[Planung] Mein Urlaub des Jahres 2011 war lange im Voraus geplant. Ich hatte vor, mit meinem eigenen Segelboot 3 Wochen lang auf den Masurischen Seen in Polen zu segeln und anschließend auf eigenem Kiel auf dem Wasserweg nach Berlin zurückzukehren. Auf diesen Plan kam ich bereits 1992 bei der Lektüre des Buches Segeln in Masuren von Monika und Johannes Ritter. Hier war auf den hinteren Seiten der Wasserweg von Berlin zu den Masurischen Seen beschrieben und eine genauere Prüfung ergab, dass es ernsthaft nur Sinn machte, mit eigenem Boot den Rückweg anzutreten. Denn Flüsse haben Strömung und es macht keinen Spaß, mit einem Außenbordmotor, der gerade einmal 10 Stundenkilometer schafft, erstmal die Strömungsgeschwindigkeit zu überwinden, die durchaus sehr beachtlich sein kann, um überhaupt vorwärts zu kommen. Das würde beispielsweise bei einer Flußströmung von 5 Kilometern pro Stunde bedeuten, 10 Stunden unter Vollgas zu fahren, um 50 km vorwärts zu kommen, So war schnell klar: Das macht keinen Sinn! Umgekehrt schon eher: 10 Stunden zu fahren um 100 km oder mehr mit der Strömung zu schaffen, das wäre in Ordnung.
[Organisation] Ich brauchte also mehrere Dinge. Zunächst einen Trailer für mein Boot. Den lieh mir ein befreundeter Segler. Dann eine Zugmaschine und einen Fahrer, der mit dem leeren Trailer wieder zurückfahren würde, denn die Rückreise sollte ja mit dem Boot erfolgen. Das ergab sich durch einen Zufall. Für einen Kollegen in der Fraktion musste ich immer wieder einspringen und im Kinder- und Jugendhilfeausschuss das Protokoll führen, was immer mehrere Stunden aufwand bedeutete. Eines Tages kamen wir auf sein Auto zu sprechen und es war nicht nur eine geeignete Zugmaschine, sondern verfügte auch über eine Anhängerkupplung. Schnell waren wir uns handelseinig und der Kollege war bereit, mich mit Boot nach Masuren zu fahren und allein mit leerem Trailer wieder zurück.
[Reifen] Gute Reifen, wie etwa ein Runflat Reifen von Dunlop, sind für Unternehmungen wie diese unerlässlich, wenn sie gelingen sollten. Zum einen ist eine gehörige Last zu bewegen, denn auch wenn der Hänger eher leicht ist, wiegt meine Boot doch einige hundert Kilo – dazu das Reisegepäck. Eine gute Bodenhaftung ist auch wichtig, etwa bei Steigungen oder wenn es um die zahlreichen Bremsvorgänge geht. Gerade bei Fahrten mit Hängern stellt sich das Problem dar, dass zusätzlich beim Bremsen der Anhänger schiebt und die Gefahr besteht, auszubrechen. Oder die sich aufschaukelnden Bewegungen des Gespanns, wenn die Strecke uneben ist. Und die Routenplanung zeigte ja, dass ein Teil der Strecke über Landstraßen verlief, über deren Zustand wir nicht viel wussten. Außerdem bestand immer die Möglichkeit von Regen, was die Sache nicht einfacher gemacht hätte. Generationen von Reifenherstellern haben sich mit diesem Thema herumgeschlagen und versucht, immer bessere Lösungen zu entwickeln. Kein Wunder also, dass ich mich vor Beginn der Reise und auch während dessen sehr genau um den Zustand der Reifen kümmerte. Die Reifen des Hängers waren so gut wie neu, und die der Zugmaschine waren schon von der Optik her sehr vertrauenerweckend. Vor Beginn der Reise sorgten wir noch für optimalen Reifendruck und so stand einem großartigen Urlaub nichts mehr im Wege – dank hervorragender Reifen. Und in der Tat, mit den Reifen gab es keine Probleme.
Istanbul, 24.11.2012
Stefan Schneider
[Abbildung] http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Trailer-einweiser.jpg
[Visionen] Als wir Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts an der Hochschule der Künste in der Werkstatt Computer und Bildung versuchten, die Bedeutung des aufkommendes Personal Computers (PC) und die entstehende Vernetzung dieser Rechner zu verstehen, war ein starkes Argument der Künstler_innen, dass der Bildschirm, mit dem nahezu alle Rechner ausgestattet sind, zu einer Renaissance des Sehens führen würde. Der Bildschirm eigne sich hervorragend für Visualisierungen aller Art, und Bilder, Fotos, Grafiken, bewegte Animationen usw. würden an Bedeutung gewinnen. Und sie sollten Recht behalten. Texte vom Umfang einer Schreibmaschinenseite werden heutzutage im Web bereits als lang empfunden, und die zunehmende Komplexität der Programmiersprachen ermöglicht nicht nur die Einbindung visueller Elemente, sondern bringt auch eine Unzahl von grafischen Gestaltungsmöglichkeiten hervor – angefangen von den Templates für cms-Formate bis hin zu den optischen Anpassungsmöglichkeiten einzelner Programme. Die technischen Möglichkeiten haben schon lange den Standard billiger, effekthaschender Blinkelemente verlassen und Web- oder Seiten-Design ist heute längst ein anerkannter Ausbildungsberuf, und trotz zahlloser Möglichkeiten des Do-It-Yourself sind gute Designer_innen gefragte Spezialisten. Und auch die Möglichkeit am Computer Text zu lesen und zu bearbeiten, ist seit jenen Tagen nicht wirklich weiter entwickelt worden. Es ist noch immer der Rollbalken, der mit Hilfe dessen eine längerer Text bewältigt werden muss, oder aber die Formatvorgabe einer Seite, wie wir sie bei PDF-Dokumenten oder bei ebook-Readern vorfinden. Der Text hat durch den Hypertext einen starken Konkurrenten erhalten, und letzter strukturiert unser Vermögen zu lernen völlig neu. Manche sagen auch, das Internet mache dumm. Andere behaupten das Gegenteil.
[Bilder] Es sind häufig kleine Entdeckungen, die massive Auswirkungen auf mein Leben haben. Eines Abends in der Berliner Socialbar war ich Augenzeuge einer Präsentation von @Lucyskywalker, die ich so noch nicht erlebt hatte. Statt, wie wir es von PowerPoint inzwischen gelernt haben, Folie für Folie abzuspulen, projizierte Sophie Scholz eine Art Poster, auf dem sie vollkommen mühelos hin und her sprang zwischen Texten, Fotos und Grafiken und nach beliegen hinein und herauszoomen konnte. Auf meine Nachfrage verriet sie mir das Geheimnis – es war prezi.com, und seit diesem Tag habe ich nie wieder PowerPoint für eine Präsentation benutzt. Diese Software kam auch meiner Arbeitsweise sehr entgegen. Ich konnte erstmal alles, was ich für einen Vortrag als Wichtig erachtete, auf die Leinwand pappen und dann im Verlauf der Auseinandersetzung mit dem Material Erkenntnisse produzieren. Das heißt, Arbeit an der Aufgabe und Vorbereitung der Präsentation fallen in eins.
[Organisation] Im Zuge der Auseinandersetzung mit dieser Software begriff ich auch, dass es völlig unangebracht war, die Parameter konventioneller Präsentationen einfach eins-zu-eins zu wiederholen. Nichts ist schlimmer als eine Form der Darstellung, in der mehr oder weniger der Text der Folien abgelesen und erläutert werden. Gerade die Zoom-Funktionen bieten die Möglichkeit, einzelne Aspekte vorzustellen und dann das gesamte Bild zu zeigen (oder umgekehrt), und zwar in einem wortwörtlichen Sinne. Ich experimentierte damit, immer mehr Text wegzulassen und diesen auf das unvermeidliche zu reduzieren. Und siehe da, meine Vorträge wurden besser. Immer wichtiger wurde die Suche nach Fotos. Ein Photo, anhand dessen ich meinem Publikum einen Sachverhalt erklären, ein Problem darlegen kann, ist viel wirkungsvoller und sinnlicher, möglicherweise auch einprägsamer als ein reiner Text. Hier bietet ein Portal im Internet zur schnellen Suche von Fotos [www.schnelle-foto-suche.de/kostenlose-bildagenturen.htm] eine wertvolle Hilfe. Nirgendwo sonst habe ich eine derart umfangreiche Sammlung relevanter Bildagenturen finden können. Denn ich verwenden inzwischen sehr viel Mühe bei der Suche nach hochwertigen Fotos für meine Präsentationen. Dabei geht es nicht nur um die fotografische Qualität, sondern auch um eine fotografische Aussage, die mehrere Funktionen zu erfüllen hat. Die Bilder sollen meinen Zuschauern gefallen, also von hohem ästhetischen Wert sein. Sie dürfen durchaus überraschen, also etwas Unerwartetes zeigen. Und sie sollen möglichst genau meiner Aussageintention entsprechen.
[Freude] Seit dem ich in meinen Präsentationen vorwiegend bildorientiert arbeite, habe ich zunehmend mehr Freude an meinen Vorträgen. Sie beginnt schon bei der vorbereitenden Suche nach geeigneten Fotos und erreicht dann ihren Höhepunkt, wenn ich während des Vortrags in den Gesichter meines Publikums Überraschung, Freude und Neugier entdecken kann.
Istanbul, 24.11.2012
Stefan Schneider
[Abbildung]
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:AirTrafficControlUSSWashington.jpg
[Erkenntnisse] Wenn ich darüber nachdenke, welche Lebensversicherungen ich eigentlich besitze, fällt mir als erstes mein Verstand ein. Ich habe eine vergleichsweise gute Ausbildung genossen, habe sogar studieren können und glaube deshalb, die wichtigsten Fähigkeiten zu besitzen, um auch in einer Krise halbwegs zurecht zu kommen. Gut, ich bin bisweilen etwas naiv und glaube die Dinge häufig so, wie sie mir gesagt werden und merke nicht, dass es häufig einen perfiden Hintersinn gibt. Dafür aber habe ich Freunde, mit denen ich das besprechen kann. Denn zu meinem Verstand kommt noch mein Instinkt, auf den ich mich ziemlich gut verlassen kann. Wenn mein Instinkt mir sagt, etwas ist nicht in Ordnung, dann ist es auch meistens nicht in Ordnung. Und obwohl ich ein eher schlechtes Gedächtnis habe, bleiben wichtige Erkenntnisse und Einsichten aus meinem Leben doch präsent.
[Vorsorge] Aus diesen Gründen habe ich schnell gelernt, dass es gar nicht möglich ist, das Leben zu versichern. Wir alle werden eines Tages sterben und mir persönlich ist es wichtig, darauf vorbereitet zu sein. Insofern sind die ganzen Lebensversicherungen eigentlich eine Falschbezeichnung. Das ist mir schon früh aufgefallen, deswegen habe ich auch gar keine. Bezüglich der Debatte um die drohende Altersarmut weiß ich, dass keine noch so große Anstrengung das Blatt grundsätzlich wenden würde. Und wozu auch. Schon jetzt bin ich der Auffassung, dass ich viele Jahre – ohne viel Geld dafür zu sehen – sehr engagiert und hart für das soziale Gemeinwesen gearbeitet habe. So dass ich im Grunde davon ausgehe, dass auch das Gemeinwesen dann einspringt, wenn ich Unterstützung benötige. Schon jetzt mache ich mir viele Gedanken darüber und war , bedingt durch meine Arbeit als Bezirksverordneter, auch schon in dem einen oder anderen Altersheim. Ich wäre also orientiert, wenn es so weit ist.
[Möglichkeiten] Nun gibt es Menschen, die haben eine Lebensversicherung abgeschlossen und zahlen dafür Monat für Monat ein. Ja, das ist auch so ein Haken – die monatlichen Zahlungen. Und das Problem dabei ist, dass diese nicht einfach aufhören, wenn mal eine Krise kommt. Ganz im Gegenteil. Das wäre ja was, wenn eine flexibel wäre mit einem kleinen Grundbetrag und beliebig hohen freiwilligen Raten. Aber ich glaube nicht, dass es so etwas schon gibt. Wer also Geldprobleme hat und die Versicherung kündigen muss, um die Raten nicht mehr zahlen zu müssen, hat schlechte Karten und kann froh sein, wenn auch nur ein Bruchteil der eingezahlten Summe wieder ausgezahlt wird. Da bietet es sich an, die Lebensversicherung zu verkaufen, weil das mehr bringt. Wer das jetzt aufkauft, weiß ich nicht, aber dafür gibt es im Internet Portale.
[Zukunftsmusik] Ich persönlich würde meinen Verstand und meinen Instinkt, also das, was ich als meine Lebensversicherung verstehe, niemals verkaufen. Das wäre im Moment auch schlecht vorstellbar, in ferner Zukunft aber sicher nicht unrealistisch, dass Menschen mittels Rechnertechnik anderer Menschen Hirnkapazität dazukaufen oder mieten, um mehr Verstand zu haben. Aber alle Leute, die mich kennen, wissen, dass ich gerne bereit bin, meine Gedanken mit anderen zu teilen. Naja, vielleicht schließe ich ja doch noch eines Tages eine Lebensversicherung ab, um mir dann im Alter davon ein seniorengerechtes Segelboot zu kaufen. Ausschließen will ich das jedenfalls nicht.
Berlin, 23.11.2012
Stefan Schneider
[Abbildung] http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Moai_Rano_raraku.jpg?uselang=de
[Orientierung] Ich gehöre zu der Sorte von Reisenden, die erst einen kleinen Anstoß brauchen, um sich in ferne Länder aufzumachen. Es war meine damalige Freundin Dagmar, die vorschlug, nach Chile zu fahren. Auf Ihrer Reise um die Welt hatte sie so einiges gesehen, aber Chile hatte sie ausgelassen, und genau deshalb wollte sie da hin. Ich hatte auch nicht wirklich etwas einzuwenden, und so willigte ich ein und eines Tages standen wir auf dem Flughafen in Santiago und einer dieser Busse brachte uns in das Zentrum der Millionenstadt. Mit der Metro sind wir zu unserer ersten Unterkunft gefahren, und ich wunderte mich, dass jede Station nicht nur einen Namen sondern mit einem einfaches Symbol versehen war. Also ein Baum, eine Sonne, ein Haus und so weiter. Erst nach längerem Nachdenken kam ich darauf, dass dies dem hohen Anteil an Analphabeten geschuldet war. Für alle, die sich nicht an Buchstaben orientieren konnten, gab es ein paralleles System zum Zurechtfinden. Das war vor über zwanzig Jahren. Inzwischen ist das Metronetz Santiago um ein Vielfaches gewachsen, und mit der Zeit sind auch die Symbole verschwunden und hoffentlich auch die hohe Zahl von Analphabeten.
[Landschaften] Eisenbahnreisen sind für ängstliche Menschen wohl deshalb so attraktiv, weil der Zug die Schienen eher nicht verlässt. Es gibt also nur wenige Überraschungen. Auch wenn inzwischen komfortable Reisebusse das übliche öffentliche Verkehrsmittel sind, gibt es doch in Chile eine attraktive Zugverbindung nach Puerto Montt tief im Süden des Landes. Puerto Montt ist die Ausgangsstation für alle, die noch weiter in den Süden, beispielsweise nach Feuerland reisen wollen, aber auch sonst eine Reise wert. Auf der langen Strecke, pendelnd zwischen dem eigenen Abteil, das nachts in einen bequemen Schlafwagen verwandelt wird, und dem gemütlichen Speisewagen, wird beim Blick aus dem Fenster schlagartig klar, warum Chile ein bei Deutschen so beliebtes Auswanderungsland war. Auf der einen Seite ist manchmal das Meer zu erblicken, auf der anderen Seite eine hügelige, grüne Landschaft und im Hintergrund die Alpen – Verzeihung, die Anden. Mit anderen Worten: Es sieht in Chile ein bisschen so aus wie zu Hause, zum Beispiel im Allgäu. Das wird sich herumgesprochen haben. Heutzutage gibt im Internet Tipps für Chile für alle, die vielleicht nicht gleich auswandern, sondern erstmal dort Urlaub machen wollen.
[Inspirationen] Natürlich darf ein Besuch bei Pablo Neruda nicht fehlen. Sein Canto General ist legendär, insbesondere in der Vertonung von Mikis Theodorakis. Ganz in der Nähe von Santiago am Meer kann sein Anwesen auf Isla Negra besichtigt werden. Wer jetzt aufgrund des Namens eine Insel erwartet, wird enttäuscht sein. Es handelt sich um eine kleine Siedlung an einer zerklüfteten Steilküste. Sehenswert ist das zu einem Museum umgewandelte Anwesen des großen Dichters alle Mal. Sehr eindrücklich sind die geschmackvoll angeordneten Vasen in der Veranda. Zur Wasserseite stehen die mit blauer und grüner Färbung, zur Bergseite die mit den erdigen Farbtönen. In der Nähe des Hauses hat er an Land ein Segelboot eingraben lassen. Neruda, der nicht segeln konnte, hat oft auf diesem Boot mit Freunden gesessen und sich von dieser Stimmung inspirieren lassen. Heute inspiriert dieses Boot die Gäste aus aller Welt.
Berlin, 23.11.2012
Stefan Schneider
[Abbildung] Torres del Paine National Park, Chile. Quelle: WikiCommons