"Barka" - ein Projekt in Polen "Barka" bedeutet Lastkahn, Frachtschiff. Ein bißchen klingt die Erinnerung an Arche mit in diesem Wort. Anders als in Deutschland gibt es in Polen kein gewachsenes Netz der Wohnungslosenhilfe. Nach dem frühen Ende des Sozialismus klafft die Schere zwischen Arm und Reich stark auseinander. Kein Wunder, daß viele Menschen auf der Straße landen. Das Projekt Barka wurde vor knapp 10 Jahren gegründet als private Initiative von Barbara und Thomas Sadowski. Sie ließen Obdachlose und verarmte Menschen in ihrem Haus wohnen, bildeten eine Hausgemeinschaft. Inzwischen ist Barka ein Netzwerk von 12 Projekten im Umkreis von Posen/ Poznan und den angrenzenden Regierungsbezirken. Ebenso wie Selbsthilfegruppen in Deutschland ist Barka regierungsunabhängig und auf Spenden und Unterstützung durch die Bevölkerung und Sponsoren angewiesen und muß versuchen, seine Kosten selbst zu erwirtschaften. Neben landwirtschaftlichen Projekten in Dörfern auf Flächen ehemaliger Kolchosen ist ein wichtiges Zentrum von Barka die "Barka"-Schule in der Ulica sw. Wincentego in der Nähe des Stadtzentrums in Posen/ Poznan. Auf einem ehemaligen Betriebsgelände konnte "Barka" leerstehende Baracken zur Verfügung gestellt und konnte nach langwierigen Verhandlungen auch den dazugehören Grund und Boden von der Stadt pachten. Das Gelände ist inzwischen zu einem Anlaufpunkt für Arme und Wohnungslose geworden. Es gibt dort eine Notunterkunft, bei Bedarf werden Kontakte zu weiteren Notunterkünften vermittelt, eine Ambulanz, eine Küche, ein Kindergarten, eine Tischlerei, eine Nähwerkstatt und Kleiderkammer, eine Computer- und eine Autowerkstatt. Insbesondere im Bereich der Werkstätten findet auch Ausbildung statt, aber auch Arbeitsmöglichkeiten werden angeboten, um den mitarbeitenden wenigstens ein Grundauskommen zu sichern. Auf dem Gelände herrscht striktes Alkohol- und Drogenverbot. Der Besucher hat den Eindruck, er sei in einem zwar verarmten, aber funktionierenden Dorf angekommen. Inbesondere überrascht die herzliche Atmosphäre. Überall wird improvisiert, geschraubt, gebastelt. Der Zahnarztstuhl ist eine Spende aus Dänemark, die Autos klappern verdächtig, hinter den Baracken sind sorgfältig gestapelt Baumaterialen für den geplanten Ausbau von weiteren Gebäuden. Wie überall mangelt es an Geld, auch das Telefon steht bisweilen schon mal ein paar Tage still, wenn die Rechnung nicht bezahlt werden kann. In einem ambitionierten Programm sollen Einfachbau-Häuser für Wohnungslose errichtet werden. Ein Gelände in einem der Außenbezirke von Posen / Poznan konnte in den letzten Wochen gepachtet werden, ein erstes Modellhaus wurde erst vor wenigen Tagen errichtet und im Rahmen einer kleinen Feierlichkeit der Öffentlichkeit vorgestellt. Pate dieses Programms ist Maciej Plazynski, der polnische Parlamentspräsident, der extra zu diesem Anlaß aus der Hauptstadt Warschau / Warszawa anreiste. Wie alle Projekte von Barka soll auch dieses Programm zusammen mit Obdachlosen realisiert werden.
