[Anfänge] Bevor es Facebook gab, gab es etwas ähnliches, und das hieß Outlook. Wir alle sammelten email-Adressen und konnten uns gar nicht vorstellen, dass es möglich sein könnte, direkt im Internet miteinander zu kommunizieren. Eines Tages zählte ich über 1.200 berufliche Kontakte und fühlte mich gut vernetzt. Der Vorteil war zudem noch, dass es möglich war, seine Kontakte übersichtlich zu gruppieren, also in »Vereinsmitglieder«, »Mitarbeiter«, »Arbeitsgruppe« und so weiter und damit gezielt Leute per internem email-Verteiler anzusprechen. Das war schön. Der entscheidende Vorteil von Facebook war, diese Kontakte zu visualisieren. Visualisierungen gab es vorher bestenfalls auf den Visitenkarten und auf Webseiten als Firmen – Logo, aber nur selten war es möglich, den betreffenden »Kontakt« auch tatsächlich zu Gesicht zu bekommen. Mark Zuckerbergs Verdienst bestand darin, erfolgreich die Sphäre der Kontakte ins Internet zu übertragen und sichtbar gemacht zu haben. Das Web, das fortan Web 2.0 genannt wurde, ist, so lernten wir, dynamisch und wir können im Netz umfangreich interagieren. Ein Beispiel dafür sind die sog. »Likes« bei Facebook. Wer hier nicht von Zufällen abhängig sein möchte, kann heutzutage sogar Facebook Likes kaufen und so seine Popularität einfach vergrößern.
[Hype] Dieser »Ach, guck mal an!«-Effekt von Facebook trug maßgeblich zur Popularität dieses nunmehr »sozial« genannten Netzwerks bei (siehe dazu: Das halbwegs Soziale). Wie in einem Fotoalbum durchstöberte die Weltgesellschaft plötzlich das Netz auf der Suche nach ehemaligen Mitschüler_innen, Arbeitskolleg_innen, Freund_innen und Ex-Beziehungen. Ein Klick, und mensch hatte den Kontakt wieder hergestellt. So einfach war das. Erst im Verlauf einiger Jahre gelang es klugen Wissenschaftler_innen, sich mit einer sachlichen Analyse Gehör zu verschaffen. Sie untersuchten das Geschäftsmodell von Facebook und kamen auf den einfachen, wenig überraschenden aber doch viele erstaunenden Schluß, dass die User durch die Pflege ihrer Accounts mehr oder weniger unbezahlte Arbeit leisten, in dem sie durch Klicks Informationen zu Interessen und Vorlieben über sich Preis geben (siehe beispielsweise: Generation Facebook). Zuckerbergs Mega-Imperium kann diesen Rohstoff an Daten durch Maschinen weiter verarbeiten und an Firmen gewinnbringend verkaufen. Verkauft wird eine Prognose darüber, was wir in Zukunft kaufen, konsumieren, bestellen, mögen werden. Dumm für das Geschäftsmodell wäre nur, wenn wir statt dessen schenken, teilen, tauschen und gemeinsam nutzen würden. Aber das ist eine andere Debatte.
»Bezahlte Hände streicheln meinen Körper« (Klaus Lenuweit)
[Aufmerksamkeit] Eine andere Ware, die Im Internet gehandelt wird, ist Aufmerksamkeit. In den ersten Jahres des Internets gingen alle davon aus, dass es ausreichen würde, gute Inhalte ins Netz zu stellen und dann irgendwannmal gefunden zu werden. Mit dem Aufkommen von Google wurde deutlich, dass Suchmaschinen alles andere als nette Bibliographen sind, die einem freundlich erklären, was es alles gibt. Wer durchforstet schon alle 3.578.000 Treffer zu Käse. Nein, es kommt auf das Ranking an, darauf, auf der errechneten, ausgeworfenen Liste oben zu stehen. Nur das garantiert und generiert Aufmerksamkeit. Mit dem Aufkommen des interaktiven Web 2.0 haben sich die Werbestrategien nochmals geändert. Um den Wert einer Seite zu erhöhen, wird Zustimmung organisiert (Likes) und auch Facebook Fans kaufen ist kein Problem mehr.
[Glaubwürdigkeit] Damit sind wir bei einem Kernproblem des heutigen Internets, der Glaubwürdigkeit. Ermöglicht eine Seite eine tiefgehende, detailgenaue Analyse des Gegenstands, oder wird, wie so häufig, nur ein schöner Schein, eine Verpackung beworben in der Hoffnung, der möglicherweise unkritische Konsument würde nicht weiter nachfragen? Aber auch hier gibt es im Internet eine Reihe von Tools, in denen es möglich ist, Rückmeldungen und Bewertungen abzugeben. Coole Unternehmen haben damit keine Probleme. Sie bieten nicht nur ein Höchstmaß an Transparenz, sondern haben auch ein unzensiertes Feedback-Took implementiert. Und auch die Suchmaschinen werden in Kürze einen optionalen Glaubwürdigkeitsfilter anbieten. Jede Wette.
Berlin, 30.01.2013
Stefan Schneider
[Abbildung] File:Auguste Rodin - On s'y tue.jpg, Quelle: WikiCommons
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Auguste_Rodin_-_On_s%27y_tue.jpg