[Selbstheilung] Gerade gestern, beim Griff in die Werkzeugkiste, erwische ich die Schnittseite der Japansäge und schneide mir in den Finger. Es tut sofort weh, wenig später fließt Blut. Keine große Sache, ähnliche Unfälle habe ich im Leben schon dutzendfach erlebt. Weil gerade kein Pflaster zur Hand ist, nehme ich ein sauberes Stück Taschentuch, drücke es eine Weile auf die Wunde und die Blutung stoppt. Heute, einen Tag später, ist die kleine Schnittstelle immer noch rot und schmerzt, aber das sollte spätestens übermorgen vorbei sein. Der Körper, das wissen wir, verfügt über enorme selbstheilende Kräfte und übersteht noch ganz andere Verletzungen.
[Hilfestellung] Allerdings sind manchmal Hilfen von Nöten. Als ich mir 2006 das Bein brach, gab es einen stechenden Schmerz, der Knöchel war sofort stark geschwollen und auch mehrfache Kühlung brachte keine Erfolge. Ein Gang zum Arzt und die angeordnete Röntgenaufnahme zeigten einen feinen Bruch und das Bein musste für mehrere Wochen in Gips und der Mann ging an Krücken, was seine Oberarme mächtig stärkte.
[Burn-Out] Nicht nur der Körper, auch die Psyche kann verletzt werden und erkranken. Die Parallelen sind erstaunlich. Kleinere Beschädigungen kann der Geist selbst verarbeiten, oftmals reicht ein langer Schlaf, ein Urlaub oder eine andere Erholung, um wieder die alten Kräfte herzustellen. Aber es gibt auch Erkrankungen, die wesentlich tiefgreifender sind. Dazu gehört das Burnout-Syndrom. Wie der Name schon andeutet, ist damit das Gefühl verbunden, ausgebrannt zu sein. Bei anderen äußert sich das in einer ständigen Müdigkeit, die nicht mehr verschwinden will.
[Therapie] Die Schwierigkeit besteht darin, dass es nicht einfach ist, ein Burnout-Symptom eindeutig zu erkennen, und es gibt auch nicht – wie etwa bei Kopfschmerzen – eine Standard-Tablette, die das wegmacht. Im Gegenteil, bisweilen ist es notwendig, nicht über Medikamente nachzudenken, sondern über eine Psychotherapie bei einem Psychotherapeuten oder einem Facharzt, der über eine zusätzliche Ausbildung in Psychologie verfügt. Die Seite von paradisi kann helfen, den richtigen Arzt zu finden.
[Kontexte] Es ist auch sinnvoll, sich über die Hintergründe Gedanken zu machen. Obwohl die Krankheitsursachen und -verläufe immer individuell und einzigartig sind, herrscht unter Experten weitgehend Einigkeit, dass die [kapitalistische] Leistungsgesellschaft mit ihren Überforderungsstrukturen eine Hauptursache für Burnout ist. Eine Gesellschaft hingegen, die auf Solidarität, gemeinsamer Leistung und geteilter Verantwortung beruht, dürfte die beste Prävention sein. Aber das ist schon ein anderes Thema.
Berlin, 22.04.2014
Stefan Schneider
[Abbildung] Distant tragedies - Phillip mourning the sinking of his model boat, New Brighton, Merseyside, 1959, Foto: Phillip Capper from Wellington, New Zealand, Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Distant_tragedies_-_Phillip_mourning_the_sinking_of_his_model_boat,_New_Brighton,_Merseyside,_1959_-_Flickr_-_PhillipC.jpg