Eklat bei der PDS
Obdachlose fordern Schadenersatz
Mittlerweile ist die PDS fest im parlamentarischen System der Bundesrepublik verankert. So die Partei sich nicht mit sich selbst beschäftigt, wähnt sie sich gar auf dem Weg zur bundesweiten Regierungsverantwortung. Doch kaum, da§ Bisky und Gysi ihren Rückzug erklärt haben, weht auch schon ein anderer Wind im Liebknecht-Haus. Zu spüren bekamen das zuerst die Ausgegrenzten, Stigmatisierten, Marginalisierten und an den Rand der Gesellschaft Gedrängten.
Am Freitag, den 29. April, kam es in den späten Nachmittagsstunden vor der PDS-Zentrale am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin-Mitte zum Eklat: Zwei unbedachte Mitarbeiter des überaus unterhaltsamen wie intellektuell stimulierenden Obdachlosenperiodikums "strassenzeitung" wollten die Genossen mit Plakaten zum 1. Mai auf eine Veranstaltung der besonderen Art aufmerksam machen. Unter dem Motto "Draussen ohne Tür; (K)eine Wohnung - (K)eine Arbeit" treffen sich die Unbehausten der Hauptstadt ab 12 Uhr im Biergarten auf dem Pfefferberg.*
Das Interesse der Sozialisten an der Wohnungslosenproblematik scheint sich sich jedoch in Grenzen zu halten. Wie anders ist es zu bewerten, da§ das ästhetisch durchaus ansprechende Plakat zu diesem Event umgehend entfernt wurde. Dem noch nicht genug, riss ein Angestellter des Hauses den Eimer mit dem Kleister an sich. So sind sie, die Kommunisten: Obdachlosen den Kleister-Eimer wegzunehmen...
Der Verein "obdachlose machen mobil", mob e.V., sieht in diesem skandalösen Vorfall nicht nur einen zu ahndenden Diebstahl, sondern auch einen Indikator für die Politikunfähigkeit der PDS, sie ist keine Partei der Schnorrer.
Da die Machtverhältnisse auf der PDS-Bundesebene nocht nicht geklärt sind, sieht sich mob e.V. gezwungen, den Berliner Landesverband in die Pflicht zu nehmen. Obgleich wir wissen, dass Petra Pau nicht für jedes ihrer Mitglieder die Verantwortung übernehmen kann, denken wir, dass in diesem Fall eine Grenze überschritten worden ist. Wir fordern daher die PDS-Landesvorsitzende auf Schadenersatz zu leisten (DM 4,95) bzw. unserem Sozialprojekt einen (auch neuen) Eimer zur Verfügung zu stellen.
Der Herausgeberverein der strassenzeitung behält sich weitere Schritte vor.
Berlin, 30.04.2000
Für die strassenzeitung und deren Herausgeberverein mob - obdachlose machen mobil e.V.
Stefan Schneider
Vorsitzender
*) Journalisten haben selbstverständlich frei Zugang. Für Essen & Trinken ist gesorgt, desgleichen für Live-Musik. Es spielen auf: Big Joe Stolle & Band, die Cellolitas, André Herzberg (Ex-Pankow) und Dirk Michaelis (Ex-Karussell).
Adresse: Pfefferberg, Schönhauser Allee 176, U-2 Senefelder Platz
Editorische Notiz: Diese Pressemitteilung hat im wesentlichen Krampitz formuliert. Ob sich dieser Zwischenfall so zugetragen hat oder nicht, ist zweitrangig. Getreu nach dem Motto: Nicht zu Politiker benutzen uns, sondern wir benutzen die Politiker, haben wir versucht, mit einem "Skandälchen" die Aufmerksamkeit der Medien zu erlangen. Eine stinknormale Pressemitteilung wäre mit Sicherheit nur im Papierkorb gelandet.
