Verhandlung. An die Arbeitsbesprechungen am Institut für Allgemeine Pädagogik erinnere ich mich noch genau. Das Team bestand aus dem Professor, dem ersten langjährigen Assistenten, der zweiten Assistentin, der ebenfalls langjährigen Sekretärin und mir. Ich war der wissenschaftliche Mitarbeiter. Und genau in der Reihenfolge wurde gesprochen. Wenn ich dann zu irgendeinem Problem meine Meinung sagen wollte, was das im Grunde egal, denn mit 99%iger Sicherheit war von den Vorredner_innen alles gesagt, was mir jemals auch nur hätte in den Sinn kommen können. Entsprechend der Bedeutung in der Hierarchie war auch die Länge der Redebeiträge. Mit anderen Worten: Diese Besprechungen waren für mich nur mäßig interessant, und meistens blieb mir nichts anderes übrig als herum zu sitzen und darauf zu warten, ob die anderen vielleicht doch noch an meiner Meinung interessiert sein könnten. Und wenn ich mal eine guten, kreativen Vorschlag zu machen hatte, änderte sich die Reihenfolge der Redebeiträge und der Professor sprach als letztes. In der Regel wurden Bedenken vorgetragen und spätestens, wenn auch der Professor nicht wollte, was das Ding gestorben. Frust pur.
Verstärkung. Diese Darstellung ist natürlich maßlos übertrieben, aber nicht völlig falsch. Ein großer Teil der wissenschaftlichen Arbeit funktionierte genau so und der etablierte Chef konnte mit Hilfe dieser Hierarchie einiges an Vorhaben und Projekten durchziehen, die er allein niemals so gestemmt hätte. Heute können – zum Glück – nur noch wenige Wissenschaftler_innen so arbeiten, und die meisten anderen sind darauf angewiesen, in gleichberechtigten Teams und Netzwerken zu arbeiten. Wissenschaftler_innen von heute sind Unternehmer_innen in eigener Sache. Und wenn beispielsweise im wissenschaftlichen Alltagsbetrieb Verstärkung notwendig ist, kann bequem auf virtuelle persönliche Assistenten zurückgegriffen werden. Die digitale Vernetzung, die von vielen als Verursacher des Niedergangs universitärer Privilegien angesehen wird, ermöglicht heute bequemes Outsourcing
Verfügung. Es war Karl Marx, der im 4. Kapitel vom ersten Band des Kapitals vom doppelt freien Lohnarbeiter gesprochen hat. Frei von Produktionsmitteln und frei darin, seine Arbeitskraft auf dem Markt zu verkaufen. Auch die immaterielle Arbeiter_innen von heute sind doppelt frei. Sie verfügen mit dem vernetzen Computer und seiner freien Software über ein universelles Produktionsmittel, über das sie frei verfügen können und sind frei darin, die Erzeugnisse ihrer Arbeit frei auf dem Markt zu handeln. Es wäre interessant zu wissen, wie Karl Marx das beurteilt hätte.
Berlin, 18.03.2012
Stefan Schneider
Abbildung: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Dar_Werkstatt.jpg
Endspurt. Ich war eingeladen zu einem Vortrag an die Hochschule in Esslingen und nutzte diese Einladung zu einem kurzen Forschungsaufenthalt in der Region. Marbach, die Geburtsstadt Schillers, war nicht weit und in Marbach befindet sich auch das Deutsche Literaturarchiv mit einer ganz ansehnlichen Sammlung. Das beste an Marbach ist aber das Collegienhaus, wo Wissenschaftler_innen gegen einen ganz reellen Preis ein kleines Appartment mit Blick auf dem Neckar bewohnen können. Da der Vortragstermin lange vorher feststand, konnte ich noch ein freies Zimmer buchen und im Literaturarchiv einige Recherchen durchführen. Wie immer bei Vorträgen, die ich halte, ist am Abend vorher noch ein kleiner Rest zu erledigen, und so wollte ich nochmals die Präsentation durchgehen und mit Hilfe des Internets ein paar ergänzende Fotos einfügen.
