Beziehungen, aber nicht nur. Genauso vielfältig wie menschliche Gefühle sind die Musikrichtungen, die sich über Jahrhunderte hinweg in allen Teilen der Welt entwickelt haben. Und obwohl auch schon bei Johann Sebastian Bach in einigen Passagen eine gewisse Härte zu spüren ist, kommt doch erst im 20. Jahrhundert mit der elektrischen Verstärkung von Musik eine größere Aggressivität ins Spiel. Eine Musikband, die diese gesunde Härte kompromisslos vorträgt, ist Motörhead. Von Kritikern anfangs belächelt, hat sie sich über Jahre und kontinuierliches Touren einen wachsenden Fankreis und inzwischen auch Respekt bei den Kritikern erspielt. Der führende Kopf dieser Band ist Ian Fraser Kilmister, der von allen nur Lemmy genannt wird. Dieser Spitzname kommt einer Legende nach deshalb zu Stande, weil er in seiner Zeit als Roadie chronisch knapp bei Kasse war und seine Kollegen mit den Worten „Can you lem’me five?“ oder „Lemme a fiver“ („Kannste mir ’nen Fünfer leihen?“) um etwas Geld anpumpte. Der Rest ist Geschichte, heute ist Lemmy ein Rockidol und muss sich um Geld keine Sorgen mehr machen.
Entscheidungen. Wenn ich heute Geld bräuchte, würde ich nicht unbedingt meine Freunde fragen: Habt Ihr mal fünf (Riesen) für mich? Es ist naheliegend, seriöse Kreditinstitute aufzusuchen. Nur, welches Kreditinstitut ist seriös? Glücklicherweise gibt es jetzt ein Portal http://www.guenstigekredite.org/baw-konditionen.html, mit dem es möglich ist, Kreditkonditionen zu vergleichen. So kann ich mir einen Überblick verschaffen, welche Firma welchen Kredit zu welchen Konditionen anbietet und so in Ruhe eine begründete Entscheidung treffen.
Energie. Dabei sollte die Bedeutung von Geld nicht überschätzt werden. Ein guter Freund sagte mal: Geld ist nichts weiter als eine Form von gespeicherter Energie. Ich denke, er hat damit nicht unrecht. Die im Betrag von 100 € gespeicherte Energie ist beliebig einsetzbar: Für Bier genauso wie für Werkzeuge, für eine Fahrkarte genauso wie für ein Geschenk, fast nichts, was für Geld nicht käuflich wäre. Wenn ich also für wirklich wichtige größere Projekte zusätzliche Energie benötigte, würde ich tatsächlich überlegen, mir Geld zu leihen.
Warschau, 15.02.2012,
Stefan Schneider
Abbildung: http://en.wikipedia.org/wiki/File:Lemmy-04.jpg
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Farben. Als ich im Alter von 19 Jahren von zu Hause auszog, nahm ich auch den Stapel Schiesser Unterwäsche mit. Dieser Stapel war im Verlauf der Jahre gleichsam als Serviceleistung vom Hotel Mama entstanden. Aus eigenem Antrieb habe ich selbst sicher nichts angeschafft, da ich das sauer verdiente Taschengeld für alles mögliche, aber sicher nicht für Unterwäsche ausgab. Der übliche Verschleiß wurde regelmäßig zu Weihnachten ausgeglichen, deshalb blieb der Bestand über die Jahre hinweg mehr oder weniger konstant. Das einige, was ich änderte, war, dass ich die Unterwäsche nicht mehr bügelte. Aber das wahr eher Faulheit als alles andere. Irgendwann in den späten 80er Jahre ist in die Kochwäsche ein rotes T-Shirt hineingeraten, was dazu führte, dass mein gesamter Bestand an Unterwäsche über Jahre hinweg rosa war – ich brauchte Jahre, bis das Phänomen entsprechend dem oben genannten Mechanismus der Erneuerung vollends verschwunden war.