Stefan Schneider
Fundacja Pomocy Wzajemnej "Barka"
ul. sw. Wincentego 6/9
61 - 003 Poznan
Tel: +48 61 - 877 - 22 65 oder +48 61 - 877 - 0506
email:
Über-Ich bei Nichterscheinen
Das vorliegende Buch zu besprechen ist nicht ganz einfach, vor allem eingedenk der Tatsache, daß doch der eine oder andere Leser angemerkt hat, nicht unbedingt gerne schwierige Texte mit umständlichen Fremdwörtern lesen zu wollen. In dem Buch von Florian Oberhuber, das bereits 1999 im Wiener Turia + Kant Verlag erschienen ist mit der Überschrift "Die Erfindung des Obdachlosen" geht es auf 171 Seiten zum stolzen Preis von DM 42,-- um eine "Geschichte der Macht zwischen Fürsorge und Verführung", so die Unterüberschrift. Im Verzeichnis der für die Erstellung dieses Buches benutzen Unterlagen listet der Verfasser 189 Schriftwerke und Bücher auf, dazu 6 amtliche Dokumente, Gesetze und Verordnungen, 5 Forschungsberichte, 2 Interviews, 10 Jahresberichte, 2 Zeitschriften. Hinzu kommen 9 schwarzweiße Abbildungen nebst Bildnachweis sowie ergänzend 136 Anmerkungen. Die eigentliche Abfassung enthält neben der Einleitung drei Abschnitte: "Über die Art und Weise, Subjekte zu produzieren", "Über einige Arme in den Armen der Re-Inkusion" sowie "Über die Wiedergeburt des Wohnungslosen und die Netze des Gleichen". Soviel dazu.
Im Kern geht es in dem Buch um den Versuch, zu zeigen, daß das Gedankengebäude von Michel Foucault, einem wohl großen französischen Querdenker des 20. Jahrhunderts dazu taugt, etwas neues über Obdachlose oder vielleicht vielmehr über unser Denken von Obdachlosigkeit zu begreifen. Dabei spielt der Begriff Subjektivität eine große Rolle und wie diese zustande kommt. Das Wort Subjekt kommt dabei aus dem Lateinischen (subicio) und meint eigentlich: unterwerfen, unterordnen, aber gemeinhin bezeichnen Geisteswissenschaftler heute mit dem Begriff den unteilbaren, unverwechselbaren, mit eigenem Willen und eigener Lebensgeschichte ausgestatten einzelne Menschen anschaulich an und für sich, der eben nicht Opfer ist, sondern Handelnder, Täter, Gestalter. Nun ist die Frage, wie kommt diese Eigenheit zustande und darauf hat die Menschheit in ihrer Geschichte ganz unterschiedliche Antworten gefunden. Grob skizziert gibt es mehrere Denkrichtungen, etwa zu sagen, das ist einfach da, oder das ist von Gott gegeben oder das ist nur Einbildung. Foucault greift, vereinfacht gesagt, im Wesentlichen zwei Denkrichtungen auf aus dem späten 19. Jahrhundert beziehungsweise aus dem frühen 20. Jahrhundert auf, nämlich die von Karl Marx, der sagt, daß dieses Besondere in seiner Wirklichkeit nichts anderes ist als das ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse und auf der anderen Seite die Denkrichtung des Seelenforschers Siegmund Freud, der versucht, das Unverwechselbare des Einzelnen genauer als Ergebnis eines inneren Geburtsvorgangs zwischen biologischen Triebkräften und gesellschaftlicher Verstandeskraft zu beschreiben. (An beiden Enden haben viele Leute weitergedacht, ich will hier nur die Stichworte nennen.) Foulcault, von beiden und vielen anderen offenbar beeinflußt, sagt offenbar nein zu diesem jeweils einseitigen Denken und meint, so habe ich es verstanden, etwas anderes: Wir müssen uns Subjektivität, eben dieses einzigartige des Einzelnen und deren Entstehung in einem Dreieck denken, dessen andere Eckpunkte Wissen und Macht sind. Wo Wissen und Macht walten, und das tun sie eigentlich immer, wo es Menschen gibt, da wird das geformt, was Subjektivität ausmacht. Wobei diese Subjektivität eben nicht nur den vereinzelten Einzelnen formt, sondern dieses Wechselspiel ist auch derart ausgestaltet, daß beliebig viele Sammelzuschreibungen hergestellt werden können, die eben viele Einzelne als die einzelnen anderen beschreiben in dem Sinne, daß daraus die Anderen werden. Damit hat er eine Art gedankliche Klammer hergestellt, mit der er sowohl das Nachdenken über gesellschaftliche wie auch über seelische Verhältnisse zusammenführen und zeigen kann, wie beides ineinander übergehend arbeitet.