Berlin, 24.04.2011, Stefan Schneider
Mein Handicap, ein ziemlich schlechtes Gedächtnis. Zu sehr bin ich in aktuellen Aktivitäten verstrickt, vergangenes taucht unter und versinkt im Bodensatz der Bedeutungslosigkeit. Und dennoch bleiben Spuren, emotionale Spuren, die sich eingefressen haben in mir, Wunden, die noch immer weh tun und letztlich nicht verheilt sind.
Das erste, woran ich mich erinnere, ist meine Angst. Die Angst, in heftigen Auseinandersetzungen der Sache wegen und Punkten angegriffen zu werden, die nichts damit zu tun haben. Was tut es dazu, wenn es um Profile einer Zeitung geht oder um Konzeptionen eines Projekts, daß ich ein Trinker bin? Nichts, rein gar nicht. Ideen sind unabhängig von Mensch und deren Problemen. Aber Du hast damit gearbeitet, hast versucht, konkurrierende, Dir nicht genehme Ideen dadurch zu zerstören, indem Du Personen, die die Ideen vorgetragen hast, denunziert hast oder denunzieren wolltest. Nach dem Motto, ist erst der Redner unglaubwürdig, ist auch seine Rede nichts wert. Um ein Haar hätten wir Dich rausgeschmissen deswegen, und mein Votum war mit ausschlaggebend dafür, es denn doch nicht zu tun. Ich bekenne, ich habe lange geschwankt, sehr lange. Entscheidend war die Hoffnung, Dir vermitteln zu kšnnen: Abgründe sind meine, sind unsere Gründe, vielleicht auch: unsere gemeinsame Basis, und in der Sache entscheiden Argumente, die besseren Argumente in demokratischer Abstimmung, Prozesse in den Köpfen aller Beteiligten, selbst um der Gefahr willen, Fehler zu machen.
Die Konsequenz, und die Kraft war nicht da - und das ist die zweite Erinnerung - die Dinge so zu gestalten, wie sie hätten sein sollen, nach bestem Wissen und Gewissen. Der Wille war da, und zugleich der Skrupel, es irgendwie doch allen recht machen zu wollen. Das war ein Fehler, wie ich heute weiß. Aber Du, Du warst nicht nicht warm und Du warst auch nicht kalt, Du warst einfach lau. Bei allem dabei und doch immer schön außen vor.
Ich bin gegangen, weil die persönliche Bilanz nicht mehr stimmte, wie bei vielen anderen auch, und Du bist geblieben, weil bei Dir die Kasse stimmte, und bei so vielen andere auch.
Ich habe gehofft, und das ist die dritte Erinnerung, daß da noch ein Rest von da sei von dieser Idee, mit Obdachlosen gemeinsam etwas aufzubauen, und daß diese Vision sich eingegraben hätte in die Strukturen dieses Projekts und daß ein Weg vielleicht deutlicher sichtbar werden würde ohne uns, denn: Was gelten Propheten im eigenen Land?
Du aber hast weiter gespielt mit unserem Vertrauen, hast es benutzt um Deines Vorteils willen, hast es mißbraucht ein ums andere Mal. Wir wissen davon ein Lied zu singen, aber Du willst es nicht hören, Du bist feige, Du gehst uns aus dem Weg, und wir wissen warum.
Die Familie aber - und das ist die vierte Erinnerung - sie hat sich zusammengefunden in diesem Jahr. Du hast sie stark gemacht, weil alle sagten und sagen konnten: Wir sind nicht lau wie der da, und wir wollen einander vertrauen und nicht mißbrauchen wie der da, und wir fangen, weil es denn Not tut, nochmals von vorne an. Und wir machen das nochmal, was wir schon immer tun wollten, ein Projekt, eine Zeitung aufbauen mit denen von der Straße gemeinsam.
Es kamen Leute, und wir reden über Deine Kumpanen, die warfen mit Jauche und gaben uns nichtmal ein halbes Jahr.