Impulse. Alles änderte sich, als A. in mein Leben trat. A. ist, wie es sich für eine dynamische Frau von heute gehört, sehr stilbewußt und machte mir mehr oder weniger direkt deutlich, dass sie mich mit dieser Unterwäsche nicht mehr sehen wollte. Seit dem fahre ich zweigleisig und habe neben der bewährten Feinrippunterwäsche auch richtig modische Sachen. Aber auch die müssen erneuert werden in regelmäßigen Abständen. Deshalb ist es gut, dass es jetzt im Internet Shops gibt gibt, wo ich nach der neuesten Mode Ausschau halten kann. Zum Glück habe ich mit A. nur so eine Art Fernbeziehung, so dass ich die alten Bestände auch noch weiter nutzen kann. Meine Mutter ist inzwischen auch in die Jahre gekommen, und jetzt ist es so, dass nicht mehr sie für mich, sondern eher ich für Sie einkaufe, weil es ihr doch zunehmend schwerer fällt, aus dem Haus zu gehen. Überhaupt ist es im fortgeschrittenen Alter auch für mich immer wichtiger geworden, gepflegt auszusehen. Ich kaufe Oberhemden und Jacketts, gehe regelmäßig zum Friseur, rasiere mich weitaus häufiger als früher, lasse mir regelmäßig mit Wachs die Haare aus den Ohren entfernen, creme meine Haut ein, habe eine kleine Auswahl an Parfums und so weiter. Aber begonnen hat diese Erkenntnis mit der Aufforderung, mir doch mal schicke modische Unterwäsche zuzulegen.
Warschau, 14.02.2012
Stefan Schneider
PS: Was Lingerie ist? Das alte Wort für Unterwäsche. Habe ich bis heute auch nicht gewußt.
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Kult. Zu den wohl eindrucksvollsten Exponaten des Berliner Museums für Vor- und Frühgeschichte gehört sicherlich der Berliner Goldhut. Er ist das am Besten erhaltene Exemplar einer Gruppe von vier ähnlichen Hüten, die in den vergangenen Jahrhunderten im süddeutschen Raum und in Frankreich gefunden wurden. Seine Entstehung wird auf den Zeitraum von 1.000 bis 500 vor unserer Zeitrechnung datiert. Ohne jeden Zweifel wird der oder die jeweilige Träger_in dieses Hutes eine herausragende Persönlichkeit gewesen sein. Was aber war die Bedeutung dieses Hutes? Die stereotype Antwort der Archäologie in solchen Fällen ist meistens, dass es sich um einen kultischen Gegenstand gehandelt hat, genauere Funktion: unbekannt.
Kalender. Bei näherer Betrachtung des Goldhelmes fällt sofort die systematische Abfolge der in den einzelnen Bändern angeordneten Ornamente auf. Es handelt sich hier um einen die Mond- und Sonnenzyklen abbildenden Kalender, der es möglich macht, wichtige Zeitpunkte eines Jahres, wie etwa den Beginn des Sommers und des Winters, genau abzulesen. Die Wissenschaft streitet nun darüber, ob dieser Hut das vorhandene Wissen lediglich repräsentieren soll oder ob dieser Hut tatsächlich als Kalender genutzt wurde. Für meine Begriffe gibt das verwendete Gold die Antwort. Die Hersteller wollten uns damit sagen: Dieser Hutkalender ist wertvoll und wichtig. Das, was wir hier festgehalten haben, soll Bestand haben und nicht verloren gehen. Eine bronzezeitliche Gesellschaft, die Ackerbau und Viehzucht betreibt, benötigt zwingend ein Instrumentarium zur Zeitmessung, um die richtigen Zeitpunkte für die Aussaat, das Bestellen der Felder, das Anlegen von Vorräten bestimmen und so etwas wie Planungssicherheit erreichen zu können. Der Hut repräsentiert die Erkenntnis, dass es abgesehen von temporären Schwankungen des Wetters eine Beständigkeit in den Zyklen gibt. Dass das dann ab und zu auch gefeiert wurde, erscheint naheliegend.
