[Verlegenheit] Im Sommer des Jahres 2008 war an Segeln nicht zu denken. Im Frühjahr hatte ich mir das Bein gebrochen und als der Gips dann endlich abkam, sagten alle, die Bewegungen beim Segeln wären viel zu komplex, als dass es vernünftig wäre, mit dem noch nicht trainierten Bein eine solche Reise zu unternehmen. Beim Nachdenken über meine Situation kam mir dann plötzlich die Idee, eine Fahrradtour nach Tschenstochau zu unternehmen. Pedale treten ist eine relativ einförmige Bewegung, und wenn ich ein bisschen vorsichtig wäre beim Auf- und Absteigen sollte es doch gehen. Geschwindigkeitsrekorde wollte ich ohnehin nicht brechen. Mein Arzt gab sein okay und innerhalb von wenigen Tagen plante ich meine Reise und brütete über den Karten. Denn ich wollte einen möglichst direkten Weg fahren – aber nicht gerade auf den Hauptverkehrsstraßen.
[Pilgerfahrt] Auf Tschenstochau kam ich wegen Harpe Kerkeling. Der hatte gerade sein Buch "Ich bin dann mal weg" veröffentlicht, in dem er seine Wallfahrt nach Santiago de Compostella in Spanien beschreibt. Das löste einen wahren Hype aus und alle wollten nach Santiago. Ehrlich gesagt, ich hatte diese Idee auch schon ein paar Jahre im Hinterkopf. Zwar war ich während meiner Studentenzeit einmal mit dem Auto da gewesen und die Stadt hatte keinen wirklich bleibenden Eindruck auf mich hinterlassen – ganz im Unterschied zu Granada. Aber dieser Eindruck würde sicher ein ganz anderer sein, wenn ich die Stadt am Ende einer Pilgerwanderung, entweder zu Fuß oder, was ich damals schon überlegte, mit dem Fahrrad erreichen würde. Nach dem Buch von Kerkeling war das Ziel für mich erstmal verbrannt, denn da, wo alle hingehen, gehe ich bestimmt nicht hin. Dann fiel mir der legendäre Wallfahrtsort in Polen ein, der mir als lohnendes Ziel einer Urlaubsreise erschien. Oder, genauer gesagt, einer Pilgerreise mit dem Fahrrad. Zurück nach Hause wollte ich mit dem Zug fahren.
[Logistik] Nur zweimal hatte ich in meinem Leben eine Fahrradtour gemacht, einmal in der Lüneburger Heide und eine zweite nach Travemünde. In beiden Fällen erwies sich das Campen als das zentrale Problem, denn das Zelt auf- und am nächsten morgen wieder abzubauen und alles ordentlich zu packen und auf dem Fahrrad zu stauen, war echt müßig, ein echter Zeitfresser und vor allem eine schwere und sperrige Angelegenheit. Dazu das Camping-Geschirr, Isomatte und Schlafsack. Nein, das wollte ich nicht, mein Gepäck wollte so leicht wie möglich sein und ich wolle in Jugendherbergen und Hostels übernachten – und in Städten und Städtchen, die ich mir ansehen wollte, am Ende der jeweiligen Tagesetappe. Und tatsächlich hatte ich nicht mehr Gepäck als die doppelte Fahrradpacktasche und einen kleinen Rucksack, den ich auf den Gepäckträger schnallte. Nicht verzichtbar allerdings war eine kleine Reiseapotheke. Pflaster und Verbandszeug für mögliche Verletzungen, Sonnencreme, Kopfschmerz- und Durchfalltabletten sowie eine Salbe für mögliche Zerrungen oder Muskelkater. Wollte ich heute wieder eine ähnliche Fahrradtour planen, würde ich meine Reiseapotheke bei auf dem Portal von [http://www.juvalis.de/] zusammen stellen. Tatsächlich denke ich bis heute gerne an diese Reise zurück und ziehe sogar in Erwägung, diese Tour in einigen Jahren zu wiederholen. Und die Salbe gegen Zerrungen habe ich gar nicht gebraucht – obwohl ich nach den einzelnen Etappen doch sehr erschöpft war.
