Grafik by Anni Roofl, Analogschule[Menschwerdung] Die Frage, was eigentlich den Menschen von allen übrigen Lebewesen unterscheidet, wird seit langer Zeit kontrovers diskutiert. Einer der originellen Ansätze ist die Idee, dass es die Arbeit ist, die das spezifisch Menschliche ausmacht und überhaupt erst den Menschen, so wie wir ihn heute kennen, hervorgebracht hat. Der Psychologe Leont'ev führt das Jäger-Treiber-Beispiel an: Arbeitsteilig zu Jagen bringt Vorteile. Um das leisten zu können, ist – so argumentiert er - Kommunikation erforderlich: Sprache und damit Bewusstsein entsteht, die Basisbestandteile, aus denen sich später Persönlichkeit formt.

[Schriftsätze] Viele Jahrtausende später entstand mit der Schrift die Möglichkeit, Kommunikation zu speichern. Wissen konnte damit – unabhängig von der einzelnen Person – irgendwo festgehalten werden – und ein anderer Mensch, vorausgesetzt, er war des Lesens mächtig, war  in der Lage, die gespeicherten Informationen abzurufen und für sich zu verwenden. Völlig unabhängig von Kontext des Autors. Wie mächtig diese Form des Austausches ist, ist bis heute an der Menge der gedruckten Bücher, der Vielzahl der Bibliotheken zu erkennen, aber auch im Alltag an den zahllosen Zeitungen, Zeitschriften, Flugblättern und Werbeprospekten, die überall angeboten werden. Und auch daran, dass viele Menschen, die schon lange tot sind, uns deshalb im Gedächtnis geblieben sind, weil sie etwas geschreiben haben.

[Schwingungen] Der menschliche Erfindungsdrang ging weiter und weiter, und es war der Italiener Guglielmo Marconi, dem im Jahr 1885 mit einem „Gerät zur Aufspürung und Registrierung elektrischer Schwingungen“ die erste Funkübertragung gelang. Das war der Auftakt für eine rasante Entwicklung: Funkgeräte auf Schiffen, die erste Rundfunkübertragung, Radiostationen, die Übertragung von Bildern in heimische Fernsehgeräte, Mobilfunkgeräte und so weiter. Inzwischen gehört wireless zum Standard, und in jedem Haushalt stehen eine ganze Fülle von Geräten, die drahtlose Signale empfangen und senden, und die Landschaft ist übersät von Sendemasten aller Art.

[Strahlen] Wir sind, gerade in Städten, umgeben von einer Fülle von Strahlungen aller Art. Gelegentlich kommt die Frage hoch, was diese Strahlungen mit uns machen, aber dann wird die Debatte wieder zur Seite gedrängt, weil jetzt auch der Kühlschrank im Internet ist und Milch bestellen kann und die Heizung per app hochgefahren wird, wenn der Smartphone-User in Kürze nach Hause kommen will. Ein Portal, das dieses Problem kritisch untersucht und den damit verbunden Fragen nachgeht, ist www.strahlenfit.de. Hier werden auch Hinweise bereitgehalten, wie man sich gegen Strahlen halbwegs schützen kann.

[Freiheit] Eine neue verheißungsvolle [Gegen-]Bewegung ist die des digitalen Fastens. Im Grunde keine gute Formulierung, weil mit Fasten immer die Vorstellung einer Einschränkung verbunden ist. Einfach mal das Handy und das Internet für ein paar Stunden oder sogar Tage zur Seite legen und analog sein. Für viele Menschen ist diese Idee unvorstellbar, für andere wiederum ein erster Schritt in eine kreative Freiheit jenseits der digitalen Sachzwänge. Weitgehend strahlungsfrei.

Berlin, 06.10.2014
Stefan Schneider

[Abbildung] http://media.tumblr.com/e3a1b03ef5da19854f7ff5768b4e72c0/tumblr_inline_n8mcd2FYUS1r1y92j.jpg

Grafik by Anni Roolf, Analogschule

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