Man merkt, da steckt sehr viel Gedankenkraft dahinter, und das kann machmal sehr einfältig werden - Von nichts kommt Nichts" - und ist bisweilen sehr gefährlich - "Aber der Kaiser ist ja nackt!" Oberhuber wendet dieses Denken von Foucault nun auf Obdachlosigkeit an und zeigt, daß erst dort, wo sich Menschen damit befassen, was andere Menschen tun oder nicht oder wohnen oder nicht, ein Wissen hergestellt wird, das Unterscheidungen herstellt und sortieren hilft, was machtgemäß ist und was nicht. Er zeigt daß sich mit der Macht und dem Wissen auch die Werkzeuge verändern und verbessern, wie schwierige Leute einbezogen und ausgegrenzt werden und worin der Fortschritt besteht. Der neuzeitliche Obdachlose entsteht erst dort, wo es eine Notwendigkeit gibt zu einer durchgehenden Seßhaftigkeit, wo Macht- und Wissendurst Melderegister entstehen lassen und erst dadurch das herausgearbeitet wird, was den anderen ausmacht, der nicht dazugehört. Der Autor beschreibt, daß früher Arbeitslager und körperliche Strafen wichtige Herrschaftswerkzeuge waren, und es heute Drohung genug ist, Herrschaft durch Straßensozialarbeit oder gar die Organisation von Selbsthilfeprojekten ausüben zu wollen.
Ich habe einige Mühe gehabt, zu verstehen, worauf Florian Oberhuber mit seinem Buch eigentlich hinaus will: Zunächst hatte ich den Eindruck, dieses ewige Meckern und Kritteln an allem und jedem ist im Grund ja eigentlich zerstörerisch und bringt nichts. Weg mit dem Buch! Inzwischen bin ich aber der Meinung, Oberhuber will sagen, laßt doch mal das ewige Beforschen und Reden über Probleme, Betroffene, Zielgruppen und Konzepte links liegen und tut Euch mal in Euren Kopf rein, daß jeder und jede das Recht hat, zu tun und zu lassen, was er oder sie will - solange das, siehe Macht und Wissen - keinen anderen ausbeutet oder schadet. Schluß jetzt mit dem Terror durch Fürsorge und Verständnis für die armen Obdachlosen! Fangt endlich an, nach oben gucken, um das wahre Elend auf dieser Welt zu entdecken. Keine leichte Aufgabe also, selbst für einen geneigten Leser.
Robert Thiel
Oberhuber, Florian: Die Erfindung des Obdachlosen. Eine Geschichte der Macht zwischen Fürsorge und Verführung. Wien: Verlag Turia und Kant 1999. 171 Seiten, 42,-- DM
Never Ending Road - Woody Guthrie
»Woody Guthrie, ein zäher, hagerer, rotbrauner, windgegerbter Lockenkopf. Ein kleines Stück Leder. Ein Dichter und Spielmann auf Landstraßen, Bürgersteigen, feuchten Güterwagen, Schiffskombüsen, kalten Städten, heißen Wüsten, von Küste zu Küste. Der Meister aller Balladenschreiber.« - Studs Terkel
Woody Guthrie ist - nun ja - der Urahn der amerikanischen Folksänger des 20. Jahrhunderts. Kaum jemand, der Gitarre lernte und sich nicht mit den Akkorden von "This Land is your land, this land is my land ..." plagte. Geboren als Woodrow Wilson Guthrie am 14. Juli 1912 in Okemah, Oklahoma, begann er nach dem frühen Tod seiner Eltern als 18jähriger das Leben eines Hobos. Als Wandersänger und Gelegenheitsarbeiter durchreiste er im Güterwagen den Kontinent, spielte in Kneipen, in den Camps der Wanderarbeiter und auf den Straßen seine Songs - für ein paar Cent, um zu überleben. Die Erlebnisse auf der Straße lieferten ihm den Stoff für seine Songs. Die ersten Plattenaufnahmen machte er 1940 für den Musikforscher Alan Lomax. 1943 veröffentlicht er unter dem Titel "Bound for Glory" seine Autobiographie. Hier schildert er mit der gleichen literarischen Spontaneität wie 14 Jahre später Jack Kerouac in seinem Beatnik-Roman "On the Road" seine Wanderjahre durch das arme Amerika. 1954 kommt Guthrie wegen eines unheilbaren Nervenleidens ("Huntingson's Chorea"), das ihm seine Mutter vererbt hatte, in ein New Yorker Krankenhaus. Am 3. Oktober 1967 starb er. Er hinterläßt um die tausend Songs, hunderte von Texte und Notizen, Bücher und seine berühmte Gitarre mit der der Aufschrift: "This Machine Kills Fascists." Seine Kompositionen sind inzwischen Bestandteil der amerikanischen Volksmusik, eine Reihe von Musikern wie Bruce Springsteen, Bono (U2) Taj Mahal, Joan Baez, Emmylou Harris, Judy Collins, Fats Domino, Billy Bragg und last but not least Bob Dylan nennen Woody Guthrie als ihr musikalisches Vorbild und ließen sich von ihm inspirieren.