Berlin, 07.08.2012
Stefan Schneider
[Abbildung] http://www.drstefanschneider.de/images/bilder_allgemein/Czestochowa_2008/fahrrad_2008.jpg
[Wahrzeichen] Wenn ich Berlin-Besucher habe, möchten diese häufig dorthin, wo alle hingehen: Zum Brandenburger Tor und zum Reichstag. Das verstehe ich auch irgendwie. Ich glaube, das hat was damit zu tun, sich zu vergewissern, wirklich in Berlin zu sein und nicht aus Versehen in Magdeburg oder Hannover. Ich mache das ja auch so. In Paris bin ich zur Notré Dame gelaufen – ein wiklich schöner Ort, wenn die Touristen weg sind – und in New York habe ich mich ausführlich mit der Miss Liberty beschäftigt. Ich lasse meine Gäste auf diesen Trip gerne allein gehen, denn irgendwie gehört es auch dazu, völlig unbeeindruckt von Ortskundigen erstmal alles auf sich wirken zu lassen, die ganzen fliegenden Eisverkäufer, die Läden mit den Souveniers, die anderen Touristengruppen eingeschlossen. Und das ausführliche Fotografieren und sich vor dem Hintergrund von Sehenswürdigkeiten Fotografieren-lassen. Ob das auch alles echt ist? Etwas ganz anderes wiederum war Warschau. Beinahe täglich war ich in der Altstadt, um der Bahnhof am Palac Kultury war immer mein Umsteigepunkt auf dem Weg nach Milanowek. Durch die viermonatigen Aufenthalt in dieser Stadt ist sie fast eine zweite Heimat geworden. Aber das ist ein anderes Thema.
[Rundgänge] Gerne biete ich meinen Gästen einen Rundgang durch mein Stadtviertel an. Allein zu meiner Straße gibt es vieles zu erzählen – zum Beispiel vom Hirschhof und der ältesten Berufsfeuerwehr in Berlin oder dem Stadtbad. Am Ende der Straße beginnt der legendäre und inzwischen heiß umkämpfte Mauerpark, den es zu würdigen gilt und natürlich ist dann sofort an der Bernauer Straße die Berliner Mauer zentrales Thema. Gerne mache dann einen Bogen zum Teutoburger Platz, in dessen Nähe die Barmin-Kante gut erkennbar ist, und verweise auf die lange ruhmreiche Brauereigeschichte Prenzlauer Bergs, während wir über die Pfefferberg-Brauerei schlendern. Als neulich meine Schweizer Freundin Vesna nach Berlin kam, wollte ich mit ihr nur kurz diese kleine Runde machen und wir brauchten geschlagene vier Stunden, um auch nur die wichtigsten historischen Bezüge zu würdigen und zu erörtern, was sich in der Zwischenzeit verändert hat und warum. Deshalb macht es durchaus Sinn, wenn eine Stadtrundfahrt Berlin sich auf einzelne Themen und Schwerpunktsetzungen konzentriert und diese eingehender beleuchtet. Besonders ergiebig ist auch eine Architekturführung Berlin zu den Schwerpunkten Stalinallee, Hansaviertel, Potsdamer Platz und auf den Spuren der Nazi-Planungen zu Germania. Die Berliner Unterwelten, das Märkisches Viertel, die Stralauer Halbinsel, ... – ach was, Berlin ist viel zu groß für nur einen Berlin-Besuch. Selbst als gut informierter Berliner kenne ich noch lange nicht alles, und es verändert sich auch zu viel.
[Schiffsverkehr] Mein persönlicher Favorit ist eine Schiffsrundfahrt durch die Innenstadt. Mit einem eigenen Boot habe ich diesen Luxus immer dann, wenn ich hoch zur Müritz oder zur Ostsee will, weil das dann auf dem Weg ist. Bei meinem kleinen Boot muss ich aber doch ein paar Abstriche machen. Gerade im Sommer ist der Streckenabschnitt zwischen Schleuse Mühlendamm und Schloss Bellevue höllisch voll, es gibt für Sportboote so gut wie keine Liegemöglichkeit [Wird der Liegeplatz Friedrichstraße wieder eröffnet? Wird am Humboldthafen endliche eine Liegemöglichkeit eingerichtet?] und das durch den regen Schiffsverkehr ständig aufgewühlte Wasser bedeutet für kleinere Sportboote eine eher unruhige Fahrt. Manchmal wird es richtig voll und eng – aber da hilft es auf dem Wasser meistens, langsam zu fahren, Ruhe zu bewahren und abzuwarten, bis die Situation sich vorne klärt. Trotz dieser kleinen Nachteile ist so eine Bootsfahrt durch Berlin ein echtes Highlight, auf das ich mich immer wieder neu freue.