Kontaktgabe. Auch im digitalen Zeitalter sind die Menschen fasziniert von Gold und nutzen es, wie die Hersteller des Goldhutes, als Wertanlage. Inzwischen gibt es Portale, die darüber kompetente Informationen geben, einen Vergleich der besten Angebote ermöglichen und auch ein aktueller Goldpreis ist dargestellt. Bemerkenswert dabei ist, dass der Goldpreis in den letzten Jahren permanent und offenbar krisenbeständig im Steigen ist. Dennoch ist Gold nicht nur Wertanlage, es erfüllt, wie damals der bronzezeitliche Kalenderhut, wichtige alltagspraktische Funktionen auch im digitalen Zeitalter: In der Elektronikindustrie wird Gold vor allem aufgrund der guten Kontaktgabe, Korrosionsbeständigkeit und der guten Verarbeitbarkeit gerne verarbeitet, zum Beispiel in den Bonddrähten. Das sind die Verbindungsdrähtchen zwischen den Chips und den Anschlüssen Integrierter Schaltkreise. Ein Gramm lässt sich zu einem Bonddraht von mehr als drei Kilometern Länge ziehen. Ohne das Gold in meinem Computer also wäre dieser Beitrag niemals zu Stande gekommen.
Warschau, 14.02.2012, Stefan Schneider
Abbildung: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Berliner_Goldhut_detail.jpg
Grafik: http://www.gold.de/tools/chart/b/goldkurs_10jahre_euro.jpg
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Inspiration. Gerade Menschen, die in irgendeiner Form kreativ arbeiten, brauchen öfter mal eine neue Umgebung. Das hat etwas mit der Struktur der Arbeit zu tun – jedes Werk ist ein ganz besonderes, erfordert eine ganze eigene intellektuelle Anstrengung. Und um das Besondere auch wirksam werden zu lassen, ist es ein beliebtes Mittel, bewusst und vorsätzlich andere Orte aufzusuchen. Da geht es zum einen darum, dem Trott des Alltags zu entkommen, den lieben Gewohnheiten, der gewollten oder in Kauf genommenen Prokrasitination, die sich darin äußert, morgens doch lange im Bett zu bleiben oder abends Freunde zu besuchen, und eben nicht am Werk zu arbeiten. Die Flucht an einen anderen Ort bietet den Vorteil, dass die neue, ungewohnte Umgebung anregend, ja durchaus euphorisierend wirken kann und so den Arbeitsprozess anregt. Und zum anderen ist es möglich, Fremde_r zu bleiben und sich zurückzuziehen und ungestört arbeiten zu können. Nicht immer klappt das, und es soll durchaus Kreative geben, die vor Ort zu Ort ziehen und sich jedes mal ärgern, dass sie dennoch nichts zu Stande gebracht haben. Ich war bisher an einigen Orten, um neue Erfahrungen zu sammeln und zugleich ein paar Projekte abzuarbeiten und habe damit überwiegend positive Erfahrungen gemacht. Es kommt eben auch auf die Fähigkeit an, Dinge so zu organisieren, dass sie auch Spaß machen.
Kleine Fluchten. Eine andere Möglichkeit ist, bewusst Ereignisse zu inszenieren. Eine Freundin von mir steuert auf dem 50sten Geburtstag zu und hat schon jetzt für diesen Termin eine Ferienwohnung an der Ostsee klargemacht. Das ist schön für sie aber auch ich freue mich schon, denn ich gehöre zu den Gästen und es wird sicher für alle eine tolle Zeit sein. Urlaub mit Freunden. Eine andere Freundin fährt regelmäßig meine einer mehr oder weniger stabilen Konstellation an Freunden nach Weihnachten für ein paar Tage weg, aber, soweit ich weiß, an jeweils welchselnde Orte. Auch sie mieten sich dann eine Ferienwohnung. Ich weiß das deswegen, weil bei diesen Gelegenheiten auch über mich geredet wird – so wird mir jedenfalls berichtet. Auf meinem ganz persönlichen Plan steht irgendwo die Notiz, dass ich eines Tages noch die Bakunin-Hütte besuchen und dort einige Zeit arbeiten möchte. Das ist zwar jetzt nicht ganz unbedingt eine Ferienwohnung, aber doch so etwas ähnliches.
Warschau, 09.02.2012
Stefan Schneider
Fotonachweis: http://www.syndikalismusforschung.info/bakuninhutte.htm
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