Das halbe Jahr ist längst vergangen, wir sind heute ohne Dich viel weiter als damals mit Dir, und wenn Du morgens früh in den Spiegel schaust, kannst Du erkennen, Du bist am Ende. Du weißt es, ich weiß es, die ganze Stadt kann es alle 14 Tage in Deiner Zeitung immer wieder neu feststellen. Schlechter, immer schlechter geht es Dir von Tag zu Tag.
Das Spiel ist aus, und einen letzten Gefallen könntest Du uns tun: Gib auf! Erkläre, daß Du verloren hast, daß Dein Spiel nicht aufgegangen ist. Aber nein, diese Größe fehlt Dir, das wirst Du uns nicht tun. Du wirst andere mitreißen in das Verderben, aber nicht Du zahlst die Zeche, sondern die, die nicht mehr wissen, wie sie ihre Notübernachtung finanzieren sollen.
Und weil wir das alle wissen, können wir heute mit Entschiedenheit sagen: Du bist nicht Teil der Lösung, Du bist Teil des Problems. Du stehst uns im Weg, und wir sind mitten dabei, Dich aus dem Weg zu räumen! Scher Dir zum Teufel!
Eine Zeitung herauszugeben - und nichts anderes tut der gemeinnützige Verein "mob - obdachlose machen mobil e.V." - bedeutet zunächst erstmal nicht mehr und nicht weniger, als dafür zu sorgen, daß bedrucktes Papier, eben eine Zeitung, unter die Leute kommt. Was die Inhalte, oder, vornehmer ausgedrückt, das redaktionelle Profil der Zeitung anbetrifft, so wird dies bei uns auf den öffentlichen Redaktionssitzungen jeden Donnerstag ab 20:00 Uhr in den Projekträumen in der Kopernikusstraße verhandelt. Natürlich hat, wie in jeder Zeitung, die Auffassung des Herausgebers, also der Vereinsmitglieder, besonderes Gewicht, aber eine Zeitung ist wie jedes andere demokratische Forum eben auch eine Plattform für Positionen, mit denen wir nicht konform gehen, was nicht heißt, daß wir alles und jedes drucken. So weit, so selbstverständlich. Als Zeitung von der Straße kommt hinzu, daß die Stimme obdachloser, armer und ausgegrenzter Menschen bei uns besonderes Gewicht hat: Jeder Verkäufer ist bei uns potentieller Redakteur und kann somit über alle Zeitungsdinge und darüber hinaus gleichberechtigt mitbestimmen.
Wiederholt werden wir gefragt, warum muß es denn in Berlin zwei, drei oder vier Straßenmagazine geben, die letztlich alle dasselbe, nämlich eine grundlegende Veränderung der Situation und Lebenslage obdachloser und armer Menschen wollen? Häufig erleben wir sogar, daß Mitbürger auf diese Konkurrenzsituation genervt reagieren und sagen: Laßt uns doch mit diesem Kram in Ruhe, wenn Ihr nicht in der Lage seid, mit einer Stimme zu sprechen. "Mit einer Stimme sprechen!", das ist auch die zentrale Empfehlung vieler Außenstehender, die uns glaubhaft machen, daß nur über eine Bündelung der Kräfte eine effektive Lobbyarbeit erreicht werden kann.
Der Strassenfeger hat von Anfang an den anderen Zeitungsprojekten konkrete Angebote einer Zusammenarbeit unterbreitet und damit auch eine ganze Menge konkreter Erfolge erzielt:
Die Misere bei den Berliner Straßenzeitungen hat Namen: Sie heißen Christian Linde und Wolfgang Terner. Christian Linde kann eines, er kann alle 14 Tage eine Zeitung zusammenstellen, die den Namen motz trägt. Er kann ein Produkt erstellen, mit dem Verkäufer sich Tag für Tag auf die Straße stellen, um diese Zeitung für ihren Lebensunterhalt zu verkaufen. Dies ist per se erstmal keine Misere, kein Problem.
