[Knochen] Im Jahr 2008 war ich wieder einmal der Meinung, ich sei zu dick und müsse etwas dagegen tun. Zwei Jahre vorher hatte ich mit dem Rauchen aufgehört und durch den veränderten Stoffwechsel ohne das Nikotingift einige Kilo zugelegt. Meine Idee war, mit Joggen abzunehmen und so legte ich los – ohne richtige Turnschuhe und ohne vernünftiges Konzept: Aber es war ja geil, dieses Glücksgefühl, wenn der Körper nach erfolgter Anstrengung Hormone ausschüttet wie verrückt. Nach nur einer Woche nahm ich die 5km-Marke in Angriff, als ich plötzlich einen stechenden Schmerz in der Knöchelgegend spürte. Ich lief die Runde noch zu Ende und humpelte nach Hause. Irgendeine Sehnen- oder Muskelreizung, dachte ich. Leider wurde das die nächsten Tage nicht besser, obwohl ich den Knöchel ständig mit kaltem Leitungswasser kühlte.
[Krücken] Meine Hausärztin schickte mich zum Röntgen und das Ergebnis war, dass ich mir das Bein gebrochen hatte. Beim Joggen. Also Gips, Krücken, Krankschreibung und regelmäßige Spritzen zur Blutverdünnung. So bekam ich vom Gehen mit Krücken dicke Oberarme und habe dann doch ein paar Kilo abgenommen. Und ich war gut informiert, wo überall Aufzüge sind und welche davon funktionieren und wie schwer es ist, mit Krücken die hochstufigen Straßenbahnen zu erklimmen, die im Osten Berlins immer noch im Einsatz sind. Und der geplante Segelurlaub war natürlich auch gestorben.
[Beweglichkeit] Eines Tages wurde der Gips entfernt, der behandelnde Orthopäde murmelte noch etwas davon, dass es bis zu zwei Jahre dauern würde, bis das das Bein wieder vollständig geheilt sei und dass ich mich entsprechend vorsichtig zu bewegen hätte – vor allem in den ersten Monaten. Meine Hausärztin untersuchte mich auch nochmal und ich war ziemlich erschreckt, wie sehr der Fuß des gebrochenen Beins in seiner Beweglichkeit eingeschränkt war. „Kein Problem“, sagte sie nur, „das kriegen wir wieder hin, ich verschreibe Ihnen eine Ergotherapie.“
[Übungen] Der Ergotherapeut war klasse. Er wusste viel mehr über mein Bein und seine Muskeln, als ich selbst und ich hatte unterschiedliche Übungen zu absolvieren. Stehen auf einem Bein, verschiedene Streck- und Drehbewegungen und weiteres mehr. Ich bekam auch Übungen gezeigt, die ich bis zum nächsten Termin regelmässig zu wiederholen hatte. Langsam stellte ich die Beweglichkeit wieder her und mein Ergotherapeut zeigte mir auch die Stellen, an denen sich die Muskeln ausgebildet hatten.
[Ausbildung] Mein Beispiel zeigt, dass der Beruf eines Ergotherapeuten / einer Ergotherapeutin eine dankbare Sache ist. Zum einen wird es immer wieder Menschen geben, denen geholfen werden kann und die dann erfreut über die Erfolge sind. Zum anderen, weil es möglich ist, mit den Körper- und Bewegungskenntnissen weltweit zu arbeiten und die grundlegenden Sprachkenntnisse leicht lernbar sind. Am AFK Ausbildungszentrum, einer Schule für Ergotherapie, ist es möglich, eine solche dreijährige Ergotherapie-Ausbildung zu absolvieren. Die Schule hat eine WFOT (World Federation of Occupational Therapists) – Anerkennung, was bedeutet, dass hier ausgebildete Ergotherapeuten auch tatsächlich weltweit arbeiten können. Was im Jahrhundert der Globalisierung einen entscheidenden Vorteil darstellt. Und auch ich war nach der unfreiwilligen Zwangspause wieder viel unterwegs, so wie ich das gewohnt bin.
Berlin, 01.08.2014
Stefan Schneider
[Abbildung] junger Mensch beim Weitsprung. Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Schulsport_-_Weitsprung.jpg?uselang=de