Berlin 31.07.2012
Stefan Schneider
[Abbildung] http://commons.wikimedia.org/wiki/File:MoleculeMen_BerlinerOsthafen.jpg
[Planungen] Als wir die Häuser in der Oderberger Straße instandsetzten und modernisierten, da war eine der Fragen, was wir mit dem Dachgeschoss des Hinterhauses machen sollten. Dort eine weitere Wohnung errichten, durften wir zum damaligen Zeitpunkt nicht. Die Gegend würde dadurch zu sehr verdichtet werden, sagte die zuständige Genehmigungsbehörde damals. Das ist verwunderlich, denn überall in der Nachbarschaft entstenden in den folgenden Jahren Dachgeschosswohnungen. Und auch auf dem Nachbargrundstück hat der neue Eigentümer über die Jahre hinweg einen mehrgeschössigen Bau errichtet. Ob er dafür überhaupt eine Baugenehmigung habe, wage ich zu bezweifeln. Auf der Dachschräge zum Süden hin jedenfalls konnten wir – mit Förderung aus dem Umweltentlastungsplan – eine Solaranlage errichten, die bei Sonnenschein der gasbetriebenen Brennanlage dabei hilft, heißes Wasser zu machen. Für das Warmwasser in Küche und Bad, und im Winter noch für die Heizung. Und auch schräge Dachfenster haben wir einbauen lassen. Ich meinte ja damals, dass sie zu tief eingebaut worden sind und beschwerte mich ein bisschen. Aber wenn ich heute darüber nachdenke, dass ja viel am Schreibtisch gearbeitet wird, oder daß man zu Hause auch gerne auf der Couch sitzt, ist die Höhe eigentlich genau richtig. Damals war die Idee, eine Gästewohnung einzurichten. Heute ist die Genehmigungspolitik eine andere und es wäre kein großes Problem, in einem Teil vom Dachgeschoss den nachträglichen Einbau einer Gästewohnung genehmigt zu bekommen. In weiser Voraussicht haben wir damals schon alle erforderlichen Anschlüsse vorbereitet, um keine größeren Umbauten mehr vornehmen zu müssen. Doch um eine Gästewohnung zu bauen ist es auch erforderlich, Gäste haben zu wollen. Und ich bezweifle, dass die jetzige Leitung des Vereins das will. Aber das ist eine andere Frage.
[Lebensfreude] Sollte ich jemals in meinem Leben noch einmal ein eigenes Haus bauen, würde ich auch alle drei Ebenen (Keller, Erdgeschoss und Dach) konzeptionell mit einbeziehen. Die Aufteilung ist halbwegs klar. Das Erdgeschoss ist für die Kommunikation gedacht. Für das gemeinsame Leben, das Kochen, die Geselligkeit, das Arbeiten. In den Keller kommen die Vorräte und die Sachen, die nicht so oft gebraucht werden, wie alte Akten, Wintersachen, Christbaumschmuck und so weiter. Und das Dachgeschoss ist für die Gäste da sowie für mich als privater Rückzugsraum, wenn ich mal in Ruhe an ein paar Sachen arbeiten muss. Und dann ist klar, dass dort natürlich vernünftige Fenster hineingehören, allein schon wegen der natürlichen Belichtung. Eigentlich können die Dachfenster gar nicht groß genug sein. Aber um auch im Sommer gut arbeiten zu können und nicht geblendet zu werden (vor allem bei der Arbeit am Bildschirm), ist ein VELUX Verdunkelungsrollo die erste Wahl. Und natürlich, weil sich das Dachgeschoss auch nicht zu sehr aufheizen soll. In meiner Laube habe ich auch so ein Dachfenster. Das ist wegen der frischen Luft ausgesprochen nützlich, aber wirklich großartig ist es bei Regen. Jedesmal, wenn der Regen auf das Fenster tropft, freue ich mich, wie gut ich es habe, jetzt im Trockenen und Warmen zu sein und das Leben genießen zu können. Das ist Lebensqualität. Und ich staune immer wieder, welche kleinen Dinge einen Menschen glücklich machen können.
Berlin, 31.07.2012
Stefan Schneider
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[Abbildung] http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Dachfenster_7.JPG
[Grenzgänger] Mein Vater wurde im Jahr 1937 in Braunswalde/ Woppen geboren. Das damals ostpreußische Dorf Braunswalde kam nach 1945 zu Polen und heißt seit dem Brąswałd. Es liegt nordwestlich von Allenstein (heute Olsztyn) und ist ein ganz gewöhnliches Straßendorf, an dem am ehesten die etwas überdimensionierte in den Jahren 1894–1896 gebaute St. Katharinen-Kirche auffällt. Sie ist ein gutes Abbild der großen Ambitionen von Walenty Barczewski, der als damaliger Pfarrer dort auch die erste private polnische Schule errichtete. So weit zu Braunswalde. Mein Vater aber kam aus Woppen.