Inzwischen gibt es soetwas wie eine Woody-Guthrie Renaissance: Seit Anfang der 90er Jahre beschäftigt sich seine Tochter, Nora Guthrie, mit dem Nachlaß ihres Vaters und hat dazu eine Stiftung sowie ein Archiv gegründet. In Zusammenarbeit mit der Smithonian Institution Traveling Exhibition Service erarbeitete sie 1998 eine Ausstellung über Leben und Werk Guthries, die in verschiedenen Städten der USA zu sehen ist. Der englische Protestsänger Billy Bragg hat eine CD eingespielt mit Liedern von Woody. Weitere Veröffentlichungen, auch mit anderen Künstlern, sind geplant. Nora Guthrie kommt im Juli 2001 mit einem eigenen Projekt nach Deutschland und wird unter anderem auf dem Tanz & Folkfestival vom 5. bis 8. Juli 2001 in Rudolstadt gastieren.
In diesem Zusammenhang erscheint im Edition Nautilus Verlag im Frühjahr diesen Jahres die deutsche Übersetzung der Autobiographie von Woody Guthrie mit dem Titel "Dies Land ist mein Land." Das Buch enthält ein Vorwort von Billy Bragg sowie ein lesenswertes Nachwort von Michael Klett und Nora Guthrie, sowie 21 Zeichnungen von Woody sowie 11 s/w-Fotos. Der Text der Autobiographie selbst ist schwer zu lesen: Der Versuch, den amerikanischen Slang ins Deutsche zu übertragen, ist nicht gut gelungen. Im Gegensatz dazu ist festzuhalten: Woody Guthrie ist ohne Zweifel interessant. Überhaupt die 20er Jahre in den USA, die Hobos, die Überlebensstrategien der armen Leute, der Wanderarbeiter, auch der politische Protest, die Gewerkschaftsbewegung. Die Fortsetzung dieser Tradition bei den Folk- und Protestsängern, der Beatnik- und 68er-Generation. Im Zeitalter der Globalisierung, der gesellschaftlichen Umbrüche, der zunehmenden Verarmung großer Teile der Weltbevölkerung ist es richtig und konsequent, wenn daran erinnert wird, daß es schon einmal Zeiten gab, wo alles im Fluß war. Interessant an dem Buch ist vor allem das Nachwort, die Zeichnungen von Guthrie, die Fotos, auch die discografischen Hinweise.
»Woody Guthrie berührt dich tief im Innern und erweckt den Teil in dir, der an deinen nächsten denkt. Dies findet sich in allen Geschichten und in allen Songs, die er geschrieben hat.« - Bruce Springsteen
Robert Thiel
Woody Guthrie: Dies Land ist mein Land. Autobiographie. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Hans-Michael Bock. Mit einem Vorwort von Billy Bragg sowie einem Nachwort von Michael Klett und Nora Guthrie. Außerdem 21 Zeichnungen des Autors sowie 11 s/w-Fotos. 446 Seiten. Hamburg: Edition Nautilus 2001, DM 49,80.
Permanenter Sex
Du findest eine Frau, die du dann heiratest, machst irgendeine praktische Ausbildung, suchst Dir dann mit der Frau eine Wohnung, findest Dir einen Job, machst mit Deiner Frau noch ein oder zwei Kinder, und guckst dann zu, wo Du mit Deiner Familie Urlaub machst einmal, oder, wenn es Dir gut geht, zweimal im Jahr. Soweit bis die Kinder aus dem Haus sind und dann noch mal bis zum Rentenalter. Das wollte ich nie, und das habe ich jetzt auch nicht. Ich bin Single, arbeitslos, wohne für mich alleine und Kinder habe ich auch keine.
