Ich schlafe gerne lange. Meistens ist es am Abend vorher spät geworden. Nicht das ich an Schlaflosigkeit leide, aber ich liebe die Einsamkeit der Nächte. Keine – oder fast keine – Anrufe, niemand – oder fast niemand - der oder die spontan noch vorbei kommt, keine Nachtpost und sonstige Störungen. Ich kann für mich sein, meinen Dingen nachgehen und das ist schön. Und das halte ich auch im Urlaub so.
Nun bin ich Segler, und wenn ich erst im Verlauf des Tages los fahre und mir weite Strecken vornehme, dann kommt früher oder später die Dunkelheit. Das ist soweit nicht schlimm und es gibt auf dem Wasser genug Leuchttürme und blinkende Tonnen, aber auch ich muss gesehen werden, das ist Vorschrift und unabhängig davon eine sinnvolle Verabredung. Grünes Licht an Steuerbord, rotes Licht an Backbord, nach hinten raus ein weißes Licht und, wenn ich unter Motor fahre, ein weißes Licht.
Nun war es so, dass mein erstes Boot gar keine Lichterführung hatte, ich musste nachrüsten. Als langjähriger Abonnent vom Palstek wusste ich, dass LED-Positionslampen der neueste Schrei waren und zwar vor allem wegen dem unschlagbar niedrigen Stromverbrauch und der langen Lebensdauer. Ich griff also tief in die Tasche und leistete mir Positionslampen von LOPO-Light – echte, nahezu unzerstörbare Qualitätsware.
Zeitgleich traf die Jahresabrechnung von meinem Stromanbieter ein und mir war sofort klar, dass ich auch hier etwas tun konnte. Ich hatte zufälligerweise gerade etwas mehr Geld, als ich brauchte und begann zu investieren: Flur, Küche, Bad, Wohnzimmer, Arbeitszimmer – alle wichtigen und häufig benutzten Lampen wurden Schlag auf Schlag durch Osram-LEDs ersetzt. Es war wie ein Rausch – für den Deckenfluter gab es LEDs, für die Schreibtischlampe, für die Nachttischlampe, für das Badezimmerschränken, das Licht auf und unter dem Hochbett, die Weihnachtsbaumbeleuchtung und weiteres mehr. Für alles gab es Lösungen. Natürlich kostete das ein Vermögen, aber da musste ich immer an meine Freundin denken, die für solche Fälle die Losung parat hatte: Ich bin zu arm, um mir billige Dinge zu leisten. Ja, diese Investitionen würden sich langfristig auszahlen. Und so kam es auch. Ein Jahr später bei der Jahresrechnung des Stromanbieters hatte ich ein Guthaben von über 200 Euro. Damit konnte ich fast schon eine Kurzreise unternehmen und im Folgejahr sanken die monatlichen Abschläge.
Und noch mehr. Die meisten Lampen werden die angegebene Betriebsdauer von 20.000, 30.000 oder sogar 50.000 Betriebsstuben zu meinen Lebzeiten nicht im Entferntesten erreicht haben. Wer immer also in hoffentlich ferner Zukunft mal meinen Haushalt auflösen wird, wird überall, wo es etwas zu Leuchten gibt, LEDs finden, die ihren Zenit noch lange nicht erreicht haben. Ob die Menschen, sich dann um meinen Nachlass kümmern, dieses auch zu schätzen wissen, ist eine ganz andere Frage.
Eigentlich, so könnte eins meinen, sollte sich diese Erkenntnis überall durchsetzt haben. Aber weit gefehlt. Da lernte ich doch vor gut zweieinhalb Jahren meine Traumfrau kennen und musste zu meiner Überraschung feststellen, dass es in ihrem Haushalt noch ziemlich viele konventionelle Glüh(heiz)birnen gibt. Ich meine, es lohnt eben nicht zu warten, bis diese musealen Schätzchen ihren Geist aufgeben, sondern ein Austausch kann sofort und unmittelbar vorgenommen werden. Naja, und ab und zu mal bringe ich ihr tatsächlich eine neue LED-Leuchte mit – statt eines Blumenstraußes. Romantisch ist es trotzdem.
Berlin, 17.10.2017,
Stefan Schneider
PS: Das obige Bild ist ein Aquarell aus dem Jahre 1838 in Joseph Mallord William Turner, der nicht umsonst als "Meister des Lichts" geschätzt und bewundert wird.
Abbildung: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/97/Joseph_Mallord_William_Turner_-_Flint_Castle.jpg