Stefan Schneider - Wohnungslosigkeit und Subjektentwicklung

2. Problem der Erfassung des quantitativen Ausmaßes der Wohnungslosigkeit

Die Schwierigkeit der Erfassung von Wohnungslosigkeit beginnt mit der Frage, inwieweit dieses Problem überhaupt zur Kenntnis genommen werden will. Auf einem Symposion zu "Berlin 2000" am 8. Januar 1992 erklärte der Berliner Regierende Bürgermeister Eberhard DIEPGEN schlicht und einfach: "Es gibt keine Wohnungnot!" (Berliner Morgenpost vom 9. Januar 1992) - eine Behauptung, die nicht lange unwidersprochen blieb und die bis heute von DIEPGEN auch nicht mehr wiederholt wurde. Aber auch auf der Gegenseite, bei den sogenannten "Betroffenen", sind vergleichbare Tendenzen erkennbar, ein Problem als solches nicht wahrhaben zu wollen: "Armut versteckt sich" (DEUTSCHER CARITASVERBAND 1993) ist der Titel eines vom Deutschen Caritasverband herausgegebenen Werkheftes. "Wer möchte arm sein, wo Reichtum Glück bedeutet?" fragen die Herausgeber auf einem beigelegten Plakat. Und zwei Praktiker aus der sozialen Arbeit für Wohnungslose, Herrmann PFAHLER von der Berliner Beratungsstelle für Wohnungslose in der Levetzowstraße und Friedrich BANISKE, Sozialarbeiter in einer Berliner Wärmestube, sprechen in einem Aufsatz ganz konkret von der "Versteckten Armut unter alleinstehenden Wohnungslosen." (PFAHLER/ BANISKE 1988). Beide Extreme kennzeichnen exemplarisch die Schwierigkeit, das Ausmaß von Wohnungslosigkeit adäquat wahrzunehmen zu können: Der politischen Elite ist das Thema ebenso unbequem, so scheint es, wie vielen Armen und Wohnungslosen ihre konkrete Not peinlich ist.

Eine naheliegende Vorgehensweise zur objektiven Ermittlung des quantitativen Ausmaßes von Wohnungslosigkeit besteht darin, alle diejenigen zu erfassen, die in Kontakt zu den staatlichen Angeboten der Hilfe für Wohnungslose treten. Bezogen auf Berlin heißt das konkret, daß zunächst alle diejenigen registriert werden, die sich auf den bezirklichen Sozialämtern des Landes Berlin obdachlos melden. Daraus ergibt sich die offizielle Statistik der Berliner Senatsverwaltung. Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der auf diese Weise ermittelten Obdachlosenzahlen im Westteil der Stadt:

 Stand  Anzahl
 31.12.1988  5 577
 31.12.1989  6 386
 31.12.1990  7 110
 31.12.1991  8 185
 31.12.1992  9 840

(ABGEORDNETENHAUS 1993, S. 2)

Zu diesen Zahlen ist einschränkend anzumerken: Die Entwicklung im Ostteil der Stadt ist nicht berücksichtigt. In einer Fußnote wird in der Mitteilung des Senats an das Abgeordnetenhaus dazu vermerkt: "Hinzu kommen schätzungsweise 800 Haushalte im Ostteil der Stadt. Da die Erfassung für den Ostteil der Stadt erst ab dem IV. Quartal 1993 vorgenommen wird, können hier nur Schätzwerte und diese nur für die Haushalte angegeben werden." (ABGEORDNETENHAUS 1993, S. 2).

Ein zweites Problem dieser Zahlenangaben ist jedoch noch wesentlich gravierender: Berücksichtigt sind in der offiziellen Statistik der Berliner Senatsverwaltung nur die "untergebrachten Wohnungslosen". Das heißt, wer sich ohne Unterkunft mit Bitte um Hilfe an das Sozialamt wendet, erhält eine Unterkunft nachgewiesen. "Die Bezirke haben Ordnungsaufgaben im Falle der Obdachlosigkeit wahrzunehmen und in diesem Sinne eine Unterbringungsverpflichtung nach § 20 der Verordnung über die Zuständigkeit der Ordnungsbehörden (DVO-ASOG)" (ABGEORDNETENHAUS 1993, S. 2). Mit anderen Worten: Der Zählweise liegt ein Verständnis zugrunde, demzufolge es das Problem, daß Wohnungslose völlig ohne Unterkunft auf der Straße leben, nicht gibt.

