Spätabends, nach einem langen Tag, vieles unerledigt lassend, vom Krankenhaus auf dem Weg nach Hause, in der S-Bahn sitzend, Blicke durch die regennasse Scheibe in das schwarze Nichts der Stadt. Einzelne Lichter auf dem Weg, der regennasse Hund müde und eingerollt zu meinen Füßen, das sorgenvolle Gesicht einer Freundin - was wird mit mir? - noch im Kopf und sie werden eine zweite Angriffswelle fliegen in dieser Nacht. Vorhin am Alexanderplatz, diese kleine Gruppe der Demonstranten, sie protestieren gegen einen Krieg, der nicht gewinnbar ist, Angst schreibt sich ein in die Herzen, in die Seelen. Nichts ist mehr unbeschwert. In mir das Gefühl, ich bin alledem nicht gerecht geworden an diesem Tag, heute.

Versuche, diese Stimmung zu beschreiben, Bilder zu finden. Auch ein wenig Melancholie. "Und wenn ich wüßte, morgen würde die Welt zu Grunde gehen, ich würde heute noch ... - von wem ist dieses Zitat?" - "Es wird im allgemeinen Martin Luther zugeschrieben", antwortet die scharfsinnige Freundin, nicht ohne zu kommentieren: "... protestantisch biedersinniger Optimismus!" Ich blickte offenbar ein wenig verstört, und die Freundin relativierte sofort, "vielleicht ist ja gerade das eine der großen Leistungen der Weltreligionen, Trost zu spenden." Nachdenklich fuhr ich nach Hause.

Diese Sache mit dem Apfelbäumchen, das Martin Luther und nach ihm viele andere würden pflanzen wollen, wenn es denn wirklich schwierig wird, hat mich noch eine ganze Weile beschäftigt. Egal was kommt,  ich verweigere mich einem Krieg, arbeite weiter an einer Sache, die in sich stimmig, die in sich sinnvoll ist. Was es SO gemeint?

Ein später Abend im Herbst, Terror, Angst und wieder Angriffe, Menschen auf der Flucht und Obdachlose vor unserer Tür, was habe ich heute getan, was ist wirklich wichtig, worauf kommt es an?

Robert Thiel

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