Wahrscheinlich ist es Ihnen gar nicht aufgefallen: Von den 22 Beiträgen der letzten Ausgabe wurden 12 von obdachlosen oder ehemals obdachlosen Autoren erstellt. Aha, werden Sie sagen, schon wieder eine Statistik. Aber es geht um etwas anderes: Wettbewerb ist gnadenlos gegenüber Verlierern. Das wäre soweit in Ordnung, solange wir über Sport reden täten. Es kann immer nur einen Gewinner geben. Jedoch im Kontext des täglichen Lebens sieht das ganz anders aus: Es geht darum, Geld zu haben zum Einkaufen, Miete und alles andere muß auch bezahlt werden. Daß dafür gearbeitet werden muß, hart gearbeitet, ist jedem klar. Wenn aber die Frage des täglichen Überlebens als Konkurrenz organisiert ist, dann stimmt etwas nicht. Es kann nicht sein, daß 200 Leute Schlange stehen um einen Arbeitsplatz oder eine Wohnung und dann sortiert wird: Nur einer, und zwar der Beste, erhält den Zuschlag und die anderen gehen leer aus. Ja, werden Sie sagen, aber Sozialismus hat auch nicht funktioniert - eine historische Erfahrung. Was (also) tun? Der große Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin, hat in seiner gleichnamigen Publikation aus dem Jahre 1902 die Frage wie folgt beantwortet: Zeitung machen! Die Zeitung selber, so Lenin, sei nicht nur Transmissionsriemen für Nachrichten und Botschaften (das moderne Wort dafür ist: Kommunikation), sodern auch ein einzigartiger Organisator. Man kann von Lenin nun halten, was man will, aber eines ist klar: Der gemeinnützige Verein »mob - oddachlose machen mobil e.V.« kann durch sein Zeitungsprojekt »strassenfeger« vielfältiges organisieren: Verdienstmöglichkeiten für obdachlose und arme Menschen, Arbeitsmöglichkeiten in den Bereichen Vertrieb, Notübernachtung und Redaktion; Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit, Wohn- und Kulturprojekte und weiteres mehr. Wir wollen hinaus auf eine gerechte Verteilung von Arbeit und Wohnung, Einkommen und Grund und Boden. Erst, wenn dies gesichert ist, können wir in einen Wettbewerb eintreten - aus Spaß am Spiel. Durch den Kauf dieser Zeitung und durch Ihre Spenden auf unser Konto »mob e.V. - Kto.-Nr. 76 35 48 - 107 - BLZ 100 100 10 - Postbank Berlin« tragen Sie dazu bei, daß die Verlierer dieser Gesellschaft sich nicht als Versager fühlen müssen, sondern einen Ansatzpunkt finden, ihr Leben zu organisieren. An dem zentralen Problem der Obdachlosigkeit, so würde Brecht sagen, hat sich damit noch nichts geändert. Aber ein paar Menschen ist damit geholfen. Und das ist doch schon mal was!
Stefan Schneider