[Hier bricht das Manuskript ab]
Vorbemerkung 2014: Im Zuge der Entwicklung von mob e.V. / strassenfeger fand irgendwannmal im Jahr 1998 die Anmietung von Räumen in der Schliemannstr. 18 statt, dort sollte ein Treffpunkt mit Notübernachtung entwickelt werden. Dann war irgendwo Geld in Aussicht, und die Anforderung war, in einem Konzept aufzuschreiben, wofür das Geld verwendet werden sollte. Diese Förderung hat es nie gegeben, aber aus Gründen ist der Text des damaligen Konzeptes aus dem Jahr 1999 auf meinem Rechner verblieben. Ich dokumentiere ihn hier.
Berlin 06.09.2014
Stefan Schneider
1. Grundlagen/ Voraussetzungen/Kontext
Der gemeinnützige Verein „mob - obdachlose machen mobil e.V.“ versteht sich als Selbsthilfeprojekt. Seine Arbeit ist definiert in der Satzung des Vereins:
- Ziel des Vereins ist die Verbesserung der Lebensumstönde von gesellschaftlich Benachteiligten und Ausgegrenzten, insbesondere Obdachlose bzw. von Obdachlosigkeit bedrohte Menschen. Ihnen soll ermöglicht werden, sich für ihre eigenen Belange und Interessen einzusetzen, eigenverantwortlich Initiativen und Projekte aufzubauen und durchzuführen und so selbst eine Verönderung und Verbesserung ihrer Lebenslage herbeizuführen. (...) (Auszug)
Der Verein „mob - obdachlose machen mobil e.V.“, sein Zeitungsprojekt „strassenzeitung“ und weitere Sozialprojekte werden begriffen als selbst erarbeitet. Im Rahmen des Selbsthilfeansatzes geht es darum, Menschen zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben nachhaltig zu unterstützen und zu fördern. Damit setzt der Verein darauf, unterschiedliche Interessenlagen Einzelner - nicht selten sogar gegensätzliche - mit dem breiten Spektrum ideeller Ziele und pragmatischer Ansichten in einem natürlichen permanenten Spannungsfeld zu verbinden und produktiv zu verarbeiten im Sinne einer allgemeinen Verbesserung der Lebensumstände.
Handlungsfähigkeit muß selbst probiert werden können. Eine ganze Reihe von obdachlosen Menschen konnte durch die Arbeit des Vereins mob e.V. ihre Lebenslage nachhaltig verbessern, indem sie Kontakte aufnahmen zu uns und anderen Selbsthilfeprojekten und dort aktiv teilnahmen. Ein wichtiger Baustein der Strassensozialarbeit war auch der im Winter 1997/98 und im Winter 1998/99 von uns herausgegebene "Wegweiser der Kältehilfe", der in Zusammenarbeit mit der "AG Leben mit Obdachlosen" erarbeitet wurde.
Mit anderen Worten: Durch die Arbeit des Vereins und vor allem auch seines Zeitungsprojekts Strassenzeitung wird eine große Anzahl von Menschen erreicht, die sich in problematischen Lebenssituationen befinden und zugleich aber auch bereit sind, in Selbstinitiative etwas daran ändern zu wollen. Allein durch unsere Zeitungsarbeit kommen im Verlauf eines Jahres mehr als 1000 Menschen zu uns, die von uns Hilfe und Unterstützung erhoffen. Nicht allen ist damit geholfen, daß sie unsere Zeitung verkaufen können.
An dieser Stelle setzt unser Konzept vom Treffpunkt Schliemannstraße an, indem wir einen Treffpunkt einrichten für die Leute, die wir erreichen und aber auch für alle diejenigen, die das Angebot im Stadtteil bzw. im Wohnumfeld nutzen wollen. Wir wollen die Menschen dabei unterstützen, den von uns eingerichteten Treffpunkt Schliemannstr. adäquat zu nutzen und Perspektiven für das eigene Leben zu finden.