Als ich im Sommer allein lebte, waren insbesondere die Wochenenden wie Glücksspiel. Mit etwas Pech hing ich die ganze Zeit rum, fühlte mich öde und antriebslos, habe die meiste Zeit im Bett gelegen und mir voller Frust mit Schokolade den Bauch vollgehauen oder gelangweilt onaniert. In guten Momenten habe ich gute Musik gehört, dabei die Wohnung renoviert, zwischendurch was gekocht oder gelesen und war ganz zufrieden mit mir selbst und mit der Welt. Seit dem frühen Herbst fand mich eine Freundin und das ist wirklich besser. Seitdem laufe ich wie euphorisiert durch die Gegend und verkünde allen, die es wissen wollen oder auch nicht: Permanenter Sex! Damit meine ich nicht nur vögeln, sondern auch gemeinsam um die Häuser ziehen, Unsinn ausdenken oder anstellen, verreisen und Pläne machen, oder nur ganz friedlich Sonntags starken Kaffe trinken und dabei die Zeitung lesen. Mit ihr Weihnachten zu feiern, war für mich ganz wichtig, weil da haben wir gemeinsam ein Stück weit Familie hergestellt. Vorgestern zum Beispiel, als sie den Weihnachtsbaum abgebaut hat, habe ich bei ihr die Fenster geputzt, weil sie das nämlich nicht gerne macht. Und machmal stellen wir fest, daß wir lieber für uns alleine sein wollen. Das ist auch richtig klasse, weil dann kann ich mich schon richtig auf sie freuen. So wie heute abend, wenn Sie mich abholt. Bin schon ganz gespannt, was passieren wird. Permanenter Sex eben - und eine ganze Menge Familie. Oder ist das jetzt sentimental?
Bruno Katlewski
Editorische Notiz: Der Verein mob e.V. hatte damals seinen Standort auf dem Pfefferberg-Gelände. Damals ging es um konzeptionelle Überlegungen zur Entwicklung des Standorts, und Torsten Wischnewski entwickelte damals die These vom Permanenten Abriss. Nun gut, dieser fand nicht statt, aber die Idee selbst hat mich tief beeindruckt und ich habe sie weiter entwickelt. So entstand die Idee vom Permanenten Sex. Ich bin damals durch die Gegend gerannt und habe sie allen verkündet, die sie hören wollten - oder auch nicht. - Mariendorf 24.12.2010, Stefan Schneider
Eklat bei der PDS
Obdachlose fordern Schadenersatz
Mittlerweile ist die PDS fest im parlamentarischen System der Bundesrepublik verankert. So die Partei sich nicht mit sich selbst beschäftigt, wähnt sie sich gar auf dem Weg zur bundesweiten Regierungsverantwortung. Doch kaum, da§ Bisky und Gysi ihren Rückzug erklärt haben, weht auch schon ein anderer Wind im Liebknecht-Haus. Zu spüren bekamen das zuerst die Ausgegrenzten, Stigmatisierten, Marginalisierten und an den Rand der Gesellschaft Gedrängten.
Am Freitag, den 29. April, kam es in den späten Nachmittagsstunden vor der PDS-Zentrale am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin-Mitte zum Eklat: Zwei unbedachte Mitarbeiter des überaus unterhaltsamen wie intellektuell stimulierenden Obdachlosenperiodikums "strassenzeitung" wollten die Genossen mit Plakaten zum 1. Mai auf eine Veranstaltung der besonderen Art aufmerksam machen. Unter dem Motto "Draussen ohne Tür; (K)eine Wohnung - (K)eine Arbeit" treffen sich die Unbehausten der Hauptstadt ab 12 Uhr im Biergarten auf dem Pfefferberg.*
Das Interesse der Sozialisten an der Wohnungslosenproblematik scheint sich sich jedoch in Grenzen zu halten. Wie anders ist es zu bewerten, da§ das ästhetisch durchaus ansprechende Plakat zu diesem Event umgehend entfernt wurde. Dem noch nicht genug, riss ein Angestellter des Hauses den Eimer mit dem Kleister an sich. So sind sie, die Kommunisten: Obdachlosen den Kleister-Eimer wegzunehmen...
