Mensch als Industriepalast, Poster zum Buch von Fritz Kahn 1926 - Quelle: siehe unten im Text[Definitionen] Um ehrlich zu sein, in früheren Jahren habe ich mich nicht weiter mit Hirnforschung beschäftigt. Kopfschmerzen hatte ich so gut wie nie, und nachdem ich eine Brille bekam, konnte ich auch wieder dem Geschehen vor mir mit voller Aufmerksamkeit folgen. Das ist vor dem Fernseher aufgefallen, weil ich immer die Augen so zusammen kniff, um einigermaßen scharf sehen zu können. Bezüglich der Frage nach der Intelligenz war ich auf Seiten derer, die die Auffassung vertraten, dass es die sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen, ja ganz allgemein die gesellschaftlichen Verhältnisse seien, die für die Entfaltung der Intelligenz eines Menschen maßgeblich seien. Und wichtig war auch noch der Hinweis, dass Intelligenz lediglich das ist, was der Intelligenztest misst. Das hört sich spitzfindig an, meint aber, dass Intelligenz etwas ist, was Menschen erfunden und einige wenige festgelegt haben. Das kann auch anders definiert werden oder ist vielleicht ganz verzichtbar.

[Systeme] Später im Studium tauchte die Frage nach der Intelligenz und ihren Ursachen nochmals anders auf, im Rahmen des Psychologiestudiums. Wo kommt er her, der menschliche Verstand? Darüber hatte ich nie nachgedacht und hätte wahrscheinlich gedacht, der ist irgendwie vom Himmel gefallen. Die Auseinandersetzung mit den Theorien der kulturhistorischen Schule um Vygotskij, Leont'ev und Lurija, eröffnete mir eine völlig andere Perspektive. Weil Organismen ihre Tätigkeit koordinieren müssen, entsteht Hirn. Insbesondere die menschliche Tätigkeit ist ungeheuer komplex, sie erfordert Kommunikation, die Speicherung von Erfahrung, Phantasie, die Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen und weiteres mehr. Deshalb kann Lurija auch schreiben: "Die gesellschaftlichen Formen des Lebens zwingen das Gehirn auf neue Weise zu arbeiten, sie lassen qualitativ neue funktionelle Systeme entstehen." (Lurija 1978, 647).

[Steigerung] Vor diesem Hintergrund macht es Sinn, darüber nachzudenken, wie unser Gehirn möglichst optimal genutzt werden kann. Ein natürlicher Brainbooster ist z.B. Braincharger, das ist ein auf dem Markt erhältliches Nahrungsergänzungsmittel mit legalen hirnaktiven Stoffen und natürlichem Guarana. Von Guarana wird gesagt, dass dieses Amazonaspflanze beleben und – ähnlich wie Kaffee - die Aufmerksamkeit und Konzentration fördern soll. Wenn es also darauf ankommt, wissenschaftliche Texte zu schreiben, Ergebnisse zusammen zu fassen, Schlussfolgerungen zu ziehen und neue Ideen zu entwickeln, wäre dies eine Option. Einmal hörte ich, dass 99% aller Menschen an einem beliebigen Tag zu 95% die selben Gedanken denken, die sie am Tag zuvor gedacht haben. Seit dem ich das weiß, leiste ich mir manchmal den Luxus, dass ich mich hinsetze und mir vornehme, mal was anderes, neues zu Denken. Das ist aufregend. Und anstrengend.

Berlin – Schmöckwitz 15.07.2013

Stefan Schneider

[Literatur] Lurija, A.R.: Die Stellung der Psychologie unter den Sozial- und Biowissenschaften. Sowjetwissenschaft -Gesellschaftswissenschaftliche Beiträge, 31. (1978) 6, 640-647.

[Abbildung] "Der Mensch als Industriepalast": Plakat, 1926 als Anlage der Publikation von Fritz Kahn "Das Leben des Menschen III" erschienen.

[Quelle] hier: http://www.fontblog.de/wp-content/uploads/2011/08/PosterKahn_klein.jpg

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