Zur systematischen Unterstützung dieser Menschen in diesem Treffpunkt wollen wir drei (zum Winter hin 5 Stellen) einrichten, um hier Treffpunkt- und Sozialarbeit, Beratung und Begleitung zur Selbsthilfe anbieten zu können. (siehe weiter unten).
2. kurze Projektbeschreibung: Treffpunkt Schliemannstr.
In den Räumlichkeiten in der Schliemannstr. 18 (Ladenwohnung, 102 qm) nähe Helmholtzplatz (sozialer Brennpunkt) in Berlin Prenzlauer Berg wird ein ganztägig geöffneter Treffpunkt von obdachlosen und armen Menschen entstehen.
Der Treffpunkt dient der Selbsthilfe und ist Anlaufstelle, Kommunikationsort, Tageswohnung und Notübernachtung. Eingerichtet wird ein Angebot an Mahlzeiten (Frühstück, Mittag) und alkoholfreien Getränken zum Selbstkostenpreis.
Hinzu kommt eine Kleiderkammer und die Möglichkeit zu selbständiger und angeleiteter Büroarbeit zur Verbesserung der Lebensumstände (vor allem: Wohnungs- und Arbeitssuche, Qualifizierung, gegenseitige Selbsthilfe).
Ziele der konkreten Treffpunktarbeit könnten sein:
- Erfahrungsaustausch zwischen den einzelnen Obdachlosen fördern (Selbsthilfeprozesse aktivieren)
- Unterstützung und Beratung bei einer Veränderung/ Verbesserung der persönlichen Lebenssituation
- Unterstützung und Beratung bei der Selbstfindung
- Anschieben von gegenseitiger Unterstützung und Beratung bei der Entwicklung von Aktivitäten (Aufbau von Wohngemeinschaften, Arbeitsprojekte, Selbsthilfegruppen)
- Entwicklung von gemeinsamen Projekten
- Erarbeitung von Forderungen und Aktionen von und mit Obdachlosen (Lobbyarbeit)
- gegenseitige Unterstützung bei der Suche nach Wohnraum und Arbeit bzw. Ausbildung etc.
Weiterhin ist die Organisation von gruppenbezogenen Tätigkeiten vorgesehen:
- ggf. Kontakt zur Familie, zum Freundeskreis, zur Nachbarschaft bzw. soziales Umfeld allgemein wieder aufbauen und stabilisieren helfen,
- Kontakte vermitteln zu bestehenden Selbsthilfegruppen oder -projekten, auch Kulturprojekte, z.B. Bundesbetroffeneninitiative wohnungsloser Menschen e.V., Arbeitsgruppe Berlin, oder Strassenzeitung
- Darauf aufbauend sind folgende einzelfallbezogene Aktivitäten gegebenenfalls zu organisieren:
- Sicherstellung einer Grundversorgung an Essen, Bekleidung und Unterkunft
- Hilfestellung gegenüber Einrichtungen und Behörden:
- Beratung (welche Einrichtung ist zuständig, wo ist sie, welches sind die Öffnungszeiten, wie komme ich dort hin, was erwartet mich dort, wer ist zuständig, was ist zu tun, was ist mitzubringen, müssen Anträge gestellt werden, wo gibt es Antragsformulare, was ist zu beachten, welche Rechte und Pflichten habe ich?)
