|
ERNST
Biografie
Krieg - Flucht - Verschleppung
Ich bin 59. Ich bin in Ostpreußen geboren, M.Dorf, Kreis S.Stadt.
Da bin ich geboren. Dann kam der Krieg da nachdem. Da fuhren wir auch.
Sind wir auch geflüchtet, ja, Allenstein bis raus Richtung Königsberg.
Mit Pferden, mit Leiterwagen. Eingeschneit worden. Ja, wir kamen zurück.
- Schlimm, sehr schlimme Jahre. Die Russen und alles. Die Russen ließen
nichts. Nur der Schweinestall blieb stehen. In der Stube war unser großer
Hund. Den haben sie gleich losgejagt, haben sie erstmal ein Feuer gemacht,
Holz haben sie aus dem Stall geholt, dann ein Feuer gemacht, erstmal ein
bißchen aufgewärmt, ja.
Nach dem Krieg, meine Schwester wurde von den Russen verschleppt. Meine
Schwester von 21 Jahren, die haben die Russen verschleppt nach... - Da
mußten sie laufen 24 Kilometer zu Fuß bis zum anderen Bahnhof,
da ging der Güterzug nach Sibirien weg. Unterwegs ist sie gestorben.
- Meine Mutter starb '61, Vater starb '77, da blieben noch zwei Geschwister.
Eine ist in Posen jetzt, eine hier in der DDR.
Polen
Durch den Krieg bin ich auf die polnische Schule gegangen noch zwei
Jahre. Erst war's sehr viel deutsch, dann alles polnisch. Ich kann noch
polnisch jetzt. Gingst einkaufen, alles polnisch. Die Heimatsprache nicht
vergessen. Auf dem Gut waren alles nur Polen, da sprach keiner deutsch,
nur polnisch. Da waren auch Deutsche, mit den haben wir uns deutsch unterhalten,
alles deutsch dann, mit den Polen mußte man polnisch.
Da habe ich bald nach '45 gearbeitet. Ich habe so da auf dem Gut gearbeitet.
Ein bißchen hatten wir da, es war ein großes Gut, nicht, das
war da mit Landwirtschaft, ich habe auch Zuckerrüben gesät da,
Kartoffel gepflanzt da. Da hatten wir 1000 Milchkühe gehabt auf unserm
Gut. Wir haben viel mit Pferden gemacht. Gras gemäht mit Maschine,
von Pferden gezogen. Und in der Ernte dann auch mit Mähmaschine. Mußte
man noch selbst binden die Garben, Hocken aufstellen und alles. Später
dann mit Trecker. Ich habe viel mit Pferden gearbeitet.
Ich habe '64 geheiratet, eine Deutsche. zwei Jungs, ein Mädchen.
Hatten wir ja, hatten wir eine 2-Zimmer-Wohnung im Haus, ja. Da habe ich
meinen Hund gehabt, Geflügel gehabt, Schweine gehalten, war gut da.
Was hast du verdient? 3.500 Zloty, das war wenig. Und dann noch das Haus,
Holz und Kohlen. Dann hast genau für 40 Zloty Strom noch bezahlt,
das Wohnen war umsonst. Ich habe noch einen Stall gehabt Da hielten wir
uns zwei Schweine, eine Kuh und Hühner, und Kaninchen 40 Stück.
So am Sonntag mal geschlachtet eins, und dann hatten wir. Oder wenn mir
mal Ente wollten, haben wir gekauft bei Nachbarn.
Hier sind ja auch Seen, aber weiter. Und wir hatten damals über
die Straße den See gehabt. Gleich unter'm Gut. Da bin ich oft raus
mit der Angel, im Schilf, schön flach. Zwölf Pfund im Eimer gehabt
in zwei Stunden. Schlei, auch Barsch und alles. Und Krebse, auch auf Krebse
sind wir gegangen.
Aussiedlung - Familie, Kinder
Da hat mein Patenonkel, mein Patenonkel, der wohnt F.Straße in
Krefeld, ja, der war einmal auf Besuch, hat er auch ein paar Gläser
mitgenommen, Papiere gemacht, und der hat uns rausgekriegt. Viele haben
ins Reich gekriegt damals die Papiere. Wir haben erstmal vermißt
die Seen, die Wälder alle. Haben wir über der Straße einen
See gehabt, und da bin ich oft nach Fische gegangen, am Sonntag so. Wir
hatten da über der Straße, über die Straße rüber,
ein Haus vor dem See gehabt. Hier wohnte ich, und dann unten war der See.
Fein, und unser See und die Wälder. Bloß hier sieht man sowas
nicht. So viele Flüsse, Blaubeeren, Erdbeeren. Und hier in Berlin
ist das so schmutzig, da haben wir schon Osten. Gehst hier zur Seite hin,
da steht einer, gehst da hin, steht der zweite da. Hier ist keine Ordnung,
nichts. Jeder macht, wie er will!
Rübergekommen bin ich '77 dann mit der Frau und Kindern. Die Kinder,
die sind in Bayern. Die haben da, die sagen dann, sie lernen da gut. Die
eine, das Mädchen, lernt da Schneiderin, der Junge ist in einer Maschinenfabrik
so, der Zweite hat für Gartenbau gekriegt. Der Älteste ist 26,
der Älteste. Denen geht's gut, die kommen mal besuchen hier. Die kommen
jetzt zu Weihnachten hier. Dann kommt die Tochter und die zwei Brüder.
In Bayern! Die wollten mal, die wollten, wie wir kamen da vorhin, über
Friedland gefahren, als Aussiedler. Und dann: "Ach, wir fahren mal
nach Bayern rein!" Und da gefiel ihnen das, und da blieben sie. Das
war gleich '77 schon. Und ich bin wieder aus Bayern zurück. Denen
gefiel das und die Wohnungen fein alles, schön gemacht.
Berlin
Ich habe eine Wohnung, ja. Hier, M.Straße, M.Straße gleich.
Zentralheizung. Und die Wohnung in Moabit ist die erste in Berlin. Erst
waren wir im Lager Alt-Mariendorf, Marienfelde da im Lager, und dann bekamen
wir die Wohnung hier. Dann ein bißchen gearbeitet auch, war in der
Gärtnerei. Hier in Berlin habe ich in der Gärtnerei gearbeitet,
in Alt-Mariendorf. Beim S., ich habe beim S. gearbeitet eine Zeit da.
Unfall
Ich habe im Dezember Unfall gehabt. Ich habe mir das Bein gebrochen
hier. Hier in Deutschland, da war ich schon in Berlin. Das ist sechs Jahre
her. Das ist mir passiert hier. Da ist mir das Unglück passiert hier,
hier an der Turmstraße gleich, an der Kneipe war das. Die Ampel war
grün, da ging ich rüber, da kam ein Auto so mir gegen, so gegen
das Bein, der fuhr bald 20 Meter bis zum Strauch hin. Ich lag für
drei Monate im Krankenhaus im Gips. Drei Monate im Gips lag ich. Konnte
in den Schienen nicht schlafen, nicht so und nicht so. - Jetzt habe ich
noch von hier bis hier einen Nagel drin im Bein. Wenn es kalt ist, habe
ich viel Schmerzen drin. Die wollten auch, der Arzt sagte, der Nagel müßte
raus, die wissen auch nicht. Das Knie ist hin. Der ist noch nicht zugeheilt
der Knochen. Wenn der Nagel möchte rauskommen, ja, dann möchte
man wenigstens sagen können, ist zu Ende, ja. Ich habe den Nagel schon
vier Jahre drin. Und ab der Zeit da geht's mit Arbeit nichts. |