Unikum. Die Dicke Tante ist ein Familienerbstück. Eine vielleicht 30 cm hohe Kaffeekanne aus Porzellan in Form einer rundlichen pelzbemantelten Person, die in Brusthöhe großes rundliches Behältnis mit der Aufschrift Benzin stemmt – das ist die Tülle. Der Deckel der Kanne ist als Frauenkopf stilisiert mit einer Art Helm und hochgenommenen Windschutzgläsern. Ein freundliches Lächeln, ein pausbäckiges Gesicht, leicht gerötete Wangen. Eine Artefakt aus der Pionierzeit des Autofahrens, also bestimmt 100 Jahre alt. Wie die Dicke Tante in unseren Familienbesitz kam, weiß ich nicht mehr genau, meine Mutter hat es bestimmt erzählt, aber ich habe es vergessen. Meine Mutter hielt die Dicke Tante für ein bisschen wertvoll, aber doch nicht so sehr, als dass sie damit zu einem Museum gegangen wäre, um ihren Wert taxieren zu lassen. Vielleicht war es ihr auch peinlich, mit so einem Unikum irgendwo aufzukreuzen.
Unfall. Als ich von zu Hause auszog, bat ich darum, die Dicke Tante mitnehmen zu dürfen. Ein Wunsch, der mir auch erfüllt wurde. Ich stellte sie an den Rand von meinem Hochbett in meinem Zimmer in der WG in Schöneberg und sie erfüllte keine andere Funktion als dort rumzustehen und langsam einzustauben. Bei den regelmäßigen Besuchen zu Hause wurde sich ebenso regelmäßig nach dem Zustand dieses Unikums erkundet: Gibt es denn die Dicke Tante noch? war eine wiederkehrende Frage, die mit der wiederkehrenden Antwort Ja ja, die steht noch in meinem Zimmer! beantwortet wurde. Eines Tages ging das nicht mehr. Ich hatte in jenen Tagen regelmäßig und stark dem Alkohol zugesprochen und zunehmend Mühe, das Hochbett aufzuentern. Eines Nachts war der Promillewert so erheblich, dass eine unvorhergesehene, meine Schwankungen ausgleichende Armbewegung notwendig war, um nicht von der Leiter zu stürzen. Bedauerlicherweise war diese Bewegung so heftig, dass auch die Dicke Tante mit einem Schlag vom Hochbett gefegt wurde. Das Klirren des Porzellans machte mich schlagartig wieder nüchtern und ich verbrachte wohl eine ganze Stunde damit, aus allen Winkeln des Zimmers die Scherben und weitere kleine und kleinste Partikel zusammenzukehren und das ganze Elend in einer schnell gefundenen Pappurne, in denen die Fragmente dieser Kanne passten, einzulagern. Eines Tages, so nahm ich mir vor, hätte ich genug Geld, um die Restauration dieser Kanne zu bezahlen, die bestimmt, da war ich mir sicher, 2.000 € oder mehr kosten würde.
Unvermögen. Bei den späteren mütterlichen Fragen nach der Dicken Tante wurde ich regelmäßig an dieses etwas peinliche Ereignis erinnert und lief bestimmt rot an vor lauter Verlegenheit. So konnte es nicht bleiben und auch ein Besuch meiner Eltern in meiner WG war damit undenkbar geworden. Was hätte ich sagen sollen, wenn nach der Dicken Tante gefragt würde? Tschuldigung, die ist grade im Louvre? Undenkbar. Eines Tages kam ich auf die rettende Ausrede: Eine der Katzen hätte diese Kanne kaputtgemacht bei einem ihrer Spaziergänge auf dem Hochbett. Das klang realistisch, einigermaßen glaubwürdig, ich konnte die Scherben ja noch vorzeigen und bezüglich der Schuldfrage hervorragend von mir ablenken. Diese Geschichte kam überraschend gut an und die Botschaft wurde mit einem Achselzucken quittiert. Schade, aber was will man tun? Im Laufe der Jahre wurden die Nachfragen auch seltener und bisweilen kommt meine Mutter von allein darauf zu sprechen. Schade, dass die Katzen diese Kanne kaputt gemacht haben. Die war bestimmt was wert, diese Dicke Tante, seufzt dann meine Mutter. Wenn man nur herausfinden könnte, was es mit dieser Dicken Tante auf sich hat.... Keine Ahnung, ob meine Mutter jemals die Wahrheit erfahren wird.
Als ich Jahre später nüchtern wurde und die Altlasten meiner Trinkerzeit Stück für Stück aufräumte, kam auch der inzwischen eingestaubte Karton der Dicken Tante zum Vorschein. Eine Sichtung ergab die völlige Aussichtslosigkeit einer Restauration. Diese vielen kleinen und kleinsten Splitter würde kein_e Restaurator_in der Welt mehr in Ordnung bringen können. Und ich selbst wollte mich auch nicht länger mit dieser Altlast befassen. Ich schmiss alles in den Müll und fühlte mich besser, freier.
Diese Geschichte des alkoholbedingten Totalschadens an einer historischen Porzellankanne ist sicher nicht typisch, denn die meisten Beschädigungen sind in der Regel während des Transports zu befürchten. Für wichtige Dinge wie Beamer, Computer, Festplatten, aber auch für sensibles Gerät, Instrumente und Meßwerkzeuge gibt es inzwischen gute Transportkoffer von Megacase. Im Fall der Dicken Tante wäre sicher auch ein Haubencase bei megacase.de eine gute Wahl gewesen.
Milanowek, 16.03.2012
Stefan Schneider
PS: Meine Recherchen haben ergeben, dass ein Exemplar der Dicken Tante es tatsächlich in ein Museum geschafft hat. Sie ist zu besichtigen im World of Kitchen-Museum in Hannover. Und sollte dieses Exponat tatsächlich eines Tages im Rahmen einer Wanderausstellung auf Reisen gehen, wäre eine Flightcase Maßanfertigung von megacase.de tatsächlich die optimale Verpackung.
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