Mit diesem Vorgehen kann aber das quantitative Ausmaß derer, die in Berlin wohnungslos sind, keineswegs exakt erfaßt werden. Nicht erfaßt werden beispielsweise

Dennoch wurde bis in die letzten Jahre von der Berliner Senatsverwaltung die Zahl der "untergebrachten Wohnungslosen" als die Zahl der Wohnungslosen überhaupt argumentativ ins Feld geführt. Demgegenüber schätzte das Diakonische Werk bereits 1989 die Zahl der Wohnungslosen in Berlin auf eine Größenordnung von 12.400 - 15.650 Personen (vgl. BINFO 1990) und sprach im Jahr darauf von 16.000 - 20.000 Obdachlosen, von denen ein Drittel ganz auf der Straße lebe (vgl. KUPPINGER 1990). Für das Jahr 1993 wird vom Diakonischen Werk die Zahl der Wohnungslosen im Westteil der Stadt mit 25.000 angegeben (vgl. RAUPACH 1993). Anläßlich der europaweit organisierten "Nacht der Wohnungslosen" vom 25. auf den 26. Juni 1993 werden von den Berliner Veranstaltern, zu denen auch das Diakonische Werk gehört, Zahlen von bis zu 40.000 obdachlosen Menschen in Berlin genannt (vgl. BINDER 1993), eine geschätzte Zahlenangabe, die aufgrund der bisherigen Erfahrungen in den Hilfeeinrichtungen im Westteil der Stadt und mangels anderslautendem offiziellen Datenmaterials über die Situation im Ostteil Berlins durchaus realistisch erscheint. Mit anderen Worten: Im Unterschied zur Senatsverwaltung geht das Diakonische Werk als einer der bedeutenden Träger sozialer Angebote für Wohnungslose in Berlin sehr wohl davon aus, daß es wohnungslose Personen gibt, die völlig ohne Unterkunft auf der Straße leben. Das Diakonische Werk beruft sich mit seiner Schätzung auf die Erfahrungen und Kenntnisse von Experten aus der Praxis der Einrichtungen und Angebote der Wohnungslosenhilfe.

Diese in den Zahlen sich andeutende Auseinandersetzung um das Ausmaß des Problems zwischen Diakonischem Werk als Wohlfahrtsunternehmen und Träger von Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung Wohnungsloser und der Senatsverwaltung als der zuständigen Behörde der Berliner Landesregierung spiegelt die unterschiedlichen gesellschaftlichen Interessenlagen im Umgang mit Wohnungslosigkeit wider. Aber offenbar hat der wachsende Problemdruck der letzten Jahre und vor allem die seit der Einheit nicht mehr zu leugnende deutliche Präsenz Wohnungsloser im Stadtbild dazu geführt, daß in der Frage nach dem quantitativen Ausmaß von Wohnungslosigkeit eine erste Annäherung zu verzeichnen ist: In der bereits zitierten "Mitteilung - zur Kenntnisnahme - über die Fortschritte in der Tätigkeit des Senats zur Wiedereingliederung von Obdachlosen und der Verhinderung drohender Obdachlosigkeit" (ABGEORDNETENHAUS 1993) wird im Sommer 1993 erstmalig in einem offiziellen Papier des Berliner Senats eingeräumt, daß es neben dem "untergebrachten Obdachlosen" noch eine Gruppe nicht erfaßter Wohnungsloser gibt, deren Anzahl durchaus erheblich sein könnte: "Der Kreis der statistisch nicht erfaßten Wohnungslosen (Dunkelziffer) wird derzeit auf noch einmal so viel wie die registrierte Obdachlosenzahl geschätzt. Eine differenziertere Analyse zu Umfang und Zusammensetzung der Obdachlosen sowie Schätzungen zur Zahl der Wohnungslosen werden im Rahmen des zu erstellenden Obdachlosenrahmenplans vorgenommen." (ABGEORDNETENHAUS 1993, S. 2). Indirekt bestätigt der Berliner Senat damit die Annahmen des Diakonischen Werks. Demnach muß von einer Gesamtzahl von mindestens 20.000 wohnungslosen Menschen in Berlin ausgegangen werden - bezogen auf den Zeitpunkt Sommer 1993. Nach den Zahlenentwicklungen der letzten Jahre ist in der Tendenz davon auszugehen, daß in der Zwischenzeit die Zahl der Wohnungslosen - sowohl die der offiziell registrierten Wohnungslosen als auch die geschätzte Gesamtzahl - weiter zugenommen hat.

