Ansehen verleihen
Wenn Jürgen durch die Straßen geht, gucken die meisten Leute lieber weg. Wer will schon zusehen, wie jemand Flaschen aus Mülleimern fischt. Wer schaut in der S-Bahn schon hin, wenn einer durch die Waggons läuft und den „Straßenfeger“ anbietet.
Seit gestern ist das anders. Seit gestern steht Jürgen im Rampenlicht. Sein Kopf, überlebensgroß in Terrakotta gebrannt, ist Teil einer Ausstellung im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die gestern eröffnet wurde. Der Künstler Harald Birck hat Jürgen und rund 30 weitere Obdachlose in der City-Station der Berliner Stadtmission besucht und porträtiert. Das Tagescafé für wohnungslose Menschen in Charlottenburg-Wilmersdorf wurde zu seinem Atelier. „Am Anfang mussten wir schon Überzeugungsarbeit leisten, die Leute waren erst mal sehr skeptisch, was ich da von ihnen will,“ sagt der in Berlin und Paris lebende Künstler.
„Auf Augenhöhe. Berliner Obdachlose im Porträt“ heißt sein Projekt. Die Idee dazu kam ihm zusammen mit Ralf Döbbeling, dem Leiter der City-Sation: „Wir wollten den Leuten eine Erfahrung gönnen, die sie sonst nie gehabt hätten: Einmal drei Stunden im Blickpunkt eines Künstlers zu stehen, ihnen damit buchstäblich Ansehen verleihen“, sagt der evangelische Pfarrer Döbbeling. Seitdem ist Harald Birck ständiger Gast in der City-Station. Er sucht das Gespräch mit seinen Modellen, sitzt mit ihnen zusammen bei Kaffee und Zigarette. „Mir ist wichtig, etwas über die Menschen zu erfahren, die ich porträtiere, denn deren Persönlichkeit soll sich ja in der Skulptur widerspiegeln.“
Auch Jürgen war neugierig, als er den Künstler am Porträtkopf eines Bekannten modellieren sah. „Ich fand das interessant, die Köpfe waren nicht so glatt geleckt oder aus Marmor, sondern mit Ecken und Kanten,“ sagt der schmächtige Mann mit Wollpulli und grünschwarz karierten Hosen. Er ist einer von rund zehntausend Obdachlosen in Berlin. Zwar ist er erst Mitte Vierzig, doch sein leicht nach vorne gebeugter Gang und die Furchen in seinem Gesicht lassen ihn beinahe zehn Jahre älter wirken. Das Leben auf der Straße hat Spuren hinterlassen. Wie lange er schon ohne festen Wohnsitz ist, weiß er selbst nicht mehr genau: „Das war irgendwann zu DDR-Zeiten, nach meiner Scheidung, das war wohl der Auslöser.“ Er spricht nicht gern über sich und seine Situation. Beiläufig nuschelt er etwas in seinen grauen Rauschebart, von Arbeitslosigkeit, Alkohol und schlechtem Umgang. Das „Reisefieber“ habe ihn eben immer wieder gepackt. Meistens genau dann, wenn sein Leben gerade in geregelte Bahnen kam, wenn ihm die eigene Wohnung schon sicher war. „Ich will eigentlich nicht so leben. Aber da ist so ein innerer Drang, den ich selbst nicht ganz verstehe“, sagt er.
Inzwischen gibt es Jürgens Kopf schon zweimal in Harald Bircks Terrakotta-Sammlung. „Jürgen hat ein tolles Gesicht, das hat so etwas von einem Seebären oder einem Abenteurer“, findet der Künstler, der sich durch die Zusammenarbeit sogar mit seinem Modell angefreundet hat. „Harald Birck hat es mit seiner Kunst geschafft, die Leute zu öffnen. Sie haben ihm Dinge erzählt, die sie mir oder einem Sozialpädagogen nie anvertraut haben“, sagt Pfarrer Döbbeling, der viele der Porträtierten schon seit Jahren kennt.
