Seife, aber wie? Poster 1915 - Quelle: WikiCommons" width="300" style="margin: 10px; float: left;" />Gerüst. Da standen wir nun und kamen aus dem Staunen nicht mehr raus. Die Wohnung war riesig in jeder Hinsicht. Vier Meter hohe Decken, ein unendlich langer Flur, riesige Zimmer, Flügeltüren, ein Erkerzimmer, ein Balkon nach vorne und eine Terrasse nach hinten. Eine große Küche mit Kammer und sogar ein Dienstbotenaufgang. Hier könnten wir also auf 188 Quadratmetern unsere Vorstellungen von einer Wohngemeinschaft realisieren. Das Zimmer hinten rechts wollten wir beide haben, Clemens und ich. Im Unterschied zu allen anderen Zimmern gab es hier keine großen Flügeltüren und es war auch kein Durchgangszimmer, es gab nur eine kleine Eingangstür. Wer hier wohnen würde, hätte seine Ruhe. Um eine Entscheidung herbeizuführen, warfen wir eine Münze und das Zimmer war meines. Clemens würde nebenan wohnen, aber er schien trotzdem zufrieden. Im Erkerzimmer entdeckten wir unter der abgehängten Decke eine aufwändige, sehr schöne Stuckdecke. Wir arbeiteten mit Gerüst geschlagene 14 Tage daran, den Stuck frei zu legen, zu reinigen und ordentlich zu streichen. Am Ende hatten wir ein wirklich prächtiges Wohnzimmer.

 

Geschirr. Gleich vorne rechts wohnten Lemmy und Doris, die zeitgleich mit uns einzogen. Doris war die einzige Frau unter uns Männern. An ihre Rede kann ich mich bis heute noch erinnern. Wir standen in Bad und sie sagte: Also, damit das klar ist, ihr setzt Euch alle hin zum Pinkeln. Wir müssen wohl etwas verständnislos geschaut haben, und sie erklärte uns dann: Na, ich werde das, was daneben spritzt, nicht wegwischen! Ihr vielleicht? Das leuchtete mächtig ein und nach einer Woche hatten wir Männer das alle gelernt, immer und bei jeder Gelegenheit im Sitzen zu Pinkeln. Für die männlichen Gäste, die das nicht wussten, hatten wir ein Schild montiert. So war das damals in den 80er Jahren. Hätten wir damals im Bad schon Armaturen gehabt, wie sie beispielsweise bei Emero (http://www.emero.de/) zu finden sind, das Badezimmer wäre perfekt gewesen. Größere Probleme im Zusammenleben manifestierten sich in der Küche. Wenn ich mit dem Abwaschen an der Reihe dran war, wartete ich fast immer, bis fast das gesamte Geschirr aufgebraucht war. Und wir hatten reichlich Teller und Tassen. Auch mit der Haushaltskasse kamen wir sehr gut zurecht. Das gemeinschaftliche Einkaufen erwies sich über Jahre hinweg als ausgesprochen kostensparend.

Gebrechen. Die Zeit des gemeinschaftlichen Wohnens war für mich vorbei, als ich überwiegend nur noch in meinem Zimmer wohnte und die Gemeinschaftsräume nur noch dann benutzte, wenn es notwendig war. Wahrscheinlich bin ich ein paar Jahre zu spät aus der WG ausgezogen. Viele Jahre habe ich es sehr genossen, meine Ruhe zu haben und von nichts und niemanden gestört zu werden. Wahrscheinlich wird sich das in den nächsten Jahren nochmals ändern. Wenn ich dann in eine Alters-WG ziehen werde, um im Spätherbst meines Lebens mit meinen Wehwehchen und Zipperlein nicht alleine sein zu müssen. Eine wichtige Kompetenz für das gemeinschaftliche Leben werde ich dann schon mitbringen. Dass ich im Sitzen pinkele, weil es einfach hygienischer ist.

New York City, 30.04.2012

Stefan Schneider

Abbildung: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Spare_seife_aber_wie.jpg?uselang=de

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