Vorbemerkung: Ich weiss gar nicht mehr genau, wo und wann ich Josef Marr kennen gelernt habe, auf jeden Fall gehörte er eine Zeit lang zu der Gruppe um Hans Klunkelfuß, Peter Gotthard und Werner Picker, die durch Deutschland gezogen sind und die Berber-Briefe gemacht und verbreitet haben. Von Josef Marr habe ich eine Mappe von Texten bei mir zu Hause, Geschichten, die er veröffentlicht hat. Irgendwannmal zog er sich von der Gruppe zurück und begann ein ganz bürgerliches, seßhaftes Leben in Wallenhorst bei Osnabrück. Im Jahr 1997 erreichte uns ein Leserbrief von ihm. Danach hatte ich noch ein paar Mal Kontakt mit ihm per email, dann brach die Verbindung ab. Ob er noch lebt? Im Internet gibt es keine Spuren von ihm. Mal sehen, ob ich eines Tages dazu komme, seine Texte zu veröffentlichen.

Berlin, 21.08.2014

Stefan Schneider


Josef Marr
Wallenhorst

08.01.1997

Liebe Leute;

Wenn ich so Karstens Zeilen in Sachen "Luftschlösser aus Holz" lese, kommt bei mir wieder der innere Landstreicher hervor. Was um alles in der Welt wollen die Leute alle in der Stadt?!? Ich bin froh darüber, auf dem Lande zu wohnen und fühle mich keinesfalls von der Gesell­schaft verdrängt - im Gegenteil. In der Siedlung bin ich bekannt samt meiner Vergangenheit und die wenigen Leute, die mit "Der da..." ankommen, kann ich wohl ganz gut ertragen und ganz milde drüber lächeln. Wichtig ist doch immer, daß etwas getan wird und manchmal hilft das Glück noch et­was nach...
Zum Projekt "Häuser gegen die Kälte": Die Leute im Odenwald machen zum Beispiel Holzspielzeug - ist schonmal etwas und sieht in den Köpfen der Nachbarn ganz anders aus. Hier sind sicherlich Ei­geninitiative und Ideen gefordert - zeigen, daß es auch anders geht in einer extremen Lebenssitua­tion. Sicherlich sind nicht alle Wohnungslosen in "Luftschlösser aus Holz" hineinzubringen. Aber es kann ein Ansatz sein. Es gibt/gab da ein Berber-Dorf in Esslingen, das in der Bevölkerung sehr gut ankommt/ankam. Kaum Eine/r sagt "Die da...", sondern die Leute gingen selber hin und sprachen mit den Leuten. Selbstredend wurde nachgefragt, ob irgendetwas nötig wäre. Und ich glaube, daß, wenn sich Bürger für solch ein Projekt einsetzen, die Gemeinden irgendwie mitziehen (müssen). Und aus eigener Erfahrung sage ich: Geht auf die Dörfer und in Berlin an den Stadtrand. Im Trubel laufen die Leute an Euch vorbei und Ihr seid Niemand. In ländlichen Gebieten sind die Leute zwar zunächst zu­rückhaltend aber einmal "warm geworden", sieht das ganz anders aus. Und mit der Arbeit, die den Lebensunterhalt sichert, sieht es sowohl in den Städten wie im ländlichen Gebiet gleichermaßen schlecht aus. Wo Betroffene letztendlich ihre "Stütze" her bekommen, müßte eigentlich egal sein. Ideal fände ich es, wenn "Häuser gegen die Kälte" und Arbeit vor Ort verbunden würde ->raus aus der Abhängigkeit, soweit es möglich ist.

Für heute ersteinmal alles Gute und Gruß
Josef Marr

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