Wenn man nach Woppen wollte, musste man durch das Dorf durchfahren, kurz vor der Brücke über den Mosąg-See zur linken Seite einen Feldweg nach rechts einbiegen. Der Weg führt leicht aufwärts zu einer Wegkreuzung, in dessen Nähe kaum bemerkbare Holzkreuze an sowjetische Soldaten erinnern, die im Kampf um die Befreiung Deutschlands vom Faschismus hier ihr Leben lassen mussten. Hier muss man sich links halten und an den weiteren Weggabelungen eher wieder rechts – ganz genau kenne ich den Weg auch nicht mehr. Nach einer ganzen Weile erscheint eine größere Lichtung, und das ist Woppen. Eine Ansammlung von ehemals 4 Bauernhöfen, eine kleine Kolonie, eine Siedlung. Mehr nicht. Dennoch stößt man vereinzelt auf Dokumente, die angeben, dass dieses Woppen (heute Wopy) bereits um 1363 (also noch vor Braunswalde) gegründet wurde und sogar einen eigenen Bürgermeister hatte. Wenn man weiß, dass der weltberühmte Astronom um 1517–1519 hier dienstlich tätig war (um die Gegend gegen die Kreuzritter zu verteidigen) und das das Wort wopista übersetzt Grenzgänger bedeutet, dann kann man sich gut vorstellen, dass die Bewohner dieser Gegend es mit den regional Herrschenden und ihren Ansprüchen nicht gerade einfach hatten.
[Heimat] In meiner Familie hatte dieser Ort bald den Status eines Mythos. Immer, wenn wir in Polen Verwandte besuchten, machten wir auch einen Ausflug nach Wopy zum Ort, an dem mein Vater geboren wurde. Ich kann mich noch an ein altes Holzhaus erinnern, das später abgetragen wurde. Dann blieben noch Stall und Schuppen übrig. Als erstes zerfiel der Schuppen, und im Verlauf der Zeit geriet auch der Stall in Mitleidenschaft. Bewohnt war der Ort seit den 80er Jahren nicht mehr, und bewirtschaftet wurde die Fläche von meiner Tante Erna. Auch als Jugendlicher war ich später wiederholt in Polen und besuchte eigenständig diesen Ort und so halte ich es bis heute. Irgendwie auch, um inne zu halten und zu spüren, was gerade los ist mit mir und der Welt. Von einem dieser Ausflüge aus den 80er Jahren machte ich Fotos, ließ sie auf Posterformat vergrößern und schenkte sie meinem Vater, der sich sehr freute, diese lebendige Erinnerung an seine Heimat bei sich im Esszimmer ständig präsent zu haben. Und wenn ich heute eine ähnlich Geschenkidee hätte, würde ich auf auf der Homepage von foto-leinwand-guenstig.de genau sehen, welche Anbieter ich für eine Postervergrößerung zu wählen hätte.
[Tradition] Ich denke, auch als alter Mann werde ich noch gelegentlich an diesen Ort zurückkehren. Wahrscheinlich werden dann von dem einstigen Hof nicht mehr als ein paar wenige, kaum noch erkennbare Mauern stehen, die über und über mit Grünzeug überwuchert sind. Und ich werde über die Vergänglichkeit des Lebens nachdenken. Aber ich habe auch genug Phantasie, mir vorzustellen, dass eines Tages hier Menschen kommen und einen Neubau errichten. Es würde mich freuen, denn dieser Ort hat Tradition
Berlin, 26.07.2012
Stefan Schneider
PS: Ich selber überlegte tatsächlich um 1990 herum, als ich gerade etwas Geld hatte, den noch existierenden Stall von meiner Tante zu erwerben und als Landwohnsitz auszubauen. Aber ich lebte damals wie heute in Berlin und mir war klar, dass ich diesen Ort nicht würde ernsthaft bewirtschaften können, und dass eigentlich eine fast ständige Präsenz notwendig wäre – oder ich fremde Mieter zu akzeptieren hätte. Heute, im Zeitalter des Internets wäre es sehr viel einfacher für mich, dort auch zu wohnen und zu arbeiten – aber inzwischen ist das Objekt zu verfallen und mein Geld würde auch nicht reichen.