[Andreas] Meine ersten Freunde hatte ich im Alter von 15 oder 16 Jahren. Sie waren durchgehend einige Jahre älter als ich. Einer von ihnen war Andreas. Er studierte damals Mathematik, aber darüber sprachen wir eigentlich nie, sondern überwiegend über unsere Projekte in den Jugendgruppen unserer Kirchengemeinde. Und über politische Themen wie Abrüstung und die Anti-Atomkraft-Bewegung. Nur einmal, so erinnere ich mich, fragte ich ihn, womit er sich denn im Studium beschäftige. Der Anlaß war, so meine ich mich erinnern zu können, seine Abschlussarbeit. Er murmelte etwas von Problemen der siebenten und neunten Dimension und dass ich mir erst gar nicht die Mühe machen sollte, das verstehen zu wollen. Später trennten sich unsere Wege, aber ich bekam noch mit, dass er sich für Lehmbau interessierte und entsprechende Seminare besuchte. Einmal habe ich ihn auch noch besucht – er hatte eine Frau kennen gelernt und zog mit ihr auf Land – in Roddahn bei Neustadt an der Dosse. Das mit dem Lehmbau musste aber soweit gediegen sein, dass er davon leben konnte. Seit einigen Jahren steht auf meiner Agenda, ihn und seine Familie einmal auf seinem NaturBauHof zu besuchen. Und Lehmbau ist inzwischen als Baustoff etabliert.
[Jutta] Ein anderes Beispiel ist Jutta. Sie ist eine versierte Buchhalterin und eine Spezialistin für Projekte, die zu groß sind, um sie ohne Buchhalter abzuwickeln, aber noch zu klein, um eine eigene Buchhalterin einzustellen. Folglich gibt es an allen Ecken und Enden Probleme. Auch klagte sie mir ihr Leid, nur den Vorhaben anderer Menschen dienen zu müssen. Sie meinte damit sicher auch, dass von ihr irgendwelche sensationelle Steuertricks erwartet wurden. Und sie stöhnte über den Veränderungsdruck, dem Zwang, ständig neue Richtlinien und Verordnungen der Steuergesetzgebung zur Kenntnis nehmen zu müssen. Vor einiger Zeit hatten wir ein echtes Krisengespräch. Sie träumt davon, sich irgendwo an der Ostsee mit einen Kräuterladen selbständig zu machen. Ich riet ihr, diesen Plan sofort umzusetzen, statt zu zögern und so wertvolle Zeit zu verlieren. Volles Risiko, um sich ganz und vollständig auf dieses Projekt konzentrieren und alle Kraft darin investieren zu können. Neulich kam sie dann an und erzählte mir, dass sie sich doch entschieden hätte, zunächst mit großem Engagement weiter als Buchhalterin zu arbeiten, um dann auf dieser Basis Stück für Stück ihr neues Leben als Kräuterhexe aufzubauen. Vielleicht ist das für sie der bessere Weg.
[Bruno] Wer sich, aus welchen Gründen auch immer, beruflich neu orientieren möchte, wird vielleicht zuerst den Text zum Thema Umschulung bei Wikipedia nachlesen. Detailgenauere Informationen sind sicher beim einem Umschulungsberufe Ratgeber zu erwarten. Und mit Sicherheit kann es nicht schaden, das aktuelle Berufsbildungsgesetz genau zur Kenntnis zu nehmen. Ich persönlich habe in meinem Leben schon viele Berufe gehabt. Ich war Gartenbauer, Kunsttransportefahrer, Koch, Kellner, Wissenschaftler, Dozent, Herausgeber, Autor, Gastronom, Sozialarbeiter, Journalist, Geschäftsführer, Vortragsreisender, Institutsleiter und noch einiges mehr. Weil es einfach Spaß macht, sich in verschiedenen Aufgaben auszuprobieren und doch einfach nur seinen Überzeugungen treu zu bleiben. Ganz im Sinne der alten kommunistischen Idee einer allseits entwickelten Persönlichkeit.
Elblag und Malbork, 18.07.2012
Stefan Schneider
[Abbildung] http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Huangshan_mountain_peak_pine_trees.jpg