Dass sein Kopf jetzt im Bundesministerium zu besichtigen ist, macht Jürgen stolz. „Das ist schön zu sehen, dass es da jemand fertig gebracht hat, Kunst aus mir zu machen“, sagt er. „Und außerdem ist das etwas, was fortbesteht, wenn man selbst sich mal in die Kiste gelegt hat.“
Sandra Stalinski
Auf Augenhöhe – Berliner Obdachlose im Porträt. Ausstellung im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Kleisthaus, Mauerstraße 53, 10117 Berlin (Mitte), bis 17. April. Montags bis freitags 8 bis 17 Uhr, Eintritt frei.
(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 08.03.2008)
http://www.tagesspiegel.de/berlin/;art270,2490640
Vorbemerkung: Obgleich im Text nicht ausdrücklich erwähnt, ist Jan Markowski seit vielen Jahren regelmässiger Autor beim strassenfeger, seit dem Jahr 2007 auch Mitglied des Vereins mob - obdachlose machen mobil e.V. und vor allem Macher der 14tägigen okb-Sendung strassenfeger - die Sendung mit dem Aufzug. Aus diesen Gründen gehört ein Portrait von Jan Markowski unbedingt in diese Rubrik.
Berlin, 10.03.2008, Stefan Schneider
Frei von Zwängen
Von der DDR-Opposition in die deutsche Armut: das bewegte Leben des Berliner Obdachlosen Jan Markowsky
BERLIN. Es ist Freitagabend, als Jan Markowsky in einem Laden im Wedding Stühle und Tische beiseite schiebt. "Unter Druck. Kultur von der Straße e.V." steht auf einem Holzschild über der Tür. Martina, Ulla, Horst und Thommy schauen Markowsky zu. Der Jüngste von ihnen ist fünfundvierzig Jahre alt, die Älteste achtundsechzig. Die Theatergruppe des Vereins probt ihr neues Stück, eine zeitgenössische Version von "Hänsel und Gretel". Ein landloser Bauer aus Mecklenburg und eine entlassene Kantinenwirtin aus Helmstedt suchen ihr Glück, das heißt einen neuen Job. Grimms Märchen im Hartz-IV-Deutschland.
Den Investor, auf den sich die Hoffnungen richten, spielt Horst. Er setzt eine Krone auf, posiert damit vor Ulla, die beiden glucksen wie zwei alt gewordene Kinder. Horsts Sporthose und das alte T-Shirt sind noch nicht bühnenreif. Seine dürftige Mimik ebenso wenig.
Markowsky schüttelt den Kopf, schickt ihn auf das Sofa, spielt die Szene vor. Wie er sie sich vorstellt. Er prüft die Finger von Hänsel und Gretel. "Immer noch zu fett!" Dann rümpft er die Nase, furcht die Augenbrauen. Horst kratzt sich am Kopf, auf dem immer noch die Krone sitzt. "Nicht schlecht, Jan. Gefällt mir. Dafür üben wa ja."
Zum Obdachlosentheater ist Jan Markowsky gekommen, als er selbst erst wenige Monate auf der Straße lebte. Anfangs wollte er lediglich zuschauen. Dann machte er mit.
Mittlerweile sitzt er im Vereinsvorstand, ehrenamtlich. Er sammelt Lebensmittelspenden, arbeitet in Zirkeln über Wohnungsnot, geht zu Sozialausschüssen.
Manchmal trifft man ihn bei Veranstaltungen über Obdachlosigkeit. Dort sucht er sich einen Platz ganz hinten. Dann sitzt er still auf dem Stuhl, konzentriert, stets sauber gekleidet, einen kleinen Rucksack an sich gepresst. Eine Randgestalt.
Es ist nicht anders als damals in der DDR. Jan Markowsky mischt sich ein für etwas, das ihm wichtig erscheint. Heute sind es Menschen, die keine Wohnung haben und kein Bankkonto, die nicht krankenversichert sind und von Armenspeisungen leben - wie er. Damals waren es Menschen, die sich in der Bürgerrechtsbewegung der DDR für ein besseres Land einsetzten, Dissidenten, Intellektuelle, Künstler
Das klingt nach einem sozialen Absturz. Wie eine traurige Pointe im Leben des Jan Markowsky, geboren 1949 in Greifswald, die Eltern Mediziner, drei Brüder. Es klingt nach einem Leben, dem immer mehr die Bedeutung abhanden kommt.
An einem Januartag vor acht Jahren, von dem an Jan Markowsky obdachlos sein wird, kann er seine Toilette nicht benutzen. Sie ist defekt. Er geht vor die Tür, seine Wohnung liegt parterre. Plötzlich fällt es ihm ein. Der Schlüssel. Der steckt in der anderen Hose. Markowsky starrt auf die Tür. Gerade erst hat er seinen Job geschmissen. Die Miete. Wie soll er die zahlen? Er dreht sich um, geht weg, einfach so, lässt alles zurück. Möbel, Kleidung, Geburtsurkunde, sein bisheriges Leben. Es kommt ihm nicht seltsam vor, nur logisch. "Wie eine Befreiung", behauptet er. Seine Finger gleiten dabei durch seinen Schnauzbart. Der zieht sich bis über die Mundwinkel. Wie bei Wolf Biermann. Zufall, sagt er.
Mit der Ausbürgerung des Liedermachers am 16. November 1976 verschlägt es Jan Markowsky zu den Bürgerrechtlern. Wegen seines Bruders Bernd, zwei Jahre jünger als er und ein Freund Wolf Biermanns.
Bernd wird in Jena verhaftet. Gerade war er aus Berlin zurückgekehrt, von Robert Havemann, dem prominentesten DDR-Dissidenten. Dort hatte Bernd Markowsky eine Protestresolution einiger Autoren um Stephan Hermlin abgeholt.
"Bernd war der Mutigere von uns beiden, der eher einen eigenen Weg suchte als ich", sagt Jan Markowsky. "Das Politische ergab sich in einer Diktatur zwangsläufig."
Er selbst wohnt damals erst seit kurzem in Berlin, als Diplomingenieur arbeitet er beim VEB Gasversorgung. Als der Bruder festgenommen wird, fährt er nach Jena. Dort lernt er dessen Freunde kennen, dann auch Oppositionelle in Berlin. Darunter den Schriftsteller Lutz Rathenow, mit dem Bernd Markowsky in Jena den staatskritischen Arbeitskreis Literatur gegründet hat.
Nach Monaten in Haft wird sein Bruder 1977 nach Westberlin abgeschoben. Der Vater folgt. Im Osten bleiben Jan, seine beiden anderen Brüder und die Mutter. Nun sind die Markowskys geteilt wie das Land.
"Eine rebellische Familie", sagt Lutz Rathenow. "Politisch eigenwillig, Unruhestifter im Guten."
Wie ein Unruhestifter sieht Jan Markowsky nicht aus, nicht auf den ersten Blick. Wie er zum Beispiel dieser Tage an einem Tisch kauert. Regungslos, still, in sich gekehrt. Es ist das Kaffee Bankrott in der Prenzlauer Allee, wo sich Menschen ohne festen Wohnsitz treffen. Im fahlen Licht der Neonröhren tagt die Redaktionskonferenz des Obdachlosenmagazins "Straßenfeger". Ein Dutzend Leute redet über Jugendgewalt, Elternverantwortung, Kapitalismus und Kriminalität. All so was. Einer grummelt dazwischen: "Das ist zu oberflächlich." Plötzlich donnert Markowsky los: "Dann hör' genau zu!" Ein Ausbruch wie ein Faustschlag. Ansatzlos, selbstgewiss. Eigentlich eine Spur zu heftig.
Jan Markowsky ist niemand, der stillhält, wenn ihm etwas nicht passt. Das war er nie. Selten ist er ganz vorn in der DDR-Opposition dabei, aber oft mittendrin. Wie im September 1981. Da fährt er nach Woltersdorf östlich von Berlin. Im Garten des Physikers Gerd Poppe, dem späteren Bundestagsabgeordneten für Bündnis 90/Die Grünen, treffen sich einige Bürgerrechtler. Es ist ein sonniger Tag, Wochenende. In der Runde sitzt Robert Havemann. Er liest einen offenen Brief vor, an den sowjetischen Staatschef. Breschnew solle die Stationierung der atomaren SS-20-Mittelstreckenraketen in der DDR zurückziehen.
Aber Havemann geht noch weiter: "Wie wir Deutsche unsere nationale Frage dann lösen werden, muss man uns schon selbst überlassen, und niemand soll sich davor mehr fürchten als vor dem Atomkrieg." Gleich dort im Garten unterzeichnen einige den Brief. Unter ihnen der Pfarrer Rainer Eppelmann und der Lyriker Sascha Anderson, der als IM der Stasi von dem Tag berichtet. Und Jan Markowsky. Kurz darauf schreiben sich im Westen einige Friedensaktivisten hinzu.
Zwei Wochen später ruft Bruder Bernd an. Er will Markowsky warnen. Der Brief werde in einigen Westzeitungen veröffentlicht, mit den Erstunterzeichnern. Jan Markowsky sagt nur: "Ist doch in Ordnung."
So erzählt er es. Er will verstanden werden. Denn es geht ihm ums Prinzip. Sein Prinzip. Alles mit vollem Namen.
Als von ihm ein Text über die Friedensbewegung der evangelischen Kirche der DDR in der Westberliner taz abgedruckt wird, steht darunter "Jan Markowsky, Ost-Berlin". Auch wenn es ihm ein Verhör bei der Stasi einbringt. Dem Amtsleiter der Abteilung Inneres von Berlin-Weißensee, der Freunde von ihm wegen vermeintlich staatsfeindlicher Aktivitäten vorführen ließ, schickt er eine Postkarte mit Auszügen aus der DDR-Strafprozessordnung. Der Leiter möge sie unterschreiben und an ihn zurücksenden. Seine Adresse steht dabei.
Nicht verstecken, das bleibt sein Credo. Auch jetzt, ohne Wohnung. Vielleicht ist er das seinem Stolz schuldig. Markowsky steht zu seinem Leben. Zu seiner Armut.
Wenn Jan Markowsky ins Erzählen kommt, schichtet er akribisch Detail auf Detail. Man kann ihn dabei schlecht zur Kürze anhalten. "Moment!" wehrt er dann ab: "Ich erzähle Ihnen die ganze Geschichte, die ganze Geschichte, ich erzähle Ihnen die ganze Geschichte."
Manchmal kommt er von den Sätzen nicht mehr los. Als würden seine Gedanken stranden, irgendwo in seinem Kopf. Weil alles zusammenhängt. So viele Dinge.
Als 1984 sein Ausreiseantrag genehmigt wird, packt er nur etwas Wäsche in eine Reisetasche. Am anderen Ende des Tränenpalastes beginnt sein neues Leben. Nichts wird damit leichter.
Ein erster Job als Energieberater ist nur befristet, seine Versuche als Freiberufler scheitern. Das Gefühl, dass auch in Westberlin nichts vorwärts geht, wird immer bohrender. Hinzu kommen Mietschulden, Beziehungsprobleme, Depressionen.
Als die Mauer fällt, sind die Kontakte in den Osten längst gekappt.
Ein Architekt, bei dem er zeitweise doch angestellt wird, hilft ihm beim Entschulden, bringt ihn in einem Haus in Prenzlauer Berg unter. Es wird seine letzte Wohnung sein.
"Jan Markowsky war hoch intelligent und sehr individuell", sagt der Architekt. "Aber als Ingenieur fehlte ihm der Sinn dafür, was praktisch durchführbar ist." Er spricht von ihm in der Vergangenheit.
Womöglich ist es so, dass sich Menschen wie Markowsky in kein System einpassen können. Weil sie sich mit Autoritäten schlecht arrangieren. Weil sie zu eigensinnig sind. Zu eigenbrötlerisch wohl auch.
Im Januar 2000 zerstreitet er sich mit seinem Chef. Dann passiert die Sache mit der Wohnungstür, mitten in einer schlechten Phase.
Das Ende? Der Neuanfang.
"Frei von allen Zwängen zu sein", sagt Jan Markowsky, "das ist das Wichtigste."
Sein jüngerer Bruder Helmut, Pfarrer in Thüringen, sagt: "Ich sehe seine Obdachlosigkeit nicht als absteigenden Ast, sondern einfach als seinen Lebensweg. Er scheut sich nicht, soziale Grenzen zu durchbrechen."
Eine Geschichte erzählt Jan Markowsky gern. Einmal schläft er in einem Park. Im Morgengrauen läuft ein Jogger vorbei. Er sieht wie ein Büromensch aus, einer, der sich quält, um fit zu wirken, belastbar. "Der hat bestimmt gedacht: Der arme Penner. Ich habe gedacht: Der arme Jogger."
Das ist seine Sicht auf die Welt. Markowsky besitzt kaum etwas. Es fehlt ihm an nichts.
Der kleine Mann hat es eilig. Er rennt durch die Schlesische Straße, seine offene Regenjacke flattert, der Schal hängt lose am Hals. Die schnellen Schritte wollen kaum passen zu dem massiven Körper. An diesem Abend nimmt die Kreuzberger Taborkirche Obdachlose auf. Menschen wie ihn. Es wird voll sein. Er ist spät dran. Jan Markowsky läuft um seinen Schlafplatz.
Als er den Vorraum betritt, sind die meisten Isomatten schon belegt. Unter seinem Arm klemmt eine blaue Ikea-Einkaufstasche. Am nächsten Morgen will er von einer Bäckerei Essenspenden für andere Obdachlose abholen.
Er setzt sich, sieht sich um, ausdruckslos. Am Tisch starrt ein bärtiger Mann verschlossen in seine Tasse. Auf dem Boden krümmt sich ein schwer zugedröhnter junger Kerl. Daneben ist noch eine Matte frei. Die letzte. Direkt an der Tür. "Ist in Ordnung", brummt Jan Markowsky. "Reicht mir doch."
Es muss reichen.
Genug warme Plätze für Obdachlose
Doch viele Betroffene meiden die Unterkünfte der Hilfsorganisationen
Vor zwei Tagen ist der erste Obdachlose beigesetzt worden, der in diesem Winter in Berlin erfror, Burkhard Horstmann vom Kottbusser Tor. Nach Ansicht von Stefan Schneider droht das Schicksal von "Ingo vom Kotti", wie Horstmann genannt wurde, auch vielen anderen Wohnungslosen; angesichts von den 7000, die in der Stadt registriert sind, sei eine hohe Dunkelziffer anzunehmen.
Schneider leitet das "Kaffee Bankrott", eine Anlaufstelle für Obdachlose am Prenzlauer Berg. Die Einrichtung bietet auch bis zu 19 Übernachtungsmöglichkeiten an. Wenn sie ausgeschöpft sind, wird das Kältehilfe-Telefon eingeschaltet. Diese "Koordinationsstelle" versucht, eine andere Einrichtung zu finden, wo noch freie Plätze verfügbar sind. Das funktioniere einwandfrei, sagt Schneider, der die Obdachlosen-Szene seit zwölf Jahren beobachtet. "Freie Kapazitäten gibt es genug."
Mit Kältehilfe-Telefon, einem Kältebus und zahlreichen Obdachlosen-Einrichtungen in allen Bezirken ist dafür gesorgt, daß kein Obdachloser draußen erfrieren muß. Daß es trotzdem zu solchen Todesfällen kommt, hängt damit zusammen, daß Betroffene sich lieber draußen mit Alkohol und Drogen betäuben als im warmen Asyl darauf zu verzichten.
Nadja Stodden, Leiterin des Kiez-Cafés der Arbeiterwohlfahrt in Friedrichshain, kennt diese "Hemmschwelle". Viele Obdachlose seien es nicht mehr gewöhnt, sich in eine Gemeinschaft einfügen und Regeln befolgen zu müssen. Und mit der Größe der Gruppe wächst auch das Konfliktpotential. Aus diesem Grund plädiert Stefan Schneider vom "Kaffee Bankrott" für kleinere Einrichtungen, die über 10 bis 20 Plätze verfügen. Denn bei solchen Kapazitäten komme Gewalt erfahrungsgemäß weitaus weniger vor als in großen Unterkünften.
jcs
Noble Geste
mob e.V. legt finanziellen Grundstein für Bürgerstiftung
In immer mehr deutschen Städten erweisen sich Bürgerstiftungen als eine erfolgreiche Form bürgerschaftlichen Engagements für das Gemeinwohl. Auch in Prenzlauer Berg ist jetzt eine solche Plattform im Aufbau. Am 11. Oktober übergab der Verein »mob - obdachlose machen mobil« als erster Stifter eine Verpflichtung über 1.000 EUR zugunsten des Stifterkapitals an die Initiative »Bürgerstiftung Prenzlauer Berg«. Für deren Gründung ist ein Stiftungskapital von mindestens 50.000 EUR erforderlich. »Weitere Absichtserklärungen liegen uns vor, so dass wir den Gründungsakt hoffentlich im nächsten Jahr vollzierhen können«, sagt die Politikwissenschaftlerin Romy Köhler von der Initiative, die ihren Sitz im Eliashof in der Senefelderstraße 6 hat und zu ihren Mitgliedern auch die Medienpädagogin Melanie Ludwig, die Juristin Stefanie Engelbrecht und den Industriekaufmann und Diplomsoziologen Andreas Domke zählt. Mit den Zinserträgen des Stiftungskapitals sollen vor allem Projekte in den Bereichen Kultur, Bildung, Soziales und Umwelt in Prenzlauer Berg entwickelt bzw. gefördert werden. Der Förderschwerpunkt liegt auf Integrationsprojekten für Kinder, Jugendliche und Senioren. Gemeinsam mit der Seniorenfreizeitstätte »Herbstlaube« in der Dunckerstraße sowie mehreren KiTas wird zurzeit das generationsübergreifende Netzwerk »Oma und Opa gesucht« vorbereitet.
Finanzielle Beiträge zum Aufbau der parteiunabhängigen, autonom handelnden Stiftung können sowohl mit einer »Zustiftung« von mindestens 500 EUR als auch durch Spenden geleistet werden (Treuhandkonto
Initiative Bürgerstiftung Prenzlauer Berg; Berliner Volksbank, Konto-Nr. 8847012006, BLZ 100 900 000). Weitere Infos unter www.buergerstiftung-prenzlauerberg.de.
Albrecht Molle
http://www.mieterberatungpb.de/admin/download/files/Heft1107.pdf, seite 8
Berliner Straßenzeitung legt mit 1000 Euro den finanziellen Grundstein für die zukünftige Bürgerstiftung Prenzlauer Berg
Berlin (sk) - Zum 1. Oktober 2007 hat der Verein mob - obdachlose machen mobil e.V. / strassenfeger als erster Stifter eine Stifterverpflichtung über 1000 Euro zugunsten des Stiftungskapitals der Bürgerstiftung Prenzlauer Berg unterzeichnet. Damit setzt der im Prenzlauer Berg ansässige Obdachlosen-Selbsthilfeverein, der auch die Obdachlosenzeitung strassenfeger herausgibt, sein langjähriges bürgerschaftliches Engagement fort.
Diese Zustiftung ist der erste Schritt zur Gründung einer parteiunabhängigen, autonom handelnden Stiftung von Bürgern für Bürger im Stadtteil Prenzlauer Berg, für deren Gründung insgesamt ein Stiftungskapital in Höhe von 50.000 Euro erforderlich ist. Dem ersten Schritt des mob - obdachlose machen mobil e.V. folgend, lädt die Gründungsinitiative der Bürgerstiftung Prenzlauer Berg alle Bewohnerinnen und Bewohner des Stadtteils Prenzlauer Berg zur bürgerschaftlichen Mitarbeit in der Stiftung, sowie zu Spenden und Zustiftungen ein.
Nach ihrer erfolgreichen Gründung verfolgt die Bürgerstiftung Prenzlauer Berg das Ziel, die Lebensqualität in diesem Stadtteil langfristig zu verbessern, indem sie Projekte aus den Bereichen Kultur, Bildung, Soziales und Umwelt selbst entwickelt und ähnlich orientierte Projekte aus den Zinserträgen des Stiftungskapitals fördert. Der Förderschwerpunkt liegt auf Integrationsprojekten von Kindern, Jugendlichen und alten Menschen.
Weitere Informationen unter www.buergerstiftung-prenzlauerberg.de
aus: http://www.linkezeitung.de/cms/index.php?option=com_content&task=view&id=3515&Itemid=260
- Documentation: 24 Hours on the Streets; The Ultimate Test. Berlin 1997
- 2007.12.22. - Märkische Allgemeine - Klaus Stark: Gute und schlechte Jobs
- 2008.01.05. - Tagesspiegel - Frank Brunner: Eiskalte Abwege
- 2007.11.01. - VorOrt - Albrecht Molle: Alltag und Legende. Aus der Geschichte der Oderberger Straße