Ein weiterer Anhaltspunkt für die Frage nach einer Gruppe wohnungsloser Personen, die völlig ohne Unterkunft auf der Straße leben, sind die Statistiken über die Nutzer der Berliner Zentralen Beratungsstelle für Wohnungslose in der Levetzowstraße. Beispielsweise wurde in einer stichprobenhaften Fragebogenaktion, die sich auf alle KlientInnen der Beratungsstelle innerhalb des Zeitraums vom 3. - 15. 12. 1990 bezieht, unter anderem auch die aktuelle Unterkunftssituation der Hilfenachfragenden ("KlientInnen") ermittelt:

Eine erste Vermutung würde dahin gehen, daß es sich bei diesen Gruppen vorrangig um sogenannte "Erstkontakte" handelt, also Wohnungslose, die, eben wohnungslos geworden, sich erstmalig an die Beratungsstelle wenden. Tatsächlich aber sind nur knapp ein Viertel (23,27%) aller in diesem Zeitraum erfaßten KlientInnen sogenannte "Erstkontakte". Mit anderen Worten, die Gruppe derer, die auf der Straße lebt und diejenigen, die nur kurzfristig im Asyl untergebracht sind, übersteigt mit einem prozentualen Anteil von zusammen 37,97% aller KlientInnen bei weitem die Zahl der "Erstkontakte". Daraus ergibt sich die Schlußfolgerung: Es gibt Wohnungslose, die trotz mehrfachen Kontakts zu Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe (Zentrale Beratungsstelle) weiterhin auf der Straße leben bzw. nur immer nur kurzfristig im Asyl untergebracht sind (3 Tage im Monat). Weitere 8,44% der erfaßten Wohnungslosen geben ihre Unterkunftssituation mit "häufig wechselnd" an. (BERATUNGSSTELLE 1991a).

Die Jahresberichte der Beratungsstelle schlüsseln die Unterkunftssituation der "KlientInnen" getrennt nach "Neuauftritten" und "Wiederauftritten" auf: Von den "Neuauftritten" des Jahres 1987 geben 16,3% als Unterkunft "Platte/ Straße" an, 1989 sind es bereits 20,4%. Im Jahr 1992 steigt der Anteil noch einmal auf 26,5%. Diese Angaben belegen die Annahme, daß die Mehrheit der "Neuauftritte" auf der Straße lebt bzw. im Asyl kurzfristig untergebracht ist. In den Jahren seit 1990 nimmt die Zahl der "Neuauftritte" in erheblichem Maße zu, was als deutlicher Hinweis auf allgemein steigende Wohnungslosenzahlen zu werten ist. Von allen KlientInnen des Jahres 1992 der Beratungsstelle sind 65,6% Erstkontakte (BERATUNGSSTELLE 1992). Auffällig aber ist, daß auch ein signifikant zunehmender Teil der "Wiederauftritte" weiterhin auf der Straße lebt bzw. nur kurzfristig im Asyl untergebracht ist. Der Anteil dieser Personen steigt von 19,4% im Jahr 1987 auf 32,0% im Jahr 1989 (BERATUNGSSTELLE 1988, 1989). Im Jahr 1992 beträgt der Anteil der dauerhaften KlientInnen der Beratungsstelle, die nicht bzw. nur kurzfristig und ungesichert im Asyl oder sonstigen Notunterkünften untergebracht ist, insgesamt 34,4% (BERATUNGSSTELLE 1992, eigene Berechnungen.). Und für das Jahr 1993 schlüsselt die Statistik der Beratungsstelle die Wohnsituation aller bis zum Stichtag des 23.11.1993 beratenen KlientInnen wie folgt auf:

 Unterkunftssituation

 in %

 Platte

 30,22

 Pension

  11,81

 Freunde

  13,48

 Notübernachtung

  21,16

 Wohnung

  9,84

 Obdachlosenheim

  5,71

 sonstiges

  7,78

(BERATUNGSSTELLE 1994)

Diese Zahlenangaben lassen allerdings keinen Rückschluß auf die Gesamtzahl der Wohnungslosen in Berlin zu. Sie plausibilisieren jedoch die Annahme, daß der Anteil der Wohnungslosen, die nicht offiziell von der Senatsverwaltung registriert und als "untergebracht" gelten, sondern in den Bereich der sogenannten "Dunkelziffer" fallen, durchaus erheblich ist. Auch anderen Quellen ist zu entnehmen, daß ein relativ großer Teil der Wohnungslosen auf der Straße lebt. So schreibt z.B. KRULL über die Wohnsituation der BesucherInnen der Wärmestube "Warmer Otto" in Berlin-Moabit: "Nur ein geringer Teil der Besucher verfügt über eine eigene Wohnung. (...) Die, die ohne eigene Wohnung sind, leben im Obdachlosenheimen, Pensionen, Notunterkünften oder auf der Straße, wobei der größte Teil der Besucher "Platte macht", d.h., auf der Straße lebt." (KRULL 1990, S. 105). Weiterhin gibt KRULL an: "Ich würde die Zahl der Plattengänger der Besucher im 'Warmen Otto' mit ein Drittel bis ein Halb schätzen." (KRULL 1990, S. 108). Eine solche Schätzung ist insofern ein wichtiger Hinweis auf das quantitative Ausmaß von Wohnungslosigkeit in Berlin, als daß der "Warmer Otto" ein niedrig- bzw. niedrigstschwelliges Angebot für Wohnungslose darstellt, eine Einrichtung, in der die Besucher die Anonymität ihrer Armut wahren können und nicht gezwungen sind oder befürchten müssen, "offiziell" registriert zu werden. Die Anzahl solcher Angebote in Berlin ist mittlerweile nicht mehr zu überschauen[2], gleichzeitig äußerten die in solchen Einrichtungen tätigen SozialarbeiterInnen oder ehrenamtlichen MitarbeiterInnen in Gesprächen, die ich mit ihnen anläßlich von Besuchen oder Tagungen führte, in der Tendenz eine ähnliche Einschätzung wie KRULL 1990.

Auch ein Vergleich mit der Situation im Bundesgebiet erbringt ähnliche Resultate. In einer Untersuchung in Niedersachsen kommt RUHSTRAT 1991 zu folgendem Ergebnis: "In den letzten beiden Jahren (1987 - 1989) hatten rd. zwei Drittel der erfaßten alleinstehenden Wohnungslosen (68,2%) eine längerfristige Unterbringungsmöglichkeit (ein Monat u. m.). Rund ein Drittel der befragten alleinstehenden Wohnungslosen (31,8%) gab an, daß sie in den letzten zwei Jahren keine längerfristige Unterbringungsmöglichkeit gehabt hatten und damit überwiegend im Freien übernachteten." (RUHSTRAT 1991, S. 81). Bezogen auf den Zeitpunkt der Untersuchung geben 28,3% der Befragten an, daß sie draußen schlafen, 7,8% geben an, daß sie bei Freunden übernachten. RUHSTRAT zählt beide Gruppen zu den Wohnungslosen, die "nicht untergebracht" sind. Weitere 28,4% sind nur kurzfristig untergebracht. Bemerkenswert ist, wie RUHSTRAT die Frage nach der Unterbringungssituation operationalisiert: Wohnungslose gelten erst dann als "nicht untergebracht", wenn sie in den letzten zwei Jahren keine längerfristige Unterbringungsmöglichkeit - ein Monat und mehr (!) - zur Verfügung hatten und "damit überwiegend im Freien" (RUHSTRAT 1991, S. 81) übernachteten. Damit gelten umgekehrt Wohnungslose schon dann als "untergebracht", wenn sie in den letzten zwei Jahren auch nur einmal länger als einen Monat - beispielsweise 6 Wochen lang - untergebracht waren.

Auch aus anderen Untersuchungen[3] geht hervor, daß ein Großteil der Wohnungslosen auf der Straße lebt bzw. immer nur kurzfristig untergebracht ist. Beispielsweise resümiert KULLMANN-SCHNEIDER für Nordrhein-Westfalen: "Wohnungslose sind auf Wohnersatz oder auf Übernachtungen in Abbruchhäusern, Biwaks etc. angewiesen. (...) Es zeigt sich, daß das Angebot an Wohnersatz durch das Hilfesystem nicht ausreichend ist. Selbst wenn man berücksichtigt, daß sich für einen Teil dieser Personen Phasen der Unterbringung und Phasen ohne Unterkunft ablösen, ist immer 1/3 der alleinstehenden Wohnungslosen nicht bzw. nur kurzfristig untergebracht." (KULLMANN-SCHNEIDER 1989, S. 46).

Bezogen auf die gesamte Bundesrepublik wird im Bericht der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe[4] aus dem Jahr 1991 ausgeführt: "In vielen Städten der Bundesrepublik hat sich nach Angaben der Beratungsstellen und Einrichtungen die Zahl der Menschen ohne jegliches Obdach allein von 1989 bis 1990 um mehr als 100 Prozent vergrößert. Mußte man Anfang der 80er Jahre von etwa 10 Prozent aller Betroffenen ausgehen, die ohne jegliches Obdach auf den Straßen lebten, so muß zu Ende 1990 dieser Anteil auf mindestens 20 bis 25 Prozent und die Gesamtzahl der Betroffenen in 1990 auf mindestens 130.000 Personen geschätzt werden." (BAG-WH 1991, S. 87). Und für das Jahr 1992 wird berichtet: "Die BAG Wohnungslosenhilfe geht davon aus, daß die Zahl der Obdachlosen ohne Wohnersatzunterkunft, also der Wohnungslosen, im Jahr 1992 auf 150.000 Personen gestiegen ist" (HOLTMANNSPÖTTER 1993, S. 14). Die Prognose für das Jahr 1994 fällt noch pessimistischer aus. Der Geschäftsführer der BAG-WH, Heinrich HOLTMANNSPÖTTER, geht davon aus, "... daß die für 1992 als Jahreszahl geschätzte Größe von 150.000 inzwischen erheblich nach oben korrigiert werden muß. Eine neue Schätzung soll im Laufe dieses Jahres erfolgen." (HOLTMANNSPÖTTER 1994, S. 3).

In einer ersten Bilanz kann somit festgehalten werden, daß ein großer Teil der Wohnungslosen nicht dauerhaft untergebracht ist, sondern im Gegenteil dauerhaft auf der Straße lebt. Dieser Teil ist durchaus erheblich - trotz Kontakt zu den Einrichtungen und Angeboten der Hilfe für Wohnungslose. Desweiteren ist davon auszugehen, daß es zwischen den beiden Extremformen einer dauerhaften Unterbringung und des dauerhaften Lebens auf der Straße zahlreiche Mischformen gibt, und daß demzufolge ein großer Teil der Wohnungslosen zumindest zeitweise auf der Straße lebt. Damit wird aber noch überhaupt nicht der Anteil der Wohnungslosen ohne jeglichen Kontakt zu den staatlichen Behörden und den Einrichtungen und Angeboten der Wohnungslosenhilfe erfaßt. Was ist mit dieser "Dunkelziffer"? Ist das nur ein marginales Phänomen ohne Aussagewert für die Mehrzahl der Wohnungslosen - oder ist das eher die Regel bei Menschen, die auf der Straße leben? Wie viele sind es überhaupt?

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© Text und Gestaltung: Stefan Schneider (zosch@zedat.fu-berlin.de)
Fotos: Karin Powser - Logo: Willly Drucker
Letzte Änderung: 08.12.97