Gleich nach den Weihnachtsfeiertagen 2012 stand meine Mutter vor dem Schlafzimmerschrank und war damit beschäftigt, die ganze Weihnachtsdekoration wieder zurück zu räumen, wie sie das Jahr für Jahr machte. Plötzlich begann – wie wir dann später rekonstruieren konnten - ihre gesamte rechte Körperhälfte zu zittern, sie konnte das Gleichgewicht nicht mehr halten und kippte mitsamt dem Karton, den sie gerade in den Schrank räumen wollte, um. Der Anfall dauerte eine ganze Weile, und sie kam nicht mehr auf die Beine. Sie robbte vom Schlafzimmer in den Flur, konnte einen Krückstock erwischen und donnerte damit gegen die Wohnungstür. Der Nachbar von nebenan wurde aufmerksam und verständigte die Feuerwehr. Die Notfallretter öffneten gewaltsam die Tür und brachten sie in die Notaufnahme des Auguste – Viktoria – Krankenhauses. Es folgten bis spät in die Nacht eine Vielzahl von Untersuchungen, um die möglichen Ursachen abzuklären, allerdings ohne klares Ergebnis. Inzwischen waren auch die Söhne verständigt, und der jüngere fuhr dann auch direkt zu ihr ins Krankenhaus.
Sie stabilisierte sich langsam, und in darauffolgenden Tagen wurden weitere Untersuchungen angeordnet und am 3. Januar kam dann der Arzt und hatte eine schwierige Nachricht zu überbringen: Im Gehirn waren linksseitig drei kleine Metastasen gesichtet worden. Es klar, was das bedeutete. Nach ihrer Brustkrebsoperation im April 2012 war sie als geheilt entlassen worden, aber das stellte sich als Täuschung heraus. Der Krebs war zurück. Eine Chemotherapie kam nicht in Frage, weil diese aufgrund der Blut-Hirn-Schranke nichts bringen würde, eine operative Entfernung der Tumore auch nicht. Aber eine Bestrahlung, um die bösartigen Zellen weitgehend zu zerstören und der weiteren Verbreitung Einhalt zu gebieten. Ihr selbst und allen Beteiligten war klar, dass es ein Wettlauf gegen die Zeit war, der nicht gewonnen werden konnte.
Einige Wochen nach der Bestrahlung im Januar 2013 stabilisierte sich ihr Zustand wieder und sie konnte sich noch am Frühling und Sommer erfreuen und versuchte, so normal wie möglich zu leben, obwohl nun zunehmend Tabletten, Arzt- und Physiotherapie-Termine, Untersuchungen und Medikamentenabholungen ihr Leben bestimmten. Immerhin besorgte sie sich noch eine neue Perücke, und wenn sie die auf hatte, sah sie fast aus wie früher. In einer guten Stunde im Februar ließ sie sich davon überzeugen, einmal das genau gegenüber liegende Seniorenhaus Lerchenweg aufzusuchen und sich dort prophylaktisch umzusehen für den Fall, dass es nicht mehr funktionieren würde in der eigenen Wohnung. Für solche Situationen ist es günstig, sich bereits frühzeitig bei http://www.pflegeversicherung-tarif.de nach einer entsprechenden Pflegeversicherng umgeschaut zu haben.
Als Anfang Oktober ihre Kräfte deutlich nachließen, sie nicht mehr gut sehen konnte und auch schon starke Wortfindungsstörungen hatte, war dieser Punkt erreicht und ihr war klar, dass jetzt ein Umzug erforderlich war. Zu ihrem großen Glück wurde der Besuch im Februar als Anmeldung gewertet und es war auch gerade ein Zimmer frei. Und dennoch war es für sie nicht einfach, sich an diese neuen Bedingungen zu gewöhnen. Es bedeutet, ein großes Stück Selbstbestimmung aufzugeben, insbesondere dann, wenn eine Pflegebedürftigkeit erreicht ist und weiter zunimmt und dauernd Menschen in das Zimmer kommen, die etwas von einem wollen. Aber das war zu diesem Zeitpunkt die wohl beste Lösung für ihre Situation und so konnte sie auch in diesem Pflegeheim in Frieden und Würde ihre letzten Tage verbringen.
Berlin, 11.06.2014
Stefan Schneider
Abbildung: Rollator. Quelle: WikiCommmons,
URL: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/c8/Rollator_2.jpg/1024px-Rollator_2.jpg
[Internet] Deutschlands prominentester Internet-Erklärer, Sascha Lobo, ist der Meinung: Das Internet ist kaputt. Er argumentiert vor dem Hintergrund der Informationen, die durch den den amerikanischen Whistleblower Edward Snowden ans Licht der Öffentlichkeit gelangten. Alle großen staatlichen Geheimdienste, die technisch dazu in der Lage sind, saugen so ziemlich alles an Daten ab, was im Internet überhaupt bewegt wird. Das Internet ist zu einem Kontrollnetz von unersättlichen Datenfetischisten verkommen und die ursprüngliche Idee eines demokratischen Netzes der globalen Menschheit hat sich als Illusion offenbart.
[Vernetzung] Trotz dieser Missstände, die aber abgeschafft werden können, ist das Internet nach wie vor eine wichtige Plattform, um Menschen weltweit zusammen zu bringen. Das vollständige Zitat von Sascha Lobo lautet nämlich: Das Internet ist kaputt, die Idee der digitalen Vernetzung ist es nicht. Diese digitale Vernetzung betrifft nicht nur Geschäfte und Informationen, sondern hat auch eine wichtige soziale Funktion. Das ist nicht allen bekannt, uns insbesondere Menschen, die sich mit Sozialer Arbeit befassen und denen ich die Vorzüge von Twitter, Sozialen Plattformen, Portalen und Gruppen erkläre, konfrontieren mich immer wieder mit dem hartnäckigen Vorurteil, das Internet könne die unmittelbare menschliche Begegnung auf keinen Fall ersetzen. Das ist ein ausgemachter Unsinn, denn: Die Instrumente und Tools des Internet werden nicht genutzt, um die Begegnung mit Menschen zu ersetzen, sondern dahinter stehen Menschen und die Technik ermöglicht, mit diesen Menschen besser und intensiver kommunizieren zu können. Menschen lernen sich durch das Internet kennen und bleiben über das Internet miteinander in Kontakt. Die persönlichen Begegnungen werden in Wahrheit erweitert, vertieft, verändert, häufig überhaupt erst möglich gemacht über Zeitzonen und Distanzen hinweg.
[Selbsthilfe] In Wirklichkeit ist das Internet also ein ganz hervorragender Ort, um Kontakt zu allen möglichen Fragen und Problemen herzustellen. Eine neue und aufstrebende Plattform für soziale und zwischenmenschliche Fragen ist Get-Help. Diese Plattform hat gegenwärtig (Stand Ende Mai 2014) 4000 Mitglieder und jeden Tag kommen etwa 20 neue dazu, und kommuniziert werden kann in deutsch, englisch und bald auch kroatisch und französisch. Aktuelle Themen, die dort in Gruppen und auf Wunsch auch anonym besprochen werden können sind z.B. Probleme in der Partnerschaft, Existenzängste, Depressionen, Sinnkrisen, Suchtprobleme und weiteres mehr. Es stehen auch Experten zur Verfügung. Der Vorteil dieser Plattformen ist kurz erklärt mit dem Slogan: Finde Menschen, die dein Problem kennen! In diesem Sinne ist Get-Help eine wirkliche Bereicherung innerhalb der sozialen Selbsthilfebewegung.
Berlin, 20.05.2014
Stefan Schneider
[Abbildung] Working Group, Quelle: WikiCommons,
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Working_group_(5161011108).jpg
[Werkzeug] Im Laufe der Jahre ist bei mir etliches an Werkzeugen zusammen gekommen. Ein Dreiecks- und ein Exzenterschleifer, eine Bohrmaschine und ein Akkubohrer, eine Stichsäge und seit neuestem auch eine Handkreissäge. Für weiter spezialisierte Aufgaben gehe ich bei einem Tischlermeister vorbei, der mir dann für kleines Geld die eine oder andere Anfertigung macht. Um zu sehen, was der neueste Stand der Technik ist, fahre ich gerne nach Nürnberg und besuche dort die Holz-Handwerk, die Messe für Maschinentechnologie und Fertigungsbedarf im Bereich Holzverarbeitung. Denn auch Maschinen werden ständig weiter entwickelt, es gibt neue technische Lösungen und Innovationen, und vor Ort die Gelegenheit, mit echten Experten (und nicht nur mit Selbsternannten) intensive Fachgespräche zu führen. Als Segler besuche ich schließlich auch regelmäßig die Hanseboot, und weil in meinem Schiff vergleichsweise viel Holz verbaut ist, bietet es sich an, mich auch hier weiter zu bilden.
[Werkstoff] Schon zu meiner Studentenzeit wurde Holz für mich zu einem wichtigen Material. In den Altbauwohnungen galt es die alten Fenster- und Türrahmen abzuschleifen und das Holz sichtbar zu machen, wir liebten alte Holzmöbel, die liebevoll behandelt zu Schmuckstücken unserer Studentenbuden mutierten. Und natürlich wollten alle Hochbetten haben – was sich bei den bis zu 4 Meter hohen Räumen auch anbot. Manchmal wurden vorhandene Hochbetten abgebaut und an anderer Stelle leicht modifiziert wieder aufgebaut. Ich selbst baute mir in meinem Zimmer ein Hochbett, das ohne Stützbalken auskam, weil es von Wand zu Wand die gesamte Breite des Raums einnahm. Mit speziellen Balkenschuhen und Schwerlastdübeln war es bombenfest verschraubt und nach Fertigstellung feierten wir dort mit 10 Leuten eine kleine spontane Belastungstest-Party. Danach galt ich als Spezialist für den Hochbettbau und wurde von verschiedenen Menschen in meinem sozialen Umfeld angesprochen, doch einen Vorschlag zu machen und es am Besten auch gleich noch zu bauen, was ich gelegentlich tat.
[Werkbank] Mein Vater sollte eigentlich Bauer werden, einen Bauernhof übernehmen. Aber auf Zureden seines älteren Bruders entschloss er sich dann doch, in die Stadt zu gehen und eine Schlosser-Lehre zu beginnen. Das sollte wohl sein Leben entscheidend verändern, denn im 20. Jahrhundert sank der Anteil der in der Landwirtschaft tätigen von etwa 80% auf nur noch 5% der Gesamtgruppe der erwerbstätigen Menschen. So bewarb er sich schließlich in Berlin bei einer Firma, die Aufzüge baute und später, nach zahlreichen Übernahmen und Fusionen, ganz allgemein Fördertechnik. Metallverarbeitende Unternehmen haben einen ganz eigenen Geruch, der mir schon frühzeitig vertraut wurde durch die jährlichen Betriebsfeste, zu denen mein Vater seine ganze Familie mitnahm. Er zeigte uns stolz seine metallische Werkbank, ich fuhr dann im Kinderkarussell den ganzen Nachmittag meine Runden und durfte mich außerdem noch an Bratwurst mit Senf erfreuen. Wahrscheinlich hoffe er insgeheim, ich würde eines Tages auch in seine Fußstapfen treten. Aber ich habe mich dann doch für Holz entschieden.
Berlin, 20.05.2014
Stefan Schneider
[Abbildung] Hobelbank in einem alten Bauernhaus, Freilichtmuseum Glentleiten, Quelle: WikiCommons,
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Werkbank_Glentleiten.jpg
Folgendes Textfragment fand ich heute beim Aufräumen meines Computers. Ich möchte es Euch nicht vorenthalten:
Legewie, Heiner: Alltag und seelische Gesundheit. Gespräche mit Menschen aus dem Berliner Stephanviertel. Bonn 1987
10 Punkte, die zum Glück beitragen
1. Ein Dach über dem Kopf (eigenes)
2. Hübsch und vollständig eingerichtet
3. Keine Schulden
4. Spargeld auf der Bank
5. Jeden Monat kommt Geld von der Post (Rente)
6. Nie mehr morgens so früh aufstehen und hetzen zu müssen, keinen Ärger im Büro
7. Gesunde, brave Haustiere
8. Selbst einigermaßen gesund sein
9. Gute Freunde (mindestens 4!)
10. Gute Nachbarn (mindestens 4!)
In diesem Sinne,
Berlin, 02.05.2014, Stefan
[Abbildung] Ganesha als Grafitti, Quelle: WikiCommons