John F. Kennedy-Institut/ Otto Suhr-Institut
SoSe 1996
HS 32511: Obdachlosigkeit in Nordamerika und Deutschland
DozentInnen: Margit Mayer/Stefan Schneider
Nina Musmann
Wohnungslose Frauen, Kinder und Jugendliche in Deutschland und den USA
In diesem Seminar, welches wir aufgrund der Aktionswoche öffentlich im U-Bhf. Möckernbrücke abhielten, ging es um obdachlose Frauen, Kinder und Jugendliche in Deutschland und den USA. Zusammenfassend ist an dieser Stelle noch mal zu erwähnen, daß die Ursachen für Obdachlosigkeit bei Frauen in Deutschland und USA ungefähr die gleichen sind, sprich ökonomischer,- sozial - psychologischer - und persönlicherseits. Sei es aufgrund von Mißhandlungen, geschlechts - spezifischer Unterbezahlung, Krisensituationen in der Rolle als Mutter und Frau, Familienzerrüttung oder psychischer Erkrankung. All diese Faktoren können die Frauen an die Existenzgrenzen treiben und infolgedessen in die Obdachlosigkeit. Auf der Straße sind sie sexuellen Belästigungen und Mißhandlungen durch Männer sowohl aus der Gemeinschaft als auch Fremden ausgesetzt. Der Anteil obdachloser Frauen liegt zwischen 15% und 20%. Medizinische Projekte, Notunterkünfte, Hilfsorganisationen und Streetworker bieten eine Anlaufstelle sowie einen Zufluchtsort für Obdachlose.
Als Diskussionsbasis bot sich die Frage nach der Reintegration obdachloser Frauen in die Gesellschaft an. Wie kann die soziale Infrastruktur verbessert werden, um eine soziale Integration Obdachloser zu erreichen?
Das Problem lag offenkundig in der Entfremdung Obdachloser zur Gesellschaft. Eine Integration würde auch Isolation bedeuten, da Obdachlose sich in den gesellschaftlichen Normen nicht zurechtfänden, geschweige denn den Wunsch hätten sich in diese Gesellschaft reintegrieren zu lassen. "Wo" sollten Obdachlose integriert werden? Dazu müßte als Erstes ihr "Obdachlosenstatus" festgestellt werden, sprich wie lange leben die Frauen schon auf der Straße, wie (über)leben sie und schützen sich vor öffentlichen und staatlichen Repressionen? All diese Fragen und Thesen blieben unbeantwortet, da besonders obdachlose Frauen unter dem Stigma "obdachlos zu sein" leiden. Sie (er)scheinen eher unsichtbar, also laufen herum, um nicht offensichtlich erfaßt zu werden. Darüberhinaus stellte sich die Frage, warum es mehr obdachlose Männer als Frauen gibt, wo doch Frauen unter viel schlechteren Bedingungen in der (modernen) Gesellschaft leben und arbeiten müssen?
Fazit ist, daß an den Wurzeln der Sozialpolitik gearbeitet werden muß und Obdachlosigkeit als Folge einer falschen Systemstruktur erkannt werden muß.
Obdachlose Kinder und Jugendliche sind häufig die Ursache von zerrütteten Elternhäusern, elterlicher Gewalt, sexuellem Mißbrauch oder auch Schulproblemen. Unter ihnen gibt es aber auch die Aussteiger und Ausreißer, deren Abwesenheit von der Familie toleriert, bzw., die nach ein paar Monaten zur Familie zurückkehren. Daher ist die Zahl obdachloser Kinder / Jugendlicher sowohl in Deutschland als auch in den USA statistisch schwer festzustellen. Generell ist zu sagen, daß die Kinder und Jugenlichen starken physischen und psychischen Problemen auf der Straße ausgesetzt sind. Krankheiten, Infektionen, Gewalt, Prostitution, Mißbrauch, Drogen und staatlich repressive Handlungswillkür drängen sie in einen marginalisierten Teufelskreis, in dem sie als Opfer eines Gesellschaftssystems mit ungerechten und ungleichmäßigen Umverteilungsstrukturen (über-)leben müssen.