- ggf. Begleitung bei Ämter- Behörden und Einrichtungsbesuchen:
- Zweck: Überwindung von Ängsten, Motivation, Hilfestellung geben, Aufbau von Selbstwertgefühl und Selbstbewußtsein, Anfang der Förderung zur Eigenständigkeit
- Vermittlung zu Kontakten zu relevanten Einrichtungen: Notübernachtungen, Tagestreffpunkte, Wohnprojekte, betreutes Wohnen, Meldestelle, Arbeitsamt, Sozialamt, Wohnungsamt, Bewährungshilfe, Suchtberatungsstellen, Einrichtungen zur medizinischen Versorgung Wohnungsloser, Einrichtungen der Jugendhilfe, Schuldnerberatungsstellen, Besondere Soziale Wohnhilfe, Geschützes Marktsegment, caritative Einrichtungen,
- Unterstützung von inhaftierten Obdachlosen, die durch den Kontakt zu unserem Projekt Hilfe suchen (Besuche in Justizvollzugsanstalten, Besuchsscheine beantragen, Sprecherpakete organisieren, Jahres- Oster- und Weihnachtspakete zusammenstellen und zusenden, brieflichen Kontakt organisieren und halten, Helfen bei der Sicherung von Wohnraum, Begleitung zu Beratungsstelle für Straffällige während Hafturlaub oder Ausgang, Hilfe nach Haftentlassung zur Vermeidung von Obdachlosigkeit, Kontakt mit Bewährungshelfern; ggf. Zielsetzung: Anerkennung als „Vollzugshelfer“)
Unterstützung von kranken Obdachlosen, (z.B. Krankenhausbesuche, Vermittlung zu Ärzten und medizinischen Angeboten)
Unterstützung funktionalen Analphabeten oder Obdachlosen mit Lese-Rechtschreibschwäche (kurzfristig: Erstellen und Texten, mittelfristig: Vermittlung zu geeigneten Bildungsträgern)
3. Personelle Voraussetzungen:
Zur Entwicklung dieses Angebots ist eine Gruppe von 3 Mitarbeitern (zum Winter hin 5) erforderlich, die die Öffnungszeiten, die Organisation und Verwaltung und den Aufbau der einzelnen Teilelemente (Büro, Küche, Kleiderkammer, Gruppenarbeit) mit Unterstützung der Nutzer (Selbstorganisation) gewährleisten können.
Berlin, 02.06.1999
Stefan Schneider
Vorbemerkung 2014: Das war schon eine Aufregung mit den Strassenzeitungen in Berlin. Erst gründeten die Sozialarbeiter um den BIN e.V. das mob-magazin, parallel dazu andere Leute die HAZ (Hunnis Allgemeine Zeitung). Da gab es Stress beim mob-magazin, und ein Kreis unzufriedener entriss den Sozialarbeitern das Projekt ünd ein eigener Verein mob e.V. wurde gegründet. Bald waren beide Zeitungen am Ende und retteten sich durch eine Fusion: Die motz war geboren. Auch da gab es bald knatsch, und schon wurde der Verein mob e.V. reaktiviert und sollte nun den Herausgeber für den inzwischen gegründeten Strassenfeger abgeben. Das passierte innerhalb von 2 Jahren, alle Beteiligten nahmen das ungeheuer wichtig, aber die Details wollte bald kein Externer mehr genau wissen, so kompliziert war das. Wie auch immer: Die Konstruktion mob e.V. und strassenfeger existiert bis heute, seit 2007 auch ohne mich. Für das erste Jahr der Zusammenarbeit hatte ich im Jahr 1997 eine Art Bilanz zu schreiben, und ich war der Meinung, dass Wygotsky gut zum Motto: 1 Jahr Aufruhr passen würde.
Auf jeden Fall hat dieser Text auf meinem Computer überlebt, und deshalb veröffentliche ich ihn heute hier.
Berlin, 06.09.2014
Stefan Schneider
Edito (strassenfeger, um 1997)
Der große Wygotskij prägte einmal den Begriff von der "Tätigkeit in der Zone der nächsten Entwicklung". Er meinte damit den engumgrenzten Bereich zwischen den endlosen Variationen des gegenwärtig Gekonnten und Erreichten einerseits und der vollzogenen (Selbst)Überschätzung mit den Resultaten Überforderung, Überlastung, Resignation und letztendlichem Stillstand oder gar Rückzug andererseits. Allein in diesem Raum, der wohl nie genau beschrieben werden kann, weil er so relativ ist, sei, so die darin enthaltene Aussage, ein relevantes, beständiges und stabiles individuelles als auch gesellschaftliches Vorwärtskommen möglich. Alles andere ist vorübergehend, schöner Schein und letztendlich Selbstbetrug.
Ein Jahr Aufruhr ist ein Anlaß, einmal kritisch zu bilanzieren: Was war denn konkret an Tätigkeit und an neuer Qualität... Präziser gefragt: Beweg(t)en wir uns denn - das gilt sowohl für Einzelne als auch für das Projekt selbst - in dieser "Zone der nächsten Entwicklung"?
Dies zu bewerten, ist nicht in erster Linie unsere Aufgabe - aber trotzdem wird sich an dieser Frage entscheiden, ob wir als Selbsthilfeprojekt dauerhaft erfolgreich sein können. Und ergänzend dazu thematisieren wir denn auch rückblickend in dieser Ausgabe: Was tut not, um herauszutreten aus dem Zustand entwürdigender Obdachlosigkeit? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit jemand von sich sagen kann: Ich bin nicht mehr auf der Straße, ich bin nicht mehr obdachlos?
Ich meine, wir haben einiges bewegt und werden weiter bewegen. Aber lesen und urteilen Sie bitte selbst.
Wie auch immer: Obdachlosenprojekte wie mob e.V. und strassenfeger sind (gesellschaftliche) Tätigkeit und noch immer in (der Zone der nächsten) Entwicklung - auch wenn einer motzt!
In diesem Sinne
Stefan Schneider
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Selbsthilfehaus O12
Das Selbsthilfewohnhaus jetzt!
Das Selbsthilfe(wohn)haus von mob e.V.
Eine Wohnung ist nicht alles – aber ohne Wohnung ist alles nichts. Aus diesem Grund ist das Selbsthilfehaus in der Oderberger Straße 12 ein wesentlicher Bestandteil zur Bekämpfung der aktuellen Wohnungsnot in der Stadt. Da die aktuelle Wohnungsnot ursächlich auf den strukturellen Mangel an preiswertem Wohnraum zurückzuführen ist und sich die öffentliche Hand aus der Wohnungsbauförderung zurückgezogen hat, ist Selbsthilfe an dieser Stelle dringend erforderlich.
Im Zeitraum 1999 bis 2003 hat mob – obdachlose machen mobil e.V. im Rahmen des Landesprogramms Wohnungspolitische Selbsthilfe ein Wohnhaus aus der Gründerzeit (Vorderhaus und Quergebäude) unter Mitarbeit von ehemals Wohnungslosen unter fachlicher Anleitung in Eigeninitiative in Stand gesetzt und modernisiert.
Es entstanden dort 18 Wohneinheiten und 2 Gewerbeeinheiten. Damit ist erstmalig in Berlin ein Projekt der Selbsthilfe von obdachlosen und armen Menschen in der Lage, in eigenen Häusern dauerhaft preisgünstigen Wohnraum anzubieten. Das Beispiel Oderberger Str. 12 zeigt: Es ist möglich, zusammen mit Obdachlosen ein sehr ehrgeizigen Sanierungsvorhaben fach- und zeitgerecht abzuschließen. Auf dieser Grundlage kann nun der zweite Schritt erfolgen, sich innovativ in die bestehende Nachbarschaft einzubringen.
Der Verein verwaltet die Häuser selbst und hat deshalb einen engen Kontakt zu allen Mieterinnen und Mietern. In den seltenen Fällen, in denen eine Wohnung frei wird, wird diese bevorzugt an obdachlose oder Personen in schwierigen Wohnverhältnissen oder an Menschen mit Wohnungsberechtigungsscheinen (WBS) vergeben.
Stand: 09.05.2006