Der Verein "obdachlose machen mobil", mob e.V., sieht in diesem skandalösen Vorfall nicht nur einen zu ahndenden Diebstahl, sondern auch einen Indikator für die Politikunfähigkeit der PDS, sie ist keine Partei der Schnorrer.
Da die Machtverhältnisse auf der PDS-Bundesebene nocht nicht geklärt sind, sieht sich mob e.V. gezwungen, den Berliner Landesverband in die Pflicht zu nehmen. Obgleich wir wissen, dass Petra Pau nicht für jedes ihrer Mitglieder die Verantwortung übernehmen kann, denken wir, dass in diesem Fall eine Grenze überschritten worden ist. Wir fordern daher die PDS-Landesvorsitzende auf Schadenersatz zu leisten (DM 4,95) bzw. unserem Sozialprojekt einen (auch neuen) Eimer zur Verfügung zu stellen.
Der Herausgeberverein der strassenzeitung behält sich weitere Schritte vor.
Berlin, 30.04.2000
Für die strassenzeitung und deren Herausgeberverein mob - obdachlose machen mobil e.V.
Stefan Schneider
Vorsitzender
*) Journalisten haben selbstverständlich frei Zugang. Für Essen & Trinken ist gesorgt, desgleichen für Live-Musik. Es spielen auf: Big Joe Stolle & Band, die Cellolitas, André Herzberg (Ex-Pankow) und Dirk Michaelis (Ex-Karussell).
Adresse: Pfefferberg, Schönhauser Allee 176, U-2 Senefelder Platz
Editorische Notiz: Diese Pressemitteilung hat im wesentlichen Krampitz formuliert. Ob sich dieser Zwischenfall so zugetragen hat oder nicht, ist zweitrangig. Getreu nach dem Motto: Nicht zu Politiker benutzen uns, sondern wir benutzen die Politiker, haben wir versucht, mit einem "Skandälchen" die Aufmerksamkeit der Medien zu erlangen. Eine stinknormale Pressemitteilung wäre mit Sicherheit nur im Papierkorb gelandet.
Berlin, 24.04.2011, Stefan Schneider
Unterkategorien
Selbsthilfehaus O12
Das Selbsthilfewohnhaus jetzt!
Das Selbsthilfe(wohn)haus von mob e.V.
Eine Wohnung ist nicht alles – aber ohne Wohnung ist alles nichts. Aus diesem Grund ist das Selbsthilfehaus in der Oderberger Straße 12 ein wesentlicher Bestandteil zur Bekämpfung der aktuellen Wohnungsnot in der Stadt. Da die aktuelle Wohnungsnot ursächlich auf den strukturellen Mangel an preiswertem Wohnraum zurückzuführen ist und sich die öffentliche Hand aus der Wohnungsbauförderung zurückgezogen hat, ist Selbsthilfe an dieser Stelle dringend erforderlich.
Im Zeitraum 1999 bis 2003 hat mob – obdachlose machen mobil e.V. im Rahmen des Landesprogramms Wohnungspolitische Selbsthilfe ein Wohnhaus aus der Gründerzeit (Vorderhaus und Quergebäude) unter Mitarbeit von ehemals Wohnungslosen unter fachlicher Anleitung in Eigeninitiative in Stand gesetzt und modernisiert.
Es entstanden dort 18 Wohneinheiten und 2 Gewerbeeinheiten. Damit ist erstmalig in Berlin ein Projekt der Selbsthilfe von obdachlosen und armen Menschen in der Lage, in eigenen Häusern dauerhaft preisgünstigen Wohnraum anzubieten. Das Beispiel Oderberger Str. 12 zeigt: Es ist möglich, zusammen mit Obdachlosen ein sehr ehrgeizigen Sanierungsvorhaben fach- und zeitgerecht abzuschließen. Auf dieser Grundlage kann nun der zweite Schritt erfolgen, sich innovativ in die bestehende Nachbarschaft einzubringen.
Der Verein verwaltet die Häuser selbst und hat deshalb einen engen Kontakt zu allen Mieterinnen und Mietern. In den seltenen Fällen, in denen eine Wohnung frei wird, wird diese bevorzugt an obdachlose oder Personen in schwierigen Wohnverhältnissen oder an Menschen mit Wohnungsberechtigungsscheinen (WBS) vergeben.
Stand: 09.05.2006