Eindrücke. Ich wusste, dass meine Schweizer Kollegin einen Beamer dabei hatte und kam auf die Idee, den doch mal bitte auf das Zimmer zu bringen. So konnte ich bequem den Bildschirminhalt meines kleinen Notebooks mit den bislang briefmarkengroßen Bildern auf die gegenüberliegende weiße Wand werfen und wir hatten, auf dem Bett sitzend, Obst essend und Tee trinkend, den ganzen Abend lang große Freude daran, noch letzte Veränderungen und Verbesserungen an dem Vortrag vorzunehmen. Da konnten wir einige bessere, schärfe Fotos einbauen, die Reihenfolge optimieren, den Ablauf straffen und ein paar Überraschungen einbauen. Dass sich das auszahlte, konnten wir am nächsten Tag, als die Präsentation auf der großen Leinwand im Audimax gezeigt wurde, deutlich erkennen. Das Auditorium hatte sichtlich Freude an den visuellen Eindrücken und die darauffolgende Debatte war lang und angeregt.
Fankreis. Seit diesem Erlebnis möchte ich keine großen Bildschirme mehr in meiner Umgebung. Ich träume von einem leisen, leistungsstarken Beamer, der mir großflächig im Kinoformat zeigt, woran ich gerade arbeite. So muss Arbeiten sein. Und für den Fall, dass nach einigen hundert Stunden Betriebsdauer mal eine der Lampen schlapp macht, gibt es ja eine große Auswahl an Beamerlampen [link war: http://www.beamershop24.net/ersatzlampe/] bequem im Internet zu bestellen. Nun wird es sicher einige Kolleg_innen geben, die das dekadent finden. Ich finde das praktisch. Und vor allem nachts und im Winter wird diese Art des Arbeitens schon bald einen großen Liebhaber_innenkreis gefunden haben. Da bin ich sicher.
Berlin, 17.04.2012
Stefan Schneider
Abbildung: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/9f/Archives_of_American_Art_-_Louis_Ross_-_2814.jpg
Kunststofftechnik und Lebensqualität
Auch in meinem Kleingartenverein ist der Fortschritt unaufhaltsam. Zum Beispiel werden die Lauben jetzt endlich an die Kanalisation angeschlossen. Dazu werden viele Meter Kunststoffrohre verlegt. Die Kunststofftechnik ist in den letzten Jahren sehr weit vorangeschritten und die Rohre müssen einfach nur zusammen gesteckt werden. Um die Planung dieser Maßnahme kümmert sich der Vorstand in unserem Laubenpieperverein. Der wird alle zwei Jahre wieder gewählt.
Kunststoffbearbeitung und Freizeit
Hätte ich gewußt, dass Konstruieren mit Kunststoffen so einfach ist, hätte ich schon früher mit Kunststoffplatten und Kunststoffrohren gearbeitet. In den Produktdatenblättern sind die wichtigsten Informationen jeweils genau vermerkt. Und auch, um meinen Lebensraum zu vergrößern, kann ich auf Produkte der Acrylglasverarbeitung zurückgreifen.
Plexiglasverarbeitung und Acrylglasverarbeitung für dauerhafte Beanspruchung
Über der Eingangstür von meiner Laube habe ich eine jetzt eine große gewölbte Plexiglasplatte montiert. Das hat den unschätzbaren Vorteil, dass ich jetzt bei Regen oder Nieselwetter trotzdem im Freien vor meiner Laube sitzen kann und nicht nass werde. Denn gerade im Sommer ist es ja auch bei Regenwetter immer noch schön warm.
Wenn ich also dem stressigen Leben in der Großstadt für ein paar Stunden entfliehen möchte, setze ich mich einfach auf mein Fahrrad und fahre in meine Schrebergartenlaube. Ein bisschen Unkraut jäten, Pflanzen gießen und in den Beeten gärtnern, und meine seelische Bilanz ist wieder hergestellt. Manchmal lade ich auch ein paar Freunde ein und wir trinken ein paar Flaschen Bier und beobachten gemeinsam den Sonnenuntergang. Das ist besser als Fernsehgucken. Auch Grillen ist eine gute Idee – aber bitte nicht am Wochenende – wenn alle ihren Grill anwerfen. Dann ist vor lauter Rauch fast nichts mehr zu sehen. Aber so unter der Woche ein paar Bratwürste mit süßem Senf zu verarbeiten, das ist einfach Lebensqualität.
Berlin, 27.03.2012
Abbildung: http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:L%C3%B6ns_Park_Gartenhaus.jpg
Aussichten. Mein Freund Manni aus Erkenschwick war schon in jungen Jahren ein begnadeter Handwerker und Bastler. Wir kamen immer zu ihm, wenn irgendetwas nicht funktionierte, sei es das Fahrrad oder das Kofferradio. Sein Werkzeugvorrat war einfach gigantisch und er fand für jedes Problem eine Lösung. So wunderte es mich auch nicht, dass er später ein Werkzeugfachgeschäft eröffnete. Manni war in seinem Element. In acht Jahren, so hoffte er, hätte er seinen Kredit abbezahlt, und mit 40 wollte er sein Haus gebaut haben. Manni war allseits beliebt, weil er den Kunden immer auch den einen oder anderen Tipp mit auf den Weg geben konnte, egal ob es jetzt um Betonfundamente, Abflussrohre oder eine Antenneninstallation ging.
Abzahlen. Alles änderte sich schlagartig, als die neue Umgehungsstraße gebaut wurde. Denn dort, unmittelbar am Zubringer, entstand auch ein riesiges Einkaufszentrum und dazu ein gigantischer Baumarkt. So erwischte es nicht nur den den Bäcker, den Zeitungsladen und das Lebensmittelgeschäft in seiner Straße, eines Tages musste auch Manni aufgeben. Denn alle fuhren jetzt zum Einkaufszentrum und kauften auch ihr Baumaterial dort ein. So stand er da mit 40.000 € Schulden. Vor sechs Jahren kam er nach Berlin heuerte bei einer kleinen Sanitärinstallationsfirma an und begann, seine Schulden abzubauen. Das war langsam und mühevoll, denn die Konkurrenz war groß und der Lohn niedrig. Große Sprünge waren da nicht drin.
Ausfahren. Letztens wollte Manni dann doch mal zwei Wochen Urlaub machen. Tapetenwechsel. Er überlegte lange, ob er mit einem Kredit trotz Schufa eine kleine Pauschalreise nach Mallorca machen sollte. Dann aber borgte er sich von mir das Fahrrad, schnallte ein paar Klamotten, seinen Schlafsack und ein Zelt auf den Gepäckträger und machte sich auf den Weg zur Ostsee. Dort kam er auch nach vier Tagen an. Irgendwo in der Nähe von Boltenhagen schlug er in den Dünen sein Zelt auf. Neun Tage ging alles gut und Manni erholte sich prima. Bis die Mitarbeiter vom Ordnungsamt kamen. Sie fragten nach der Kurtaxe und verlangten ein Ordnungsgeld wegen wildem Campen in den Dünen. Manni gab sich einsichtig und zückte seinen Ausweis. Die Beamten schrieben alles ab und Manni versprach, unverzüglich sein Zelt zu beräumen und seine Schuld zu begleichen. So ging ein preisgüstiger Urlaub vorzeitig zu Ende. Die Post von Ordnungsamt hat Manni aber nie erhalten – in Erkenschwick hatte er sich längst abgemeldet.
Berlin, 27.03.2012
Stefan Schneider
Abbildung: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Darss_K%C3%BCste.jpg?uselang=de