Hundstage. Ich plädiere für einen Teilzeithund. Also einen Hund, den ich nicht alleine habe, sondern für den ich manchmal Verantwortung übernehme. Das hatte ich mal. Eine Freundin von mir hatte einen Hund, und in der Zeit, in der sie eine Fortbildung machte, konnte sie ihren Hund nicht mitnehmen in die Schule. Damals arbeitete ich an der Universität der Künste in dem wunderschönen Gebäude an der Bundesallee (ja: das ehemalige Joachimthalsche Gymnasium), und eigentlich waren dort auch Hunde verboten. Eigentlich. Aber ich hatte einen Schlüssel zum Gebäude und ich kannte den Hintereingang. Also schummelte ich Joker mehr oder weniger unauffällig durch das Treppenhaus in die Räume unseres Instituts. Joker war ein sehr gelehriger Hund und begriff bereits nach wenigen Tagen, dass er nicht, wenn an unserer Institutstür geklingelt wurde, zu bellen hatte und dass auch alle Gäste Freunde waren. Also sahen die Tage so aus, dass Joker überwiegend unter meinem Schreibtisch lag, ab und zu mal aufstand und seine Runde machte, ob noch alles in Ordnung ist. Es kam dann schon mal vor, dass er einen Assistenten freundlich anstupste, sich von einer studentischen Hilfskraft streicheln ließ oder dem Professor vertrauensselig die Schnauze auf das Knie legte. In der Mittagspause gingen wir dann immer im nahegelegenen Park spazieren und die Arbeitstage waren damals auch nicht so lang. Wir alle hatten unsere Freunde.
Hundehaftpflicht? Gar nicht vorstellen darf ich mir, was alles hätte passieren können. Natürlich beißen Hunde, und das tat auch Joker. Wenn ihn etwas erschreckt hat, wenn ihm jemand – in der Regel: aus Versehen – auf den Schwanz getreten hat, wenn Menschen mit bösen Absichten aggressiv auf ihn zukamen. Damals gab es keine Haftpflichtversicherung für Hunde, so wie heute. Oder zumindest waren diese Versicherungen nicht sonderlich bekannt. Aber wenn ich mir vorstelle, dass ich heutzutage wieder eine (Teilzeit-)Verantwortung für einen Hund übernehme, würde ich doch darauf achten, dass der Hund ordentlich haftpflichtversichert ist – und im Zweifelsfall selbst eine solche Versicherung abschließen. Die Freude, die Mensch dann mit einem Hund erleben kann, ist dann noch unbeschwerter. Glückliche Hundstage eben.
Warschau, 08.02.2012
Stefan Schneider
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Bildquelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Joachimsthalsches_gymnasium2.png
Spekulationen. In verschiedenen Debatten habe ich immer wieder erlebt, dass früher oder später ein Diskussionsteilnehmer sagte: Der Mensch ist eben so! Und damit verbunden war immer eine passende Charakterisierung wie egoistisch, materiell orientiert, auf Sicherheit bedacht, gewalttätig und so weiter. Ich habe lange Zeit gebracht, um zu verstehen, dass diese Aussage keinen Wert hat und nur die Funktion hatte, eine bestimmte Forderung abzuwehren. Spätestens während meines Studiums der Erziehungswissenschaften ist mir der Glaube an den Menschen gründlich ausgetrieben worden. Natürlich hatte der Mensch in der Megalithkultur wahrscheinlich keinen elektrischen Strom und auch kein Internet. Aber trotzdem sind in der Jungsteinzeit so mächtige Bauwerke entstanden wie Stonehenge in England oder, fast noch beeindruckender, Newgrange im Norden Irlands. Und ausgerechnet in einer der ältesten Siedlungen der Menschheit, in Skara Brae auf den Orkneys, finden wir weder Hinweise auf Waffen noch auch Herrschaft. Es macht also durchaus Sinn, sich von der Vorstellung, wir könnten etwas von dem Menschen wissen, zu verabschieden und statt dessen über konkrete Menschen zu reden, wie sie sind, was sie wollen, wie sie sich verändern und wie sie zu dem wurden, was sie sind.
Partner und Freunde. Ähnlich verhält es sich auch mit Beziehungen. Es gibt Menschen, die können nur in Beziehungen leben. Ihnen wäre es unerträglich, auch nur mehrere Stunden lang alleine zu sein. Andere wiederum sind wochen- oder monatelang alleine und ihnen fehlt es an nichts. Beide Extreme sind nicht unbedingt typisch, und die meisten Menschen bewegen sich irgendwie zwischen diesen Polen. Aber auch hier gibt es Menschen, die von Beziehung zu Beziehung springen, andere wiederum sind langfristig treu, wiederum andere haben mehrere Beziehungen gleichzeitig. Es ist gerade einer der Vorteile vom Internet, dass es für jedes Bedürfnis, für jeden Lebensstil Menschen gibt, die das ähnlich sehen. Eine Plattform in diesem Zusammenhang beschäftigt sich übrigens mit der Frage: Wie bekomme ich meinen Ex zurück? Es ist gar nicht mal so selten, dass nach dem Ende einer Beziehung die Einsicht entsteht, es wäre wohl doch von Vorteil, zusammen geblieben zu sein. Auf dieser Seite gibt es zahlreiche Hinweise, was in solchen Situationen zu tun ist und auch ein Buch zu diesem Thema wird zum Kauf angeboten. Auch ich habe es immer als einen besonderen Einschnitt erlebt, wenn eine Beziehung zu Ende ging. Ich spürte einen Schmerz, einen Verlust, früher auch: eine Angst. Als wäre das Ende der Welt nahe. Das aber hat sich doch gewandelt mit der Zeit. War ich früher froh, überhaupt einen Partner zu haben (- deshalb litt ich auch so bei einer Trennung -), weiß ich heute, dass ich auch sehr gut alleine Leben kann, jedenfalls für eine Zeit. Und die meisten meiner früheren Partner sind heute – meine wichtigsten Freunde.
Warschau, 08.02.2012
Stefan Schneider
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Fotonachweis: http://en.wikipedia.org/wiki/File:Standing_Stones_of_Stenness.jpg
Fest Platte. Bücher, so würden es Wissenschaftler formulieren, sind ein Medium zur Speicherung und Verbreitung von überwiegend schriftlich fixierten Wissenstatbeständen. Einem jungen Menschen, der mit dem Internet aufgewachsen ist, müsste möglicherweise erklärt werden: Ein Buch ist so eine Art historische Festplatte mit dem Unterschied, dass die Daten nur ein einziges Mal darauf gespeichert werden konnten. Womöglich würde der junge Mensch sich enttäuscht abwenden und sagen: Wie langweilig! Tatsächlich ist die Buchindustrie seit Aufkommen des Computers und vor allem des Internets in eine defensive Situation geraten, aber meines Erachtens völlig zu Unrecht.
Daten Bank. Die Vorstellung, das ein Buch etwas Respekt erheischendes sei, ist historisch gewachsen. Die berühmte Bibliothek von Alexandria war die vielleicht größte ihrer Art in der Antike und sogar die Namen der ersten Bibliotheksleiter seit ihrer Gründung im Jahr 285 vor unserer Zeitrechnung sind erhalten. Es wird angenommen, dass der Buchbestand einen Umfang von 490.000 - nach anderen Quellen von bis zu 700.000 Rollen – hatte. Gesammelt wurde buchstäblich alles, was den Bibliothekaren in die Hände kam, und zwar mit durchaus rigorosen Methoden: In den Hafen von Alexandria einlaufende Schiffe wurden regelmässig nach Büchern durchsucht. Diese wurden umgehend beschlagnahmt, die Eigentümer erhielten nur Kopien zurück. Die Funktion dieser Zentraldatensammlung hat heutzutage Google übernommen, andere sagen, dass Facebook auf dem besten Wege ist, diese Rolle zu übernehmen.
Tag Traum. Auf der Seite von Thalia Gutscheine ist es möglich, Gutscheine und Rabatte in Anspruch zu nehmen für den Kauf von Büchern und anderen Medien. Ein sehr zeitgemäßer Umgang mit dem alten Medium. Auf meinem täglichen Weg von Milanowek nach Warschau und zurück sehe ich im Zug sehr viele Menschen, die lesen. Es sind in der Regel keine wissenschaftlichen Fachbücher, sondern Romane, Essays und Erzählungen. Geschichten von Liebe und Enttäuschungen, von Hoffnungen und Verwirrungen, Horror und Romantik. Die Lektüre dieser Bücher ermöglicht regelmäßig kleine Fluchten aus der grauen Welt des Alltags. Wenn man mich fragt: Vielleicht ist das die eigentliche Bedeutung von Büchern.
PS: Die antike Zentralbibliothek von Alexandria ist, so sagt es die Legende, eines Tages durch einen großen Brand vernichtet worden. Ob das stimmt, bezweifeln die Historiker. Jedenfalls verlieren sich ab dem 7. Jahrhundert alle Spuren. Aber Bücher, die gibt es bis heute.
PS 2: Eine neue Bibliothek von Alexandria ist gebaut worden. Sie wurde im Jahr 2002 eröffnet.
Milanowek bei Warschau, 07.02.2012
Stefan Schneider
Abbildung: Theophilus and the Serapeum. Bishop Theophilus of Alexandria, en:Gospel book in hand, stands triumphantly atop the en:Serapeum in en:391. The cult image of en:Serapis, crowned with the en:modius, is visible within the temple at the bottom. Marginal illustration from a chronicle written in Alexandria in the early fifth century, thus providing a nearly contemporary portrait of Theophilus. P. Goleniscev 6 verso. (From A. Bauer and J. Strygowski, "Eine alexandrinische Weltchronik," Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften: Wien 51.2 [en:1906]: 1-204, fig. 6 verso) Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Theophil.jpg
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Wertewandel. Die Zeiten ändern sich, und das ist auch gut so. Die Kriege und Weltkriege des 20. Jahrhunderts, die Genozide, der nationale, ideologische und religiöse Wahn, der kalte Krieg und das Wettrüsten, die Umweltzerstörung und die rücksichtslose Ausplünderung unseres Planeten. Nein, früher war nicht alles besser - aber heute ist deshalb nicht alles gut. Wer heutzutage über Perspektiven nachdenkt, kann nicht mehr mit der Parole größer, weiter, höher, schneller arbeiten, den Mechanismen und Methoden des vergangenen halben Jahrtausends. Die Ideologien des Wachstums sind erschöpft, Fragen der Nachhaltigkeit, der Umweltverträglichkeit, der Schonung von Ressourcen und des Maßhaltens bekommen stärkere Bedeutung. Immer mehr Menschen misstrauen - häufig zu Recht - allen Politiker_innen und erwarten, ja fordern direkte Mitbestimmung und umfassende Transparenz. Gleiches gilt für die Wirtschaft. Der Glaube an Marken ist verbraucht, immer mehr Kunden wollen wissen, was im Produkt steckt und wie und womit es hergestellt wurde. Bevorzugt wird, wer entsprechende Siegel oder Zertifikate nachweisen kann, besser noch lückenlos den gesamten Herstellungsprozess. Aber dabei bleibt es nicht: Im Zuge der Erosion von Geld, Macht, Eigentum und Geschäftsgeheimnis werden scheinbar völlig antiquierte Werte wie das Beständige, das Authentische, das Miteinander-Teilen, das Schenken und das Gemeinsame wieder entdeckt.
Comfort-Zonen. Schwere Zeiten also für Selbständige, Unternehmer_innen und Manager_innen, die spüren, dass es so wie bisher nicht weiter gehen kann. Und doch sind Modelle für das Neue häufig nicht so tragfähig, dass klare Muster, eindeutige Strategien, einfache Formeln erkennbar sind. Noch sind es oftmals Pioniere, die Wohnungen tauschen, kostenfreie Software produzieren, landwirtschaftliche Versorgungsgemeinschaften bilden, Mehrgenerationenhäuser bauen, atomstromfreie Energie sparsam einsetzen, Fahrgemeinschaften bilden, innovative Technologien ausprobieren und weiteres mehr. In diesen Zeiten des Übergangs ist Nachdenken besonders wichtig. Das gelingt in der Regel am besten mit Partnern, die einen eigenen Kopf haben, meinungsstark sind und ein Gespür für kreative Chancen und ungewöhnliche Potentiale haben – und die gerade an dem Punkt einsteigen und interessiert sind, wo andere schon längst abgewunken haben. Coach aus Berlin ist so ein Partner, weil hier unter dem Stichwort Coaching ganz individuelle und auf den persönlichen Bedarf abgestimmte katalysatorische Prozesse angeboten werden und zugleich, weil das Blog offenlegt, auf welcher methodischen Basis hier gearbeitet wird. Das im Blog vorgestellte Rubicon-Modell macht schlagartig klar, das es nicht reicht, nur gute Ideen, Absichten und Konzepte zu haben und dann doch zu zögern. Oder, wie meine Schweizer Freundin es sagen würde, es kommt darauf an, die Comfort-Zone zu verlassen, wenn mensch wirklich etwas erreichen will. Das macht sie in letzter Zeit immer öfter und nicht zu ihrem Nachteil.
Treibstoff. Existenzgründer_innen und junge sowie bestehende Unternehmen aus Berlin, die innovative technologieorientierte Produkte und Dienstleistungen entwickeln, produzieren bzw. vermarkten, können darüber hinaus subventioniertes Coaching bei der www.tcc-berlin.de anfragen. Aber es war der Hinweis auf Coach-the-coach im Archiv von Peak8, der mich veranlasste, darüber nachzudenken, wie wir uns denn in der Zukunft Beratung vorstellen sollten. Natürlich wird es auch in Zukunft, wenn wir die Herrschaft von Geld, Macht und Wachstum überwunden haben, Beratung und Coaching sinnvollerweise geben. Wahrscheinlich sogar intensiver und umfangreicher als jetzt schon, aber aus anderen Gründen: Aus Liebe. Denn das ist der eigentliche Treibstoff auf unserem Raumschiff Erde, die Kraft, die alles bewegt.
Für Buckminster Fuller.
Milanowek bei Warschau, 05.02.2012, Stefan Schneider
Dieser Beitrag wurde inspiriert durch Dark Vader.