Ein Kuchen und seine Geschichte
Auf dem Weg an die polnische Ostseeküste kam ich im Sommer 2012 spät abends in Danzig an und wollte am nächsten Tag weiter nach Jastrzebia Gora. Eine Freundin vermittelte mir eine Unterkunft in Danzig. Ich sollte bei Olga wohnen. Olga brach aber selber gerade auf zu einer Reise und wir hatten die Chance, uns kurz am Bahnhof zu sehen. Da mein Bus aber Verspätung hatte, verpassten wir uns und ich machte mich allein auf den Weg zu ihrer Wohnung, vier Tramway-Stationen vom Hauptbahnhof entfernt. Ich hatte eine sehr geheimnisvolle Beschreibung. An einer bestimmten Stelle sollte ich einen schmalen Gang zwischen Haus und Garage gehen bis zu einer Tür. Im Treppenhaus sollte ich hoch gehen bis zu einer Tür, vor der ein großes Regal stand. Dort wäre die Wohnung. Den Schlüssel sollte ich im Stromzählerkasten finden. Das Regal fand ich wohl, aber im Stromzählerkasten war nichts. Ich wurde nervös. Ging noch einen Stock höher. Da war nur der Dachboden. Ständig ging das Licht im Treppenhaus aus. Ich tappte im Dunkeln. Zur Not würde ich Olga anrufen können. Aber vielleicht hatte sie das Handy ausgeschaltet? Dann könnte ich mich immer noch auf dem Dachboden schlafen legen. Keine gute Idee. Ich durchsuchte noch einmal den Stromzählerkasten. Wieder nichts. Ich wollte schon aufgeben. Aber dann dachte ich mir: Bisher hat alles funktioniert, dann muss der Schlüssel da auch irgendwo sein. Also untersuchte ich den Stromzählerkasten noch einmal ganz akribisch. Und siehe da: Ganz hinten in der Ecke lag, gut versteckt im Schatten, ein einzelner ziemlich kleiner Schlüssel. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Der Schlüssel passte in die Tür und schon stand ich in einer verwunschenen Wohnung. Licht brannte noch im Flur, das Radio spielte leise Musik, und das Fenster war auch noch offen. Just in diesem Moment erreichte mich noch eine weitere SMS von Olga: Übrigens ist noch Kuchen im Kühlschrank. Esse bitte alles auf! Das war richtig großartig. Ich freute mich, in einer schönen Wohnung in Danzig angekommen zu sein, ganz in Ruhe kochte ich mir einen Kaffee und vertilgte den Kuchen. Und der war wirklich lecker.
Einige Monate später lernte ich dann Olga in Berlin tatsächlich persönlich kennen. Ich bat sie, das Rezept mitzubringen. Hier ist es.
Zutaten
- Eier 6 Stück
- Datteln getrocknet 100 Gramm
- Walnüsse 100 Gramm
- Brauner Zucker
- Weinessig weiß 1 Teelöffel
- Kondensmilch aus der Dose
- Puderzucker 300 Gramm
- Schlagsahne 2 Becker klein
- Mascarpone 200 Gramm
- 1, besser 2 runde Backformen
- Backpapier
- Rührmixer
- Backofen
Wichtig ist, mit dem Backen 1 Tag vorher zu beginnen.
Vorgehen
[Erster Teil] Von allen 6 Eiern das Eiweiß vom Eigelb trennen. Dann das Eiweiß so lange schlagen, bis es fest wird. Das dauert von Hand 20 Minuten, ist mit einer Rührmaschine deutlich einfacher. Anschließend 300 Gramm Puderzucker unterrühren und 2 Esslöffel braunen Zucker dazugeben und einen Teelöffel Essig. Auch etwa die Hälfte der kleingeschnittenen Datteln wird dazu gegeben.
Diese Masse wird dann in zwei runde, mit Backpaper ausgelegte Formen verteilt und in einen Ofen erhitzt, zunächst 5 Minuten auf 180 Grad, dann weitere 90 Minuten bei etwa 130 Grad.
[Zweiter Teil] Die Kondensmilch in der Dose wird 3 Stunden lang in einem Wassertopf gekocht, bis sich innen drin eine bräunliche weiche Karamell-Masse gebildet hat (hier noch mit den Zeiten experimentieren, vielleicht geht es auch schneller). Karamell-Masse mit Mascarpone-Käse verrühren. Einen Becher Schlagsahne steif rühren und dazu mischen. Schließlich die Walnüsse und die restlichen kleingeschnittenen Datteln dazu geben.
[Dritter Teil] Die Karamell-Maschine-Schlagsahne-Walnuss-Dattel-Masse auf einen Tortenboden verteilen. Den anderen Tortenboden darauf tun (ich war nicht dabei – also experimentieren, wie das geht. Das Ganze in den Kühlschrank tun und ein paar Stunden durchziehen lassen.
[Letzter Teil] Essen. Genießen.
Gdansk, 02.10.2012
Stefan Schneider
[Abbildung] Bundesarchiv
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