Oder: Über Sprachgrenzen hinweg Wissen generieren
[Übersetzungsprogramm: Review] Neulich hatte ich mich mit einem Abstract für eine Forschungskonferenz in Kopenhagen beworben. Der Beitrag musste in englischer Sprache eingereicht werden. Das war bisher recht umständlich. In deutscher Sprache vorformulieren, und dann das Ganze übersetzen. Entweder mit Zuhilfenahme eines Wörterbuches, oder mit einem Online-Übersetzungsprogramms. Auch letzteres war mühselig, da ich immer zwischen den Fenstern hin- und herklicken musste. Leider ist mein Englisch nicht so „fluent“, daß mir das leicht fiele. Deshalb schaue ich sicherheitshalber immer wieder nach. Nun gibt es mit Translationscklick eine echte Innovation. Ein Programm, dass einfach auf den Computer heruntergeladen werden kann – und für kleines Geld ist sogar die Vollversion erhältlich. Nun genügt ein Klick auf das Wort (wenn dabei die Alt-Taste gedrückt ist) und schon erscheint die Übersetzung. Für mich war das eine große Hilfe und ich hatte deutlich mehr Spaß an der Arbeit als sonst. Ein sehr schönes Übersetzungsprogramm. Den kleinen Haken an der Sache will ich nicht verschweigen: Bislang funktioniert dieses nützliche Tool nur bei Windows, Menschen, die Linux oder Apple benutzen, haben da noch nichts von. Aber ich bin zuversichtlich, dss die Entwickler auch daran arbeiten werden. Daher mein Fazit: 4,5 von 5 Sternen.
[Löschhölle] Ich weiß gar nicht mehr genau, wann und warum ich begann, mich bei Wikipedia als Autor zu registrieren. Es war wahrscheinlich so ähnlich wie mit Google. Dieses Portal tauchte eines Tages in meinem Leben auf und wurde immer wichtiger. Vermutlich habe ich mich über irgendetwas geärgert und wollte das ändern, oder aber ich habe etwas vermisst und wollte das ergänzen. Wie auch immer, schon bald nach meiner Anmeldung erstellte ich meinen ersten Beitrag und noch bälder sah ich, dass der gelöscht werden sollte. Das war für mich natürlich Alarmstufe rot und ich tat einiges dafür, den Artikel noch weiter auszubauen und außerdem jede Menge Argumente dafür zu finden, warum der Artikel auf jeden Fall zu behalten ist. Aber in dieser Angelegenheit half alles nichts, der Artikel wurde nach ein paar Tagen gelöscht und ich war – stinkend sauer. Diese leidvolle Erfahrung führte dann dazu, dass ich mich in den nächsten Jahren zu einem Spezialisten für die Löschhölle entwickelte und dort beinahe täglich arbeitete. Wenn schon mein erster Artikel gelöscht werden musste, wollte ich ab sofort alles dafür tun, dass wenigstens die Artikel der anderen nicht dieses Schicksal erleiden mussten. Denen, also den löschsüchtigen bornierten Wiki-Honks würde ich es zeigen! Und zwar allen! Und tatsächlich konnte ich einige halbwegs brauchbare Artikel durch ein paar ergänzende Informationen und gute Argumente retten. Einige Löschanträge, das muss ich leider zugeben, waren aber auch vollkommen berechtigt.
[Übersetzungshilfen] Ein neues Feld tat sich mir auf, als ich damit begann, mich für die Ortschaften der Heimat meiner Eltern im früheren Ostpreußen zu interessieren und dafür, sofern noch nicht vorhanden, Wiki-Artikel anzulegen: Braunswalde, Göttkendorf, Süssenthal, Glottau und so weiter. Plötzlich stellte ich fest, dass es ja noch Wikis in anderen Sprachen gibt und daß sich ein Blick in den – in diesem Fall polnischen – Artikel durchaus lohnen konnte. Zwar kann ich mich im Alltag leidlich in polnischer Sprache unterhalten, aber sobald es sich um speziellere Angelegenheiten handelt, geht es nicht ohne Wörterbuch und Übersetzungsprogramm. Das Problem in diesem konkreten Fall ist, daß im deutschen Artikel häufig brauchbare Informationen bis etwa 1945 angegeben sind (weil der Ort bis dahin deutsch war), und für die Zeit nach 1945 ist der polnische Artikel meistens aussagekräftiger (weil der südliche Teil von Ostpreußen ab 1945 zu Polen gehört). Immerhin ist es von Vorteil, dass seit einigen Jahren Wikipedia um eine Funktion erweitert wurde, welche die Existenz der entsprechenden Artikel in den anderen Sprachen, sofern vorhanden, anzeigt. Aber die Inhalte der unterschiedlichen Sprachausgaben wenigstens halbwegs zu vereinheitlichen, dass wird wohl eher eine Aufgabe für die nächste Generation sein. Eine gute Software könnte da maßgeblich helfen.
Berlin, 25.03.2016
Stefan Schneider
[Abbildung] TEAPOT - The Federal Services Incorporated (FSI) guards check passes for all vehicles entering or exiting the Nevada Test Site. 1956
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:NNSA-NSO-346.jpg