Prenzlauer Allee 87 - Rigips, Ständerwerk und alles für den Innenausbau
EINS
Wer den Schläferraum unseres Treffpunktes betritt, sieht zunächst einen mit Doppelstockbetten vollgestelltes Zimmer. Gleich links an der Wand steht eins davon, an der rechten Wand quer hintereinander weg die drei anderen, getrennt nur durch metallene Spindwände, wie man sie von Betrieben her kennt. Ganz hinten links am Fenster, das zugleich als Notausgang dient, ist eine Sitzgarnitur zu erkennen, ein kleiner Tisch, in der Ecke ein gespendeter Fernseher mit kleinem Bild. Irgendwo an der Wand hängt ein Feuerlöscher, und daneben ein Zettel: Das Rauchen im Bett ist strengstens untersagt. Es herrscht eine drangvolle Enge, hier und da in den engen Gängen zwischen den Betten steht eine Plastiktüte oder eine Tasche, und man fragt sich, wie mag die Luft hier wohl sein, wenn acht Menschen hier übernachten? Seit geraumer Zeit ist die Notübernachtung tip top in Ordnung, jeden Tag wird gefegt, häufig auch gewischt, man muß sich nicht mehr schämen, wenn man Gästen den Schläferraum zeigt. Nicht zuletzt H., die seit einigen Wochen hier lebt, hat ein wachsames Auge auf Sauberkeit und Ordnung. Es wäre schön, noch einen zweiten Raum zu haben, sagt Ronald, der den Treffpunkt leitet. Einen nur für Frauen. Es gibt nur wenige ganzjährig in Berlin geöffnete Notübernachtungen, die einen separaten Raum für Frauen anbieten.
ZWEI
Die Notübernachtung und der Treffpunkt ist geöffnet an dreihundertfünfundsechzig Tagen im Jahr rund um die Uhr. Sie wird bezahlt durch die Kostenbeiträge der Übernachter und durch Spenden. Es gibt keine öffentliche Förderung durch das Land Berlin oder den Bezirk Pankow. Die Einrichtungen, die öffentliche Förderung erhalten, haben oft nur wenige Stunden in der Woche geöffnet. Vertrackte Logik: Staatliche Förderung für weniger Leistung. Aber das ist ein anderes Thema. Neben dem oben beschriebenen Schläferraum bietet der Verein mob e.V. in diesem Treffpunkt folgendes an: eine kleine Kleiderkammer, eine Dusche, eine Waschmaschine, eine Küche, in welcher die Lebensmittelspenden der Berliner Tafel verarbeitet werden für Frühstück und warme Mahlzeiten, einen eigenen Treffpunktraum mit Theke und 25 Plätzen an 5 Tischen, eine Büro mit Telefon, Faxgerät, einem Kopierer und ein Internetanschluß. Gelegentlich wird der Treffpunkt auch noch genutzt für kleine Ausstellungen oder Versammlungen. Für diese ganze - und sicherlich noch unvollständig aufgezählte - Palette an Angeboten steht uns eine Fläche von 104 Quadratmetern zur Verfügung. Effektiver können Räume wohl nicht mehr genutzt werden. Auf der anderen Seite reicht der Platz nicht mehr aus: Die Sanitärräume sind eigentlich zu klein, die Küche auch, für eine Kleiderkammer ist kaum mehr Platz vorhanden, die Lebensmittelspenden sind in Tiefkühlschränken im Büro eingelagert, auch der Keller ist voll gestapelt, und wir haben null Platz für die Einlagerung von Möbelspenden und sonstigen Einrichtungsgegenständen, die dringend benötigt werden von Menschen, die sich wieder eine Wohnung einrichten.
DREI
Es war der (ehrenamtliche) Leiter des Treffpunktes, der sich nach Feierabend auf den Weg machte und die Straßen der Umgebung absuchte nach geeigneten Objekten und wurde fündig. Nach intensiven Verhandlungen mit dem Eigentümer kam der Verein mob e.V. zu einer tragfähigen Einigung für ein neues Objekt:
In der Prenzlauer Allee 87 genau gegenüber des S-Bahnhofes Prenzlauer Allee hat mob e.V. Räumlichkeiten gefunden, in denen all diese Projekte Platz finden werden. Alle Beteiligten freuen sehr darauf, weil durch kurze Kommunikationswege ein professionelleres Arbeiten möglich ist, die Räume des Cafes sich vergrößern und ein Treffpunkt möglich wird, mehr Plätze für die Notübernachtung geschaffen werden, sanitäre und feuerschutztechnische Vorschriften erfüllt werden und Werkstätten für Integration in Arbeit entstehen. Der Ausbau des Objektes wird durch Obdachlose in Selbsthilfe ausgeführt.
VIER
Herr Brodthuhn, der zusammen mit Herrn Hegener am Aufbau dieses neuen Objekts am Wirken ist, hat einmal für die Redaktion aufgeschrieben, was zusammen benötigt wird. Er schreibt:
"Daher benötigen wir dringend Spenden. Unbedingt benötigt wird Rigips, Ständerwerk und alles, was für den Innenausbau benötigt wird. Für jede Sachspende, die Sie uns zukommen lassen, stellen wir Ihnen selbstverständlich Spendenquittungen aus. Durch die aktive Mitarbeit der Betroffenen in den oben genannten Projekten werden diese Menschen wieder in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse gebracht.
Wir werden dieses Projekt in unserer Zeitung Strassenfeger redaktionell und mit Fotos begleiten, um den Fortschritt der Arbeiten zu dokumentieren. Sämtliche Firmen, die uns mit Sachspenden unterstützen, werden regelmäßig namentlich (auf Wunsch auch anonym) als Sponsoren genannt. So bieten wir Ihnen die Möglichkeit, mit ihrem sozialen Engagement in der Öffentlichkeit aufzutreten.
Rigips (Feuchtraum und Trockenraum) zzgl. Ständerwerk (Wand + Decke)
Dämmstoffe, Rotband, Füllspachtel
Grundierung, Ausbaukleber, Tapeten
Dispersionsfarben
Fliesen, Kleber, Fugenmasse, Silikon
Sanitäranlagen (Dusche, Rohre, Garnituren)
Werkzeuge allgemein
Bodenbeläge
Wir sind mehr als zufrieden, wenn Sie uns bei einigen der Punkten auf unserer "Wunschliste" behilflich sein können. Es muß auch keine Ware der ersten Wahl sein. Wenn Sie aufgerissene Säcke Putz oder ähnliches haben, die auf Grund dessen nicht mehr an Kunden zum Verkauf abgegeben werden können, wäre es uns eine große Hilfe.
FÜNF
Sie erreichen uns wie folgt:
mob - obdachlose machen mobil e.V.
Treffpunkt Prenzlauer Allee
Herr Brodthuhn: 030 - 467 9 xxxx
Herr Hegener: 030 - 447 36 xxx oder
Fax: 030 - 447 36 xxx
SECHS
Klaus, den inzwischen alle nur noch Hausmeister Krause nennen, ist einer der Pioniere des neuen Standorts. Klaus ist als Übernachter in unserer Notübernachtung zum Verein gekommen und wurde von Andreas B. angesprochen, ob er nicht mithelfen möchte bei dem Aufbau der neuen Räumlichkeiten in der Prenzlauer Allee 87. Und er wollte. Alles, was an Abbruch und Beräumungsarbeiten ansteht, hat Krause zusammen mit seinen beiden rührigen Kollegen aus dem Weg geschafft. Für Krause hat das neue Vorhaben eine wichtige Bedeutung. Er wird gebraucht, kann seine Arbeit unter Beweis stellen, sieht wieder eine Perspektive in seinem Leben. Jetzt könnte es weitergehen mit weiteren Ausbauarbeiten, etwa um Räume abzutrennen. Jetzt sind Sie gefragt, damit Krause und seine Kollegen weiterarbeiten